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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wasser mehr hatte. Sie enthielten Abbildungen der Insel. Auf der ersten Tafel sahen wir eine männliche Figur, welche hinaufsteigen wollte. Auf der zweiten erschien oben ein schreckliches Ungetüm, welches diesen Kühnen verschlang, noch ehe er hinaufgelangt war. Also eine Warnung, die Insel zu betreten! Warum das? Es schien hier also doch etwas vorhanden gewesen zu sein, was niemand wissen durfte! Wir kletterten hinauf.
    Oben angekommen, sahen wir, vom Gebüsch vollständig überwuchert, ein kleines, niedriges Gebäude, ungefähr einer Feldwächterhütte ähnlich, aber aus Steinplatten bestehend, sowohl die Wände als auch das Dach. Gleich daneben hatte sich der Bär sein Lager hergerichtet gehabt. Drinnen hätte er es wohl bequemer gehabt, aber er hatte nicht hineingekonnt, denn die Tür war zu. Sie ging in einer steinernen Standangel, die in den Platten selbst angebracht war. Wir öffneten. Die Hütte war leer, vollständig leer. Es konnten vier Personen da sitzen, mehr aber nicht. Für wen war dieses Häuschen bestimmt gewesen? Etwa für den Lauscher? Er saß hier versteckt und ungesehen. Auf der anderen Insel aber gab es weder ein solches Häuschen, noch verbergende Büsche. Er konnte also alles sehen; die aber, die er beobachtete, sahen ihn nicht.
    Eine weitere Entdeckung war auch hier oben nicht zu machen, und zwar aus dem sehr triftigen Grund, weil es überhaupt weiter nichts gab. Wenn das Geheimnis, nach dem ich suchte, wirklich vorhanden war, so fußte es gewiß nicht auf scharfsinnigen, raffinierten Komplikationen, sondern auf der außerordentlich schlichten Anwendung eines höchst einfachen Naturgesetzes. Ich war im höchsten Grad gespannt, hielt aber meine Gedanken jetzt noch geheim. Doch zögerte ich nicht, die entscheidende Probe zu machen. Ich bat meine Frau, mit dem ‚Jungen Adler‘ nach der anderen Insel zurückzukehren und sich dort auf den großen Stuhl der Häuptlinge zu setzen.
    „Wozu?“ fragte sie.
    „Es gibt eine Überraschung, welche ich dir bereiten möchte.“
    „Eine gute?“
    „Ja, eine gute. Wenn es gelingt, wirst du dich freuen! Oder willst du dich lieber schlimm überraschen lassen? Das kann ich auch!“
    „Nein! Lieber gut! Aber, muß es denn sein?“
    „Ja! Ganz unbedingt!“
    „Du bist seit einiger Zeit so außerordentlich geheimnisvoll! Hoffentlich ist das nur vorübergehend! Ich werde gehorchen.“
    Sie entfernte sich mit dem Apatschen. Ich trat an den Rand der Insel und schaute ihnen nach. Ich sah sie beide über den Platz gehen, indem sie miteinander sprachen, bis an die ‚Kanzel des Teufels‘. Sie stiegen hinauf. Ich muß sagen, daß ich mich in großer, sehr großer Spannung befand. Ich lauschte.
    Da erklang, nicht vor mir, also von da her, wohin ich schaute, sondern hinter mir die muntere Stimme meiner Frau:
    „Er ruht nicht eher! Er wird es durchsetzen, hinter diese ‚Ohr- und Kanzel‘-Sache zu kommen! Ich kenne ihn!“
    Sie standen jetzt beide oben auf der Insel. Ich hatte das, was meine Frau sagte, erst von dem Augenblick an gehört, an dem sie auf der Höhe der Kanzel erschienen waren. Ich sah sie stehen, aber nicht deutlich. Die Gesichter konnte ich nicht erkennen; dazu war die Entfernung zu groß. Auch die Arm- und Handbewegungen waren für mich unsichtbar. Es trat nach dem letzten Wort eine Pause ein; dann hörte ich das Herzle wieder:
    „Nein; ich habe keine Ahnung. Er hat ja noch keine Zeit gehabt, es mir zu sagen oder gar zu erklären.“
    Aus diesen Worten war zu schließen, daß der Apatsche auch etwas gesagt hatte, was meinem Ohr aber entgangen war. Wahrscheinlich stand ich falsch, nämlich so, daß mich die von seinem Munde ausgehenden Schallwellen nicht treffen konnten. Meine Frau war am Rand ihrer Insel stehengeblieben. So stand auch ich. Der ‚Junge Adler‘ aber stand mehrere Schritte von ihr entfernt in der Mitte. Darum verließ auch ich den Rand und ging nach der Mitte zu. Die lag hier bei mir allerdings grad da, wo das Häuschen stand, also tief im Gesträuch, und es fragte sich also, ob dieses Gebüsch die Schallwellen nicht auffangen und unhörbar machen werde. Das geschah aber nicht. Denn kaum hatte ich das Häuschen erreicht, so hörte ich meine Frau viel deutlicher als vorher:
    „Leider habe ich noch keinen gebraten. Ich muß mich da also ganz auf Euch verlassen. Sind die Tatzen wirklich das beste? So delikat?“
    Ganz ebenso deutlich hörte ich hierauf den jungen Apatschen antworten:
    „Ohne alle Zweifel! Es gibt überhaupt

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