0401 - Das Vampir-Internat
geworden. Vor unseren Lippen dampfte der Atem. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Der Abend hatte erst angefangen, trotzdem war es schon dunkel geworden. Für Oktober eben üblich. Ich schaute nach, ob der Bentley mit seinen Vorderrädern möglicherweise in einem Graben gelandet war. Dann brachten wir ihn aus eigener Kraft wohl kaum wieder heraus.
Das war zum Glück nicht der Fall. Fahrbahn und Waldrand befanden sich auf einer Höhe. Durch Rückwärtsfahren würden wir den Wagen schon wieder flottbekommen.
Dann schauten wir uns den Baumstamm an, an dem das Stahlseil mit einer Klammer befestigt war. Die Klammer wurde durch eine Schraube gehalten, die wir lösen mussten. Werkzeug war gefragt.
Ich sah im Kofferraum nach. Dort lag das übliche »Besteck«. Der Wagenheber war nicht geeignet, aber ich fand einen alten Hammer, der bereits Rost angesetzt hatte.
Ihn konnten wir gebrauchen. Es war eine schwere Arbeit, aber wir schafften es, das um die Stämme gespannte Seil nach unten zu schlagen, sodass es auf der Fahrbahn lag. Jedes Fahrzeug konnte jetzt das Hindernis überfahren.
Bill Conolly spendierte eine Runde Zigaretten. Ich blies den Rauch in die kühle Luft und dachte daran, dass eigentlich Bill Conolly die Schuld daran trug, dass wir uns in diese Gegend gewagt hatten. Ob es zu einem Fall werden würde, stand noch nicht fest, aber einiges deutete darauf hin. Wie dieses über die Straße gespannte Stahlseil.
Eigentlich ging es ja um ein Internat. Oder vielmehr um deren Bewohner. Bill Conolly kannte einen Mann, der seinen Sohn auf dieses Internat geschickt hatte. Bei einem zufälligen Wiedersehen hatte der alte Bekannte dem Reporter von seinen Sorgen berichtet. Sein Sohn hätte sich so verändert gehabt. Er wollte nicht mehr nach Hause kommen und lehnte jeglichen Besuch ab. Dieser Junge, gerade dreizehn Jahre alt geworden, hatte seinen Eltern klar gemacht, dass er mit ihnen nichts mehr zu tun haben wollte. Er hätte jetzt einen anderen. Dem Vater war sogar eine Antwort gegeben worden.
Acron, der Vampir.
Zuerst hatte der Mann noch gelacht, bis er näher darüber nachdachte und auch das Verhalten seines Sohnes genauer beobachtete.
Da war ihm das Lachen vergangen. Er hatte natürlich mit den Lehrern gesprochen, doch auch aus ihnen nichts herausbekommen. Die Lehrpersonen sprachen völlignormal über den Jungen und dessen Klassenkameraden. Das wollte der Vater nicht glauben, hatte der Schule auch zweimal einen Besuch abgestattet und alles so vorgefunden, wie es ihm gesagt worden war.
Beim zweiten Mal war er bis zum Einbruch der Dunkelheit geblieben, und da waren merkwürdige Dinge passiert. Einige Kinder hatten die Schule heimlich verlassen und sich in einen nahen Wald begeben, wo sie ein Feuer entfachten und nach Acron schrien. Mehr hatte der Vater nicht in Erfahrung bringen können, weil er plötzlich überwältigt und bewusstlos geschlagen worden war. In seinem Wagen war er wieder zu sich gekommen und nicht noch einmal zurückgefahren. Einen Tag später hatte er dann Bill Conolly getroffen und ihm von der Sache berichtet.
Bill hatte für so etwas immer offene Ohren und sich an mich gewandt. Suko und ich waren soeben aus Wien zurückgekehrt und hatten uns eigentlich ausruhen wollen.
Auf Bills Drängen hin hatte ich mich schließlich einverstanden erklärt, der Schule einen Besuch abzustatten, und auf dem Weg dorthin war uns dieses gespannte Stahlseil buchstäblich in die Quere gekommen.
»Wie denkst du nun über den Fall?« fragte mich Bill.
»Ein wenig anders.«
»Das freut mich.«
»Obwohl ich dämonische Aktivitäten noch immer nicht erkennen kann«, schränkte ich ein.
»Warte es ab.«
Ich hob die Schultern. Schweigen umgab uns. Der letzte Ort lag zwei Meilen hinter uns. Diese Straße führte geradewegs zum Internat, das in einem alten Herrenhaus untergebracht war und sehr düster wirken sollte, wie Bill von seinem Bekannten gehört hatte.
Natürlich hatten wir vor, mit den Lehrern zu sprechen, aber erst am nächsten Morgen. In der Nacht wollten wir herausfinden, ob Simon Wade, so hieß Bills Bekannter, mit seiner Behauptung Recht gehabt hatte. Den Weg hatte er dem Reporter beschrieben. Um in den Wald zu gelangen, brauchten wir nicht bis zur Schule zu fahren. Wir konnten den Wagen vorher abstellen.
Wir stiegen ein. Ich drückte meine Zigarette im Aschenbecher sorgfältig aus. Bill ebenfalls. »Internate sind nichts für mich«, erklärte er.
»Wieso? Hast du mit dem Gedanken gespielt, Johnny in
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