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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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geschwungen und war losgaloppiert, ohne auf Charles zu warten.
    In der Ferne glaubte er, an den Klippen die Gestalt einer Frau zu erkennen, die mit fliegenden Röcken zur alten Abtei rannte, dicht gefolgt von einem Mann. Rohan gefror das Blut in den Adern. Gerade noch rechtzeitig oder schon zu spät.
    Er drückte seinem Gaul die Sporen in die Flanken, als Charles ihn einholte. Hatte Harriman vor, sie zu vergewaltigen oder gleich umzubringen? Wie auch immer, Rohan würde ihm das Herz aus dem Leib reißen.
    Bevor das Pferd richtig zum Stehen kam, war er bereits aus dem Sattel gesprungen.
    Die Gestalten verschwanden in den Ruinen, und er rannte mit gezücktem Degen hinter ihnen her, Charles hinter ihm. Und tief in seiner kalten schwarzen Seele formte sich ein Stoßgebet.
    Sie spürte bereits Marcus’ Keuchen im Nacken. Jeden Moment würde er zupacken.
    Elinor schluchzte vor Angst. Vor ihr im Heidekraut lag ein toter Ast, hastig bückte sie sich danach, fuhr herum und schlug damit ihrem Verfolger mitten ins Gesicht.
    Er brüllte vor Schmerz, war einen Augenblick geblendet, und Elinor hastete weiter.
    Das Kellergewölbe des alten Refektoriums lag zu ihrer Linken, dort hatte sie sich früher gern versteckt. Lydia hatte sich nie in diese modrigen Gänge gewagt, da sie fest daran glaubte, dort unten spukten die armen Seelen der Mönche, die König Henry auf dem Scheiterhaufen hatte verbrennen lassen. Sie rannte einen engen Gang entlang und fand den kleinen Brunnen, in dem sie sich immer versteckt hatte.
    Sie kletterte über die Steineinfassung, hockte sich zusammengekauert auf den feuchten modrigen Boden und zog die Kapuze tief in die Stirn, damit Marcus ihr helles Gesicht nicht sehen konnte. Der Brunnen war enger als in ihrer Erinnerung, was wohl daran lag, dass sie inzwischen gewachsen war. Angespannt horchte sie in die Dunkelheit, das Hämmern ihres Herzschlags dröhnte ihr in den Ohren.
    Dann hörte sie Stiefelschritte, die von dem alten Gemäuer widerhallten. „Du versteckst dich da unten, nicht wahr, Schwesterherz?“, rief er mit dieser trügerisch freundlichen Stimme. „Es hat keinen Sinn, wegzulaufen – du machst es dir nur leichter, wenn du aufgibst. Komm schon!“ Die Schritte verstummten, aber sie wagte nicht, sich zu bewegen. Und dann näherten sie sich wieder. „Es war ziemlich dumm von dir, dich hier unten zu verstecken, aber dadurch erleichterst du mir dir Sache. Ich breche dir den Hals und lasse deine Leiche hier liegen, bis es dunkel wird. Und dann werfe ich dich über die Klippen. Sollten sich Zeugen melden und fragen, wohin wir verschwunden sind, werde ich sagen, wir wollten in der Klosterruine unsere Hochzeitsnacht zelebrieren.“
    Die leichte Übelkeit, die sie seit Tagen plagte, verstärkte sich. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, wagte kaum zu atmen und schickte flehende Stoßgebete zum Himmel. Wenn sie nur fest an Gott glaubte, schoss es ihr durch den Sinn, sosehr sie sich von ihm in der Vergangenheit verlassen gefühlt hatte, würde der himmlische Vater ihr diesmal beistehen, da sie seine Hilfe so dringend brauchte wie noch nie.
    Die Schritte kamen näher. Marcus hatte einen schweren Gang, und Elinor kniff verzweifelt die Augen zu. Er näherte sich unaufhaltsam, es gab kein Entrinnen mehr.
    Hätte sie nur die kleine Pistole bei sich, mit der sie Rohan bedroht hatte.
    Urplötzlich fiel ihr die Brosche ein, die Marcus – ihr verräterischer Halbbruder – ihr zur Verlobung geschenkt hatte. Ein protziges hässliches Ding, das sie an ihren Umhang geheftet hatte. Mit fliegenden Fingern löste sie die Nadel. In ihrer Not würde sie wenigstens versuchen, ihm damit in die Augen zu stechen.
    Und dann hatte das Warten ein Ende. Er stand breitbeinig über ihrem engen Versteck, nur ein dunkler Schattenriss, und sie wusste, dass er seine wulstigen Lippen zu einem verlogenen Lächeln verzog. „Da bist du ja, Weib“, meinte er jovial und streckte die Arme nach ihr aus.
    Rohan, dachte sie in ihrer Todesnot, und krallte die Faust um die Brosche, mit der Nadel nach außen. Wenn sie sterben musste, wollte sie als Letztes Rohans Bild vor Augen haben. Marcus packte sie an den Oberarmen und zerrte sie aus dem engen Brunnen. Elinor schlug mit der spitzen Nadel auf ihn ein und zielte auf seine Augen.
    Er brüllte wie ein Stier, stieß sie von sich, und sie taumelte nach hinten. Im Sturz verlor sie die Brosche, die klirrend über die Steinplatten rollte. Benommen blickte sie zu ihm auf und sah ... ihn . Sie sah

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