0401 - Das Vampir-Internat
Die Belmonts konnten es nicht fassen. Wie kam ausgerechnet ihr Sohn Bobby dazu, sich so zu benehmen, sich den Eltern zu widersetzen und wie ein Wahnsinniger zu schreien?
Er hatte sogar vom Teufel gesprochen, er der dreizehnjährige Junge. Das war einfach nicht zu glauben!
»Ich werde ein Stemmeisen holen«, sagte Margret plötzlich. Sie drehte sich um und lief die schmale Treppe hinab, die in den ersten Stock führte.
Harry versuchte es noch einmal. Er klopfte fast zaghaft gegen Bobbys Schlafzimmertür und erntete sofort eine Reaktion. »Seid ihr noch immer nicht verschwunden? Haut endlich ab, verdammt!«
»Bobby, mein Junge!«
»Ich bin nicht mehr dein Junge. Ich gehöre jetzt ihm, dem Lord Acron!« Ein dumpfes Lachen folgte den Worten, und Harry Belmont bekam eine Gänsehaut.
Aber er gab nicht auf. »Wir wollen doch nur mit dir reden, Kind. Das ist alles!«
Die Antwort erschreckte ihn zutiefst. »Sei nur froh, dass ich keine Pistole habe. Ich würde durch die Tür schießen und euch zerlöchern!« Wieder folgte das hämische Lachen des Jungen, und sein Vater konnte hören, wie das Bett ächzte. Wahrscheinlich tanzte sein Sohn auf der Matratze.
»Glaubst du nicht, dass wir dir helfen wollen, Bobby?«
»Nein!«
Harry Belmont richtete sich auf und drückte seinen Rücken durch. Dem Gesicht des Mannes konnte man die schweren Sorgen ablesen, die er sich wegen seines Kindes machte. Bobby musste unter einen schlechten Einfluss geraten sein. Überhaupt, was hatte er da von einem Lord Acron geredet?
Die Gedanken des Mannes wurden unterbrochen, weil er Schritte auf der Treppe hörte. Margret, seine Frau, kehrte zurück. Sie war mal blond gewesen, jetzt hatte ihr Haar graue Strähnen. Die letzte Diätkur und die Sorgen um Bobby hatten tiefe Falten in ihr Gesicht gegraben.
In der rechten Hand hielt sie das Stemmeisen. Sie hatte es aus dem Werkzeugkasten geholt und drückte es ihrem Gatten in die rechte Hand. »Jetzt bist du an der Reihe.«
Harry nickte. »Ich habe noch einmal versucht, mit ihm zu reden.«
»Ich hörte es unten. Und?«
»Er zeigt sich uneinsichtig. Außerdem – hast du schon mal etwas von einem Lord Acron gehört?«
Margret schüttelte den Kopf. »Nein, wer soll das denn sein?«
»Ich habe keine Ahnung. Wir müssen Bobby fragen.«
Sie deutete auf die Tür. »Aber erst, nachdem du sie aufgebrochen hast. Okay?«
»Ich werde mein Bestes geben.« Es war zwar das erste Mal, dass Harry Belmont so etwas tat, doch er hatte ein gewisses handwerkliches Geschick und glaubte fest daran, es schnell schaffen zu können.
Dicht über dem Schloss setzte er das Stemmeisen an. Es gab dort einen schmalen Spalt, in den die vordere, abgeflachte Seite des Werkzeugs genau hineinpasste.
Das Eisen benutzte der Mann als Hebel. Leider konnte er die Arbeit nicht geräuschlos verrichten, das Holz splitterte, und dieser Lärm wurde von dem Jungen im Zimmer vernommen.
»Verdammt, was habt ihr vor?« schrie er.
»Gib keine Antwort«, zischte Margret, »und mach weiter.« Sie stand geduckt da, schaute ihrem Mann zu und sah, dass dessen Schläfehadern im Gesicht vor Anstrengung und Konzentration scharf hervorstachen.
Harry Belmont arbeitete weiter.
»Hört damit auf!« kreischte Bobby. »Verdammt, hört damit auf! Ich will es nicht!«
Belmont machte weiter – und schaffte es!
Noch ein letztes Splittern, ein Ruck, und die Tür war offen.
Er ließ das Stemmeisen fallen, weil er nicht mit einer Waffe in das Zimmer seines Sohnes gehen wollte. Bobby hockte tatsächlich auf dem Bett. Er hatte den Kopf gedreht, schaute zu seinem Vater hin und zog den Mund in die Breite.
In seinen Augen leuchtete die Wut, und mit einer blitzschnellen Bewegung griff er nach der Lampe auf dem Nachttisch. Er riss den Stecker dabei aus der Dose, schleuderte seinem Vater die Lampe entgegen, der auswich und dann stehen blieb.
Bobby sprang vom Bett. Er war schnell und wendig. Das Fenster befand sich gegenüber. Es stand auf der Kippe. Bobby brauchte es nur aufzustoßen, was er auch tat.
»Nein, nicht!«
Margret schrie ihn an, um ihren Sohn von dieser Wahnsinnstat abzuhalten, der kümmerte sich nicht darum und hatte sich mit einem Klimmzug schon hochgezogen.
»Tu doch was, Harry!«
Belmont wirbelte herum. Er sah seinen Sohn aus dem Fenster klettern und lief sofort hin. Bobby bemerkte dies und trat mit dem rechten Bein wild nach hinten. Belmont hatte mit dieser Reaktion nicht gerechnet. Er brachte den Kopf nicht rechtzeitig zur Seite, sodass
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