04 - Wohin die Zeit uns treibt
amüsierte ihn. Er trug einen fleischfarbenen Slip, der dem Schamgefühl oder der Einbildungskraft wenig Raum ließ. Ohne erkennbares Zeichen von Befangenheit stand Terence auf und schenkte Gillian ein langsames, etwas schiefes Lächeln. Es gefiel ihm, dass sie den Blick nicht abwandte. Was sich auch in ihrem Kopf abspielte, sie stand, wo sie war, und betrachtete ihn kühl.
Ihr Hals war trocken wie Staub geworden, und doch gelang ihr beiläufig eine anzügliche Bemerkung. „Sie könnten eine Dusche gebrauchen."
„Warum bestellen Sie uns nicht Frühstück, während ich mich an Ihren Rat halte?" Er ging zum Bad.
„Mr. O'Hara ..."
„Warum nicht Terence, Sweetheart?" Er blickte über die Schulter und lächelte wieder. „Immerhin haben wir gerade miteinander geschlafen."
Das Wasser lief im Bad, bevor es ihr gelang, die Luft wieder auszustoßen, die in ihren Lungen gefangen war.
Er hat das absichtlich gemacht, natürlich, sagte sie sich und setzte sich auf den Bettrand. Typisch für Männer von diesem Schlag, sich so stolzierend zur Schau zu stellen. Der Pfau hatte sein buntes Gefieder, der Löwe seine Mähne. Männer stolzierten wie die Gockel herum, um die Frauen zu
beeindrucken. Aber wer hätte auch erraten können, dass der Mann so gebaut war?
Mit einem Kopfschütteln nahm Gillian den Telefonhörer ab. Es war ihr egal, wie er gebaut war, solange er ihr half.
Er hätte es vorgezogen, wenn sie nicht so zerbrechlich und verletzbar ausgesehen hätte.
Terence duschte kalt, um den nur dreistündigen Schlaf auszugleichen. Sein Problem. Er seifte sich das Gesicht ein und rasierte sich unter der Dusche ohne Spiegel nach dem Gefühl. Der Nummer
„Mädchen in Not" hatte er noch nie widerstehen können. Sie hätte ihn in Santo Domingo fast umgebracht und in Stockholm in den Hafen der Ehe.
Er war sich nicht sicher, was schlimmer gewesen wäre.
Es half auch dem Teufel nicht, dass die hier schön war. Schöne Frauen hatten einen Vorteil, egal was die moderne Philosophie über Intellekt sagte. Er konnte einen Verstand bewundern, aber er zog ihn gut verpackt vor.
Und dieses reizende Wesen brachte ihn wieder mitten in das Wespennest Hammer hinein, wo er doch nichts anderes wollte als ein paar alte Ruinen besichtigen und im Meer Schnorcheln.
Hammer. Warum zum Teufel musste es Hammer sein? Er hatte geglaubt, er sei fertig mit dieser gewalttätigen Gruppe von Aussteigern. Es hatte ihn mehr als sechs Monate gekostet, die untersten Kommandoeinheiten der Gruppe zu infiltrieren.
Und dann war es außerhalb von Kairo geschehen.
Der Mann, dem er zugeteilt war, hatte einige Waffengeschäfte in die eigene Tasche gemacht. Und dann hatte der frischgebackene Kleinunternehmer plötzlich in Panik Terence ein Loch in die Brust geblasen und ließ den vermeintlichen Toten liegen.
Das Risiko, von Terence verraten zu werden, war ihm zu groß gewesen. Es war allgemein bekannt, dass der Mann, der die Macht und das Geld der Organisation besaß, privatem Unternehmergeist nicht gerade freundlich gesinnt war.
Wegen nichts, dachte Terence angewidert. Die Monate der Arbeit, die sorgfältige Planung, umsonst, weil ein halb verrückter Ägypter einen in Angstschweiß gebadeten Abzugsfinger hatte.
Terence war dem Tod so nahe gewesen, dass er nur noch den Wunsch hatte, sein Leben zu genießen. Sich zu betrinken, eine Frau im Arm zu halten, im weißen Sand zu liegen und in den blauen Himmel zu blicken.
Dann war sie gekommen.
Wissenschaftler. Er fuhr sich übers Kinn, fand es weich genug und ließ sich das Wasser auf den Kopf prasseln. Seit Dr. Frankenstein
brachten Wissenschaftler nur die Ordnung der Dinge durcheinander. Warum konnten sie nicht an einem Allheilmittel für die zwischenmenschliche Kälte arbeiten und die Zerstörung der Welt dem Militär überlassen?
Er drehte den Hahn zu und griff nach zwei riesigen Handtüchern. Zwei Anrufe gestern Abend hatten ihm genügend Informationen über Gillian Fitzpatrick geliefert. Hinsichtlich der Schweizer Schule hatte er sich allerdings geirrt. Es waren irische Nonnen gewesen, die ihr die Körperhaltung beigebracht hatten. Nach ihrer Ausbildung hatte sie für ihren Vater gearbeitet und dann eine Stellung am hochgeachteten Random-Frye-Institut in New York angenommen.
Sie war Single, obwohl es eine Verbindung zwischen ihr und einem Dr. Arthur Steward gab, dem Kopf der Forschungs- und Ent-wicklungsabteilung des Instituts. Vor drei Monaten hatte sie sechs Wochen in Irland verbracht, auf der Farm
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