Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nichts Delikateres!“
    „Und müssen sie wirklich vorher solange liegen, bis sie Würmer bekommen?“
    „Eigentlich ja.“
    „Pfui!“
    „Warum pfui? Man entfernt die Würmer. Man ißt sie doch nicht mit!“
    „Aber sie waren doch da! Das ekelt!“
    „So wartet man nicht so lange!“
    Da machte ich mir den Spaß, mit lauter Stimme dazwischen zu rufen:
    „Auf keinen Fall! Man hat unbedingt zu warten, bis die Würmer da sind! Dann werden die Tatzen gebraten; die Würmer aber verfüttert man an die Rotkehlchen und Nachtigallen!“
    Gleich sofort hörte ich das Herzle lachend sagen:
    „Das ist mein Mann, der Schalk! Er ist uns nachgeschlichen. Wo steckt er denn?“
    Ich vermutete, daß sie sich nach mir umschaute. Sehen konnte ich sie nicht mehr. Darum rief ich:
    „Hier bin ich – hier!“
    „Wo denn?“ fragte sie.
    „Hier oben! Bei Maksch Pappermann!“
    „Scherz! Sag es ernst!“
    „Nun gut: Ich sitze da auf dem nächsten Baum!“
    „Nichts als Alloria! Nimm doch Verstand an und sprich vernünftig!“
    „Ganz wie du willst! Der ‚Junge Adler‘ mag in seine linke Westentasche greifen. Da stecke ich!“
    „Uff, uff!“ rief der Genannte. „Jetzt weiß ich es, jetzt, jetzt!“
    „Was?“ fragte sie.
    „Er ist gar nicht da, gar nicht hier! Seine Stimme klingt bald von oben, bald von unten, bald von rechts und bald von links. Er steht noch da, wo wir ihn verlassen haben; aber er hat die Fähigkeit entdeckt, uns seine Stimme bis hierher zuzusenden!“
    „Sollte das wirklich sein?“
    „Gewiß!“
    „Dann wäre das wohl die Überraschung, von welcher er sprach?“
    „Sehr wahrscheinlich. Ihr sagtet, daß er nicht eher ruhen werde, als bis er hinter diese ‚Ohr- und Kanzel‘-Sache gekommen sei. Nun kann er ruhen. Er hat es schon entdeckt!“
    Da sprach ich hinein:
    „Er hat Recht. Ich ruhe!“
    „Wo?“ fragte sie.
    „Hier auf meiner Insel. Ich stehe vor dem Häuschen.“
    „Wirklich? Oder foppst du noch immer?“
    „Nein. Jetzt bin ich ernst. Ich habe Bildung angenommen. Ich stehe wirklich hier am Inselhäuschen und höre euch ebensogut, wie ihr mich hört. Das ahnte ich. Ich werde euch den Sachverhalt erklären. Ich schickte euch nach der anderen Insel, um eine Probe auf meine Vermutung zu machen. Sie ist gelungen. Sie stellt mich außerordentlich zufrieden, wirklich außerordentlich!“
    „Wenn das so ist, wie du sagst, so gleicht es fast einem Wunder!“ rief sie aus.
    „Und ist doch ganz und gar kein Wunder, sondern nur die kluge, sorgfältige Anwendung eines einfachen Naturgesetzes.“
    „Da können wir doch von da aus, wo du jetzt bist, die Verhandlungen der Indianer belauschen!“
    „Ja! Vom Anfang bis zum Ende! In aller Gemächlichkeit und Sicherheit! Denke dir!“
    „Hörst du mich denn wirklich ganz deutlich?“
    „Genauso, als ob du hier bei mir stündest!“
    „Ich dich ebenso!“
    „Schön! Aber machen wir trotzdem einmal eine Probe auf die Stärke oder Schwäche des Tones und auf den Punkt, auf dem man stehen muß, um ja kein Wort zu verfehlen!“
    Auch diese Probe gelang sehr gut. Nur was geflüstert wurde, war nicht zu verstehen; es klang wie ein Hauch, der keine Worte hat. Und wenn man laut rief, so rollte es fast wie Donner. Man konnte fast darüber erschrecken. Dabei ging die Deutlichkeit um einen Teil verloren, doch nur um einen sehr geringen. Aber alles, was zwischen diesem Flüstern und diesem Donnern lag, klang genauso, als ob man sich nicht an zwei so entfernten Punkten, sondern an einem und demselben Ort befände.
    Schließlich machte das vorsichtige und stets sichergehende Herzle den Vorschlag, unsere beiden Positionen einmal zu vertauschen.
    „Du kommst hierher nach meiner Insel, und ich komme nach der deinen“, sagte sie. „Unterwegs treffen wir einander. Du aber legst irgend etwas, was ich dir jetzt sage, in das Häuschen hinein, damit ich mich überzeuge, daß du dich jetzt wirklich dort befindest.“
    „So glaubst du jetzt immer noch, ich scherze?“
    „Nein, denn hier bei uns bist du nicht, auch nicht in unserer Nähe. Wir würden dich sehen. Aber ich verstehe von Eurer Akustik und Euren Naturgesetzen so wenig, daß ich nur meinen Augen trauen kann, nicht aber der Wissenschaft oder gar deinem Schalk im Nacken!“
    „So sag, was soll ich herlegen? Meine Uhr, mein Messer?“
    „Nein, sondern etwas Poetisches!“
    „Nun, was?“
    „Einen Liebesbrief!“
    „Oho! An wen?“
    „An mich natürlich. Es ist ja keine andere da. Nimm also ein Blatt

Weitere Kostenlose Bücher