04 - Winnetou IV
Welt lacht über ihn!“
„Heißt wie Ihr wollt, doch redet von der Leber weg!“
„Well! So sei es gewagt! Also, ich führe Euch nach der Devils pulpit, wenn Ihr mir erlaubt, dann noch weiter mit Euch zu reiten!“
Da fiel das Herzle schnell ein:
„Er erlaubt es – er erlaubt es!“
„Oho, oho!“ warf ich in strengem, widerstrebendem Ton ein.
„Oho, oho!“ lachte sie. „Laßt Euch ja nicht abschrecken, Mr. Pappermann! Er hat Euch gern, sehr gern, und ich auch. Und er hat drei Pferde und drei Maultiere, also mehr, als wir brauchen. Und vor allen Dingen, wenn er Euch nicht mitnehmen will, so muß er allein reiten, denn ich bleibe hier sitzen und weiche und wanke nicht von Eurer Seite!“
Da wurden die Augen des alten, guten Menschen feucht. Er reichte ihr seine Hand hinüber und sagte:
„ Gott segne Euch , Mrs. Burton! Wie dankbar bin ich Euch! Er muß mich nun schon deshalb mitnehmen, weil ich mich verpflichtet fühle, für Euch durch jedes Wasser und jedes Feuer zu gehen!“
„Aber Euer Hotel hier – Euer Hotel?“ fragte ich.
„Geht mich nichts mehr an! Habe weder etwas darunterliegen, noch etwas daraufstehen. Bin ärmer als eine Kirchenmaus. Und nun so alt, so alt! Ja wenn ich anders hieße! Nicht Pappermann! Das ist ja der Grund, der einzige Grund, daß ich stets nur durch Pech und Elend waten mußte! Nehmt mich mit, bitte ich, nehmt mich mit! Noch bin ich nicht ganz unbrauchbar geworden, und meine letzte Kraft und mein letztes bißchen Leben soll Euch gehören, Mr. Shatterhand – – –“
Er hatte sich von seinem Herzenswunsch fortreißen lassen; er war zu weit gegangen; er hielt erschrocken inne. Da ging ein liebes, sonniges und dabei doch gerührtes Lächeln über das Gesicht des jungen Indianers, und er sagte:
„Nicht erschrecken, nicht erschrecken! Es ist kein Verrat. Ich wußte es. Und ich hätte es nicht verschwiegen, daß der Bruder unseres großen Winnetou und der beste Freund meines Volkes von mir erkannt worden ist. Ich war verpflichtet, ihm das zu sagen.“
Da schlug das Herzle die Hände hoch zusammen und rief aus:
„So wird es ja, wie ich wünsche! Sie dürfen beide mit, beide?“
„Ja“, antwortete ich. „Der ‚Junge Adler‘ wird den dritten Fliegenschimmel reiten. Unser Pappermann bekommt die drei Maultiere mit dem Zelt. Er wird unser Majordomus. Er führt die Aufsicht über die Hauswirtschaft und natürlich auch über die Frau!“
Wie glücklich der alte Westmann war! Er erging sich in allen möglichen Ausdrücken der Dankbarkeit. Der Indianer aber war still, ganz still, um so tiefer aber grub sich das Glück in sein Inneres ein.
Nach dem Essen sorgten wir zunächst dafür, daß das Zelt wieder abgebrochen, zusammengeschnallt und mit allen dazugehörenden Utensilien von dem freien Platz herein in das Haus geschafft wurde; da war es mir sicherer als draußen. Während dies geschah, zeigte Pappermann hinaus nach dem erwähnten Platz und sagte:
„Schaut da hinaus! Was kommt dort gelaufen?“
„Das Maultier, das vierte Maultier!“ antwortete meine Frau.
„Ja! Es ist den Spitzbuben entkommen! Es ist obstinat geworden! Es hat sich losgerissen! Es wollte zu seinen Kameraden zurück! Ich hole es herein, sogleich – sogleich!“
Hierdurch gewannen wir eine Kraft zum Tragen des Gepäcks mehr, und die Zahl der Tiere, welche man Old Surehand gestohlen hatte, war nun wieder voll.
Später ging ich noch einmal in die Stadt, um für den ‚Jungen Adler‘ ein Gewehr und einen Revolver zu kaufen; sein Messer hatte er noch. Dann diktierte ich dem guten Pappermann einen Brief, den ich nicht gern selbst schreiben wollte. Er war an Hariman F. Enters gerichtet und lautete:
„Habe Wort gehalten und mich hier eingestellt. Lernte hier Eure Freunde Corner und Howe kennen. Bin darum weit eher fort, als ich eigentlich wollte. Trotzdem bleibt, was ich versprach. Wenn Ihr ehrlich seid, werde ich wieder zu Euch stoßen und Euch nach den beiden Orten führen, die Ihr sehen wollt. Aber nur eben dann, wenn Ihr ehrlich seid!
Burton.“
Es war keine Kleinigkeit für Pappermann, diesen Brief zu schreiben. Er schwitzte dabei wie ein Holzhacker. Gegen drei Stunden dauerte es, ehe er fertig war, denn er mußte wegen Fehlern, Fettflecken und Klecksen, die er machte, so oft wieder neu anfangen, daß er schließlich wütend ausrief:
„Es ist eine Plage! Und ist das eine Qual! Einmal und nie wieder! Lieber sterben und verderben, als weißes Papier mit Tinte so schwarz machen zu
Weitere Kostenlose Bücher