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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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es und würde es nur dann verletzen oder gar zerreißen, wenn ich Grund hätte, es für bös, also für schädlich zu halten.“
    Wie dieser junge Indianer sprach! Wäre er mir nicht schon so sehr sympathisch gewesen, so wäre er es mir nun jetzt geworden. Jetzt fragte Pappermann, der sich bisher still verhalten hatte:
    „Ich höre, Ihr wollt da hinunter?“
    „Natürlich! Die Devils pulpit ist doch unser Ziel!“ antwortete ich.
    „Wann?“
    „Sofort!“
    „So müssen wir satteln.“
    „Ist nicht nötig. Wir laufen.“
    „Oho!“ rief er verwundert aus. „Glaubt Ihr, daß Maksch Pappermann läuft, wenn er ein Pferd oder ein Maultier am Zügel hat?“
    „Das glaube ich freilich nicht. Aber es hat Euch auch niemand zugemutet, zu laufen. Ihr bleibt nämlich hier.“
    „Ich –? Bleibe –? Hier –?“ fragte er erstaunt.
    „Ja.“
    „Bin ich etwa nicht wert, mitgenommen zu werden?“
    „Redet keinen Unsinn! Ich brauche Euch hier oben notwendiger als da unten. Wir wissen, daß die Feinde kommen. Ja, wir wurden extra gewarnt. Aber leider wissen wir keine bestimmte Zeit. Jeder Augenblick kann sie uns bringen. Sie können sich grad dann einstellen, wenn wir da unten sind und sie nicht kommen sehen. Gerad darum beabsichtige ich ja, zu laufen, nicht zu reiten. Pferde machen deutlichere Spuren als Menschen. Und es könnte sich ereignen, daß wir wohl ganz glücklich entkommen könnten, uns aber, um dann auch sie zu retten, bloßstellen und in Gefahr begeben müßten –“
    „Ah! Errate, errate!“ unterbrach er mich.
    „Nun, was erratet Ihr!“
    „Daß ich hier oben bleiben soll, um Wache zu halten, um aufzupassen?“
    „Allerdings!“
    „So ist das etwas anderes! Ich tue es gern und bitte, mich zu unterweisen.“
    „Das ist sehr schnell geschehen. Wir wissen, daß die Sioux und die Utahs kommen werden. Die ersteren sind von Norden, die letzteren von Westen zu erwarten. Für beide Fälle liegt der Talkessel so, daß sie nicht von der Seite kommen können, von der wir gestern kamen, sondern von der entgegengesetzten. Und diese Seite liegt hier so deutlich und so ausführlich vor Euren Augen, daß Ihr die Roten schon lange, ehe sie kommen, bestimmt entdecken müßt. Da gebt Ihr uns ein Zeichen.“
    „Was für eins?“
    „Einen langen, scharfen Pfiff.“
    „Etwa so?“
    Er steckte den gekrümmten Zeigefinger in den Mund und ließ eine Probe hören.
    „Ja, das genügt.“
    „Schön! Aber wie steht es mit dem Weg hinunter zur Kanzel? Ihr seid noch nicht unten gewesen.“
    „Ist auch nicht nötig. Der ‚Junge Adler‘ kennt ihn ja. Und selbst wenn dies nicht der Fall wäre, glaubt Ihr doch nicht etwa, daß ich mich verlaufen würde, nachdem ich die Devils pulpit von hier aus so deutlich vor mir liegen sah. Kommt!“
    Wir stiegen wieder zum Lager hinab; nur Pappermann allein blieb oben. Ich nahm den zerlegten Henrystutzen aus dem Koffer und schraubte ihn zusammen.
    „Willst du schießen?“ fragte das Herzle.
    „Ängstige dich nicht. Ich denke nur an Wild“, beruhigte ich sie.
    „Der ‚Junge Adler‘ wird sein Gewehr auch mitnehmen.“
    Sie winkte verstohlen nach ihm hin. Mein Blick folgte dieser Richtung ebenso verstohlen. Ich sah, was sie meinte. Es war rührend, mit welch einer andächtigen Spannung er den Stutzen betrachtete und jeden Griff beobachtete, den ich tat, indem ich ihn lud.
    „Uff!“ sagte er. „Das ist er! Das also ist er! Wie oft hörte ich von ihm sprechen! Darf ich ihn einmal berühren?“
    „Hier ist er!“
    Er nahm ihn in die Hand, doch ohne sich zu erlauben, ihn untersuchen zu wollen. Dann drückte er ihn wie in einer plötzlichen Anwallung an sich und sagte:
    „Wie oft wurde Winnetou durch ihn gerettet, wie oft! Ein einziges, ein einziges Gewehr!“
    Bei diesen Worten gab er mir den Stutzen zurück. Ich nahm ihn und antwortete:
    „So einzig, wie Ihr denkt, ist er längst nicht mehr. Ja, man hat mich ausgelacht, wenn ich von fünfundzwanzig Schüssen sprach. Es hat sogar kluge, sehr kluge Menschen gegeben, welche mich dieses Gewehres wegen einen Lügner und Schwindler nannten, obgleich sie von Handfeuerwaffen und vom Schießen so wenig verstanden, daß es mich geradezu erbarmte. Nun aber ist es schon lange her, daß ich nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar übertroffen worden bin. In Italien erfand Major Cei-Rigotti ein fünfundzwanzigschüssiges Armeegewehr, und dem englischen Kriegsminister wurde sogar ein achtundzwanzigschüssiges, welches 3.100 Meter weit

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