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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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würdigte sie immer noch keines Blickes. Ihr blieb keine andere Wahl.
    Charles führte sie aus dem dunklen Gewölbegang ins Freie, wo ihr trotz des wolkenverhangenen Himmels das Tageslicht grell in die Augen stach. Elinor schwankte, bis ihre Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. Erst jetzt spürte sie den Schmerz im Knöchel, den sie sich auf ihrer Flucht verstaucht hatte, ohne es zu bemerken. Charles legte den Arm stützend um sie, führte sie zu einem umgestürzten Mauerstück und zwang sie sanft, sich zu setzen.
    „Was ist, wenn er ihn tötet?“, fragte sie mit erstickter Stimme und sah zu ihm auf.
    „Er wird ihn töten“, antwortete Charles sachlich.
    „Nein, ich meine ... Marcus. Wenn er Rohan verletzt?“
    „Nie im Leben.“ Er sah sie mit seinem verzerrten Lächeln an. „Sie mussten sich ja nicht die ganze letzte Woche Rohans Flüche anhören. Der Lump war bereits ein toter Mann, als er den ersten Blick auf Sie warf.“ Bevor Elinor den Sinn seiner Worte begriff, fuhr Reading fort: „Und ich bin nun Ihr Schwager, sosehr Sie das auch bedauern mögen. Aber ich fürchte, weder Lydia noch ich konnten den Gedanken ihrer Ehe mit Etienne ertragen.“
    Elinor brachte ein zaghaftes Lächeln zustande. „Genauso wenig wie ich, ehrlich gestanden.“ Sie versuchte aufzustehen, aber ihr Knöchel schmerzte so sehr, dass sie sich wieder setzen musste. „Glauben Sie wirklich, dass Rohan nichts passiert? Und was meinte Marcus mit der Bemerkung über ... den Fettsack, den er aufgespießt hat?“
    „Sir Christopher Spatts“, erklärte Charles gereizt. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum er das getan hat. Er erschien plötzlich in ... ehm ... einem der Salons, in denen die Festivitäten stattfanden, steuerte schnurgerade auf Sir Christopher zu und schüttete ihm ein Glas Wein ins Gesicht. Der Mann war ihm hoffnungslos unterlegen ... Nie zuvor habe ich Rohan so erbittert und hasserfüllt gesehen.“
    Wieder flog ein dünnes Lächeln über Elinors Gesichtszüge. „Gut“, sagte sie mit Genugtuung, was ihr einen verblüfften Blick ihres neuen Schwagers eintrug.
    Aber er stellte keine Fragen. „Ich fürchte, Rohan hat die Angelegenheit nicht logisch durchdacht. Sie sollten zurück zum Haus fahren ...“
    „Nein“, protestierte sie fröstelnd. „Wieso dauert das so lange?“
    Reading zuckte die Achseln. „Kommt drauf an.“
    „Worauf denn?“, fragte sie, und ihre Stimme überschlug sich beinahe.
    „Auf das Kampfgeschick seines Gegners. Und darauf, wie lange Rohan den Gauner leiden lassen möchte. Ich könnte mir vorstellen, dass er ihm einen langsamen und qualvollen Tod wünscht.“
    „Ich fasse mich in Geduld“, sagte Elinor kühl.
    „Sie scheinen eine blutrünstige Ader zu haben, stimmt’s?“
    „Gelegentlich.“
    Charles schüttelte leise lachend den Kopf. „Ihr beide passt besser zusammen, als ich es für möglich gehalten hätte.“
    Sie machten sich auf den Rückweg zu den Pferden, Elinor auf Charles’ Arm gestützt.
    Ihre verzweifelte Flucht in die Klosterruine schien nur Sekunden gedauert zu haben, doch der Weg zurück erschien ihr wie eine Ewigkeit. Immer wieder drehte sie sich um und hielt Ausschau nach Rohan.
    Endlich waren sie bei den Pferden angelangt. Die Abenddämmerung brach herein, der stürmische Wind hatte sich gelegt. Über ihren Köpfen zogen kreischende Seevögel weite Kreise.
    Als sie diesmal einen bangen Blick über die Schulter warf, tauchte Rohan aus den unterirdischen Gewölben der Klosterruine auf, schlüpfte im Gehen in die Ärmel seines Überrocks und näherte sich mit federnden, langen Schritten.
    Er war unverletzt und würdigte sie auch diesmal keines Blickes, überreichte lediglich mit einem leichten Kopfnicken seinem Freund den Degen.
    Elinor konnte seine Gleichgültigkeit nicht fassen. Zorn brodelte in ihr auf.
    „Was fällt dir eigentlich ein?“, fragte sie in heller Empörung.
    Endlich fiel sein Blick auf sie. Er zog spöttisch eine Braue hoch. „Ich glaube, ich habe dir soeben das Leben gerettet.“
    Diesmal ließ sie sich von seiner trügerisch weichen Stimme nicht beirren. „Und warum?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Du siehst doch keine Veranlassung, mir für eine einzige Nacht lebenslang Unterhalt zu zahlen. Erst recht nicht, den Ärmelkanal zu überqueren.“ Am liebsten hätte sie höhnisch aufgelacht über das heraufdämmernde Entsetzen, das sich in seinen Gesichtszügen spiegelte. „Welch glücklicher Umstand, dass ich nun doch

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