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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bin! Ein kompletter Esel! Mit allem möglichen, was zu einem wirklichen Esel gehört! Ich Schaf!“
    Nun Verschwand er. Kakho-Oto stand mit gesenkten Augen vor mir. Ihre Wangen waren vor Verlegenheit tief gerötet. Ich zog sie an mich, küßte sie auf die Stirn und sagte in ihrer Muttersprache:
    „Ich danke Dir! Ich habe dein gedacht, bis ich dich wiedersah. Willst du uns Schwester sein? Uns beiden?“
    „Wie gern! Dir und ihr!“ antwortete sie. Dann eilte sie in tiefer Bewegung fort.
    Das Herzle fragte mich zunächst, warum Pappermann ausgeholt habe, um zuzuschlagen. Einige Worte genügten, sie hierüber zu verständigen. Sie lachte herzlich. Dann bedankte sie sich bei mir dafür, daß ich ihr nicht mitgeteilt hatte, wer der Kiowa eigentlich sei. Hätte ich das getan, so wäre ihr die köstliche Überraschung des heutigen Morgens verloren gewesen. Dann kehrten wir zum Zelt zurück, wo ich ein kleines Feuer machte, an dem sie den Kaffee bereitete. Zu diesem stellten sich Pappermann und Kakho-Oto ein. Beide bemühten sich, möglichst gleichgültig zu erscheinen. Aber dem alten, braven Westmann ging der Pudel, den er geschossen hatte, doch zu nahe. Er betrachtete die Indianerin immerwährend von der Seite her. Als ‚Frauenzimmer‘ schien sie ihm ausnehmend zu gefallen. Plötzlich griff er nach ihrer Hand, zog sie an seine Lippen und knurrte reumütig:
    „Und so etwas habe ich beohrfeigen wollen! Bin ich da nicht selbst Maulschellen wert?“
    Damit war die Sache zwischen beiden abgemacht; sie wurden die besten Freunde.
    Nach dem Frühstück wurde das Zelt abgebrochen. Wir sattelten die Stangen desselben lang, anstatt quer, weil Kakho-Oto sagte, daß der Weg nach dem ‚Haus des Todes‘ ein sehr schmaler sei. Er führte zuweilen so steil bergab, daß wir bald nicht mehr reiten konnten, sondern absteigen mußten. Wir folgten einem schmalen, aber sehr reißenden Bach, welcher eine tiefe Schlucht gegraben hatte, die in zahlreichen Windungen zur Tiefe ging. Eine Aussicht gab es da nicht. So waren wir weit über eine halbe Stunde lang abwärts geklettert, da sahen wir plötzlich eine hohe, fast vollständig nackte Schutthalde vor uns liegen, die aber nicht aus gewöhnlichem, kleinem Schutt, sondern aus großen Felsstücken bestand, welche den Anschein hatten, als ob vor vielen Jahrhunderten hier ein gewaltiger Bergsturz stattgefunden habe.
    „Wir sind beim ‚Haus des Todes‘ angekommen“, sagte Kakho-Oto, indem sie auf diese Felsentrümmer deutete.
    „Das ist es?“ fragte ich. „So sind die Felsen hohl?“
    „Ja. Sie sind nicht von oben herabgefallen, sondern künstlich aufgebaut. Kommt!“
    Sie führte uns um eine Ecke der Felsenstätte, und da standen wir vor einem massiven, mehr, breiten als hohen Tor, welches keine bogenförmige, sondern eine gerade Schließung hatte. Die beiden Seitensteine hatten eine Breite von über zwei Metern. Sie zeigten gut erhaltene Relieffiguren von Häuptlingen, welche im Begriff standen, durch das Tor in das Innere des Tempels zu treten. Die Häuptlinge waren charakterisiert durch ein, zwei oder drei Adlerfedern, die sie im Kopfhaar trugen. Auch der Oberstein war mehrere Meter hoch. Er zeigte die Figur eines Beratungsaltars, auf welchem Häuptlinge ihre ‚Medizinen‘ opferten.
    „Aber das ist ja gar kein ‚Haus des Todes‘, gar keine Begräbnisstätte“, sagte ich, „sondern ein Beratungstempel, in dessen Altar die Medizinen aufbewahrt werden, bis das, was man beraten hat, ausgeführt worden ist!“
    Kakho-Oto lächelte.
    „Das weiß ich wohl“, sagte sie, „aber wir dürfen das dem gewöhnlichen Volk nicht sagen, sonst würde die Stätte nicht so heilig gehalten, wie die Häuptlinge es wünschen. Übrigens gibt es so viele Leichen hier, daß der Ausdruck ‚Haus des Todes‘ gar wohl auch berechtigt ist. Gehen wir also gleich hinein?“
    „Wie weit ist es von hier bis zum See?“
    „Bis zum Wasser nur zweihundert Schritte.“
    „So müssen wir vorsichtig sein. Es kommen nicht nur einheimische, sondern auch fremde Indianer her, welche das Verbot, diesen Ort hier zu betreten, wohl kaum beachten werden. Wir müssen also vor allen Dingen unsere Pferde verbergen und uns Mühe geben, keine Spuren zu verursachen. Erst wenn das geschehen ist, betreten wir den Tempel. Suchen wir also nach einer Stelle, die sich zum Versteck für uns und die Pferde eignet!“
    „Die ist bereits gefunden“, sagte Kakho-Oto. „Ich habe gesucht, noch ehe ich den See verließ, um euch

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