04 - Winnetou IV
Euch das Vergnügen machen?“
„Ein großes, ein ganz unbändiges!“
„So tut es!“
„Ihr habt nichts dagegen?“
„Ganz und gar nichts. Schlagt zu, so viel und so kräftig Ihr wollt!“
„So rufe nun jetzt ich: Gott sei Dank! Das sollen Ohrfeigen sein, wie es nicht gleich wieder welche gibt! Nun kommt! Schnell, schnell!“
Er schritt voran, und ich folgte. Er führte mich durch das Gebüsch nach einer kleinen Blöße, die er aber nicht sofort betrat, sonder er blieb zwischen den beiden letzten Sträuchern stehen, deutete hindurch und sagte leise:
„Da schaut! Dort sitzen sie noch! Wie gefällt Euch das?“
Das Herzle saß mit dem Kiowa auf einem niedrigen Felsstück, welches einen sehr bequemen Sitz bildete. Sie hatte den rechten Arm um seine Schulter geschlungen und hielt mit der linken Hand seine beiden Hände fest. Er war etwas kürzer als sie. Sein Kopf lehnte zärtlich an ihrer Seite. Pappermann sah mich an, als ob er einen gewaltigen Zornesausbruch erwarte. Ich lächelte aber. Das regte ihn auf.
„Ihr lacht?“ fragte er, zwar leise, aber doch sehr eindringlich. „Ich frage Euch allen Ernstes, wie Ihr das findet?“
„Etwas intim, weiter nichts“, antwortete ich.
„Etwas intim –! Weiter nichts –!“ wiederholte er. „Nun, ich finde es weit mehr als nur intim von diesem Halunken; ich finde es verbrecherisch! Und da Ihr mir gestattet habt, ihm ein Dutzend Maulschellen herunter zu hauen, so werde ich ihn keinen Augenblick länger, als nötig ist, darauf warten lassen! Also paßt auf! Es geht los! Sofort – sofort!“
Er drang zwischen den beiden Büschen durch und eilte auf die Gruppe zu. Ich folgte ihm mit derselben Schnelligkeit. Die beiden vermeintlichen Inkulpaten standen auf, sobald sie uns erblickten. Pappermann schien sein Rächeramt ausüben zu wollen, ohne dabei ein einziges Wort zu sagen. Er packte den Kiowa mit der Linken bei der Brust und holte mit der Rechten aus um zuzuschlagen. Da griff ich rasch zu, hielt ihm diese Rechte fest und sagte:
„Halt, lieber Freund! Lassen wir ja keine der Vorschriften außer acht, die einem jeden Gentleman für solche Fälle gegeben sind!“
„Welche Vorschriften?“ fragte er, indem er sich bemühte, mir seinen Arm zu entziehen.
„Wenn zwei Gentleman die Absicht haben, sich zu beohrfeigen, so sind sie unbedingt verpflichtet, vorher sich einander vorzustellen!“
„Was heißt das, sich einander vorzustellen?“
„Einander zu sagen, wer und was sie sind.“
„Das ist hier unnötig, denn wir kennen uns ja schon. Dieser rote Halunke, den Ihr einen Gentleman nennt, weiß, daß ich Maksch Pappermann bin, und ich weiß, daß er kein Gentleman, sondern eben ein roter Schurke ist. Darum kann ich –.“
„Aber seinen Namen habt Ihr noch nicht beachtet. Dieser Gentleman ist nämlich eigentlich eine Lady und wird, solange ich es weiß, Kakho-Oto genannt. So! Nun schlagt zu!“
Ich gab ihm seinen Arm frei. Aber er bewegte ihn nicht. Er schaute mir wortlos in das Gesicht, als ob er verstummt sei.
„ Ka-kho-o-to ?“ fragte er endlich wie geistesabwesend.
„Ja“, nickte ich.
„Kein – Gentleman – sondern eine Lady!“
„Ganz so, wie ich sagte!“
„Also wohl gar die Tochter von ‚Eine Feder‘, die Euch damals das Leben gerettet hat?“
„Ja, dieselbe!“
Da holte er tief, tief Atem, machte ein äußerst verzweifeltes Gesicht und rief aus:
„Alle guten Geister! Das kann nur mir passieren, mir, der ich Maksch Pappermann heiße! O dieser unglückselige Name, dieser unglückselige Name! Wo hat sich jemals, wenn irgendeiner einen anderen ohrfeigen wollte, herausgestellt, daß dieser andere eine Lady ist! Und nun ich so selig war, einmal so aus ganzem Herzen zuhauen zu können, muß das mir, grad mir passieren! Ich bin blamiert für alle Zeit! Sogar für alle Ewigkeit! Ich trete ab! Ich werde unsichtbar! Ich verschwinde!“
Er drehte sich um und rannte fort. Doch, an den Büschen angekommen, blieb er für einen Augenblick stehen und rief zurück:
„Aber, Mr. Burton, ein Freundschaftsstreich war das ganz und gar nicht von Euch!“
„Wieso?“ fragte ich.
„Ihr hättet mir diese Blamage sehr wohl ersparen können! Brauchtet mir nur zu sagen, daß diese Lady kein Mann, sondern ein Frauenzimmer ist!“
„Euch dieses Geheimnis zu verraten, dazu war ich nicht befugt. Ich hatte Euch nicht verschwiegen, daß der Kiowa Vertrauen verdient. Das war genug. Warum habt Ihr mir nicht geglaubt?“
„Weil ich ein Esel
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