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0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht

0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht

Titel: 0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vorgang wie vorher, die Schlinge glitt über den Kopf des Todeskandidaten, der Arm des Direktors gab das Zeichen, der Henker trat auf den Knopf.
    Die Todesluke öffnete sich wieder nicht.
    Nochmals klirrte der Auslöseknopf.
    Nichts geschah. Potter stürzte nicht in das viereckige Loch. Die Schlinge zog sich nicht zusammen.
    Das Gesicht des Henkers verfärbte sich. In der Zeugengruppe entstand Gemurmel und Aufregung.
    Ein mittelgroßer Mann mit braunem wettergegerbtem Gesicht löste sich aus der Gruppe und drängte nach vorn. Es war ein Hühnerfarmer aus den Bergen um Baltimore. Er war einer der Geschworenen gewesen.
    Er wandte sich an einen alten eisgrauen Mann mit Brille.
    »Herr Richter«, sagte der Geschworene mit bebender Stimme, »was hier geschieht, ist unmenschlich. Ich frage Sie«, der Mann hob die Stimme, damit ihn alle auf dem Hof hören konnten, »gibt es ein Gesetz oder einen Rechtsbrauch, wonach eine fehlgegangene Hinrichtung nicht wiederholt werden darf?«
    Der Richter trat vor und wandte sich den Zeugen zu. »Es gibt kein Gesetz in unserem Staat über diesen Vorgang, aber der Gefängnisdirektor sollte die Hinrichtung verschieben.«
    Der Direktor sprach mit dem Henker. Der zum Tode Verurteilte wurde vom Galgengerüst heruntergeführt. Immer noch grinste er spöttisch. Als er auf der untersten Stufe der Treppe angekommen war, sah er über uns hinweg. Kein Wort kam über seine Lippen. Dann führten ihn die Gefängniswärter weg.
    Der Gefängniswärter erklärte, die Hinrichtung wäre verschoben, der Gouverneur solle über den Fortgang der Strafvollstreckung entscheiden.
    Wir gingen über den Hof. Es gab nur ein Gesprächsthema: der Mann, der dem Galgen trotzte.
    Als James Harding und ich aus dem grauen Gefängnisblock auf die Straße traten, winkte uns jemand zu. Es war mein Freund und FBI-Kollege Phil Decker.
    ***
    »Hat er sich verletzt?«, fragte die dicke Frau mit den schwarzen Haaren in der Sunshine Bar. Sie nahm die blutbedeckte Hand des Mädchens und sah sie an.
    Dann beugten sich beide Frauen zu dem am Boden liegenden Chinesen hinunter und betrachteten ihn. Blut sickerte aus seinen Haaren.
    »Das kann doch nicht von dem Sturz gekommen sein«, sagte das Mädchen aufgeregt.
    »Wovon dann?«, meinte die Dicke. Sie war resoluter und drehte den Mann herum. Gebrochene Augen starrten die beiden Frauen an.
    Das Mädchen hielt eine Hand vor den Mund. »Du«, wisperte sie, »ich glaube, der ist tot.«
    Die Eingangstür der Bar klappte auf, der Perlenvorhang raschelte. Ein junger Mann mit feiner Kiste kam herein. Seine Haut glänzte wie ein frisch polierter Apfel.
    »Morgen«, grüßte er und stellte die Kiste ab. »Was ist mit euch los?«, fragte er dann, als die beiden Frauen seinen Gruß nicht erwiderten.
    Die Dicke deutete auf den Chinesen.
    »Er kippte vom Stuhl und blieb liegen«, erklärte das Mädchen im roten Kittel.
    Der Fahrer ging in die Ecke, sah den Mann an und kam schnell zurück. »Es sieht so aus, als ob er erschossen worden wäre«, sagte er schnell. »Wir müssen die Polizei verständigen!«
    »Erschossen?«, rief das Mädchen erschrocken. »Das ist unmöglich.«
    »Wieso?«, fragte der junge Mann. »Ich kenne mich ein wenig aus.«
    »Das kann nicht sein«, blieb das Mädchen fest. »Es war niemand in der Bar! Außerdem habe ich keinen Knall gehört.«
    ***
    Captain Harding und ich gingen zu meinem Freund Phil Decker hinüber, der am Dienstwagen stand, mit dem wir zum Baltimore-Gefängnis gekommen waren. Am Steuer saß ein Cop.
    »Hat Gerald Potter seine gerechte Strafe bekommen?«, fragte mein Freund, als wir vor ihm standen.
    Ich erklärte Phil kurz, was sich auf dem Gefängnishof ereignet hatte.
    »Toll«, murmelte mein Freund. »Wie ist so etwas überhaupt möglich?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Vermutlich wird man eine offizielle Untersuchung des Vorfalls anregen.«
    Wir wandten uns dem Wagen zu. Phil und ich hielten uns seit einiger Zeit in Baltimore auf. Wir waren von unserem Chef, Mr. High, aus New York abkommandiert worden, um einen Fall zu bearbeiten, der dem FBI schon länger Sorgen bereitete.
    Die Kurve der Autodiebstähle ging steil nach oben. Vor allem war New York davon betroffen. Autos aller Marken verschwanden spurlos und tauchten nie wieder auf. Zuerst befassten sich die örtlichen Polizeibehörden mit den Vorkommnissen, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Da die Diebstähle in verschiedenen Staaten an der Ostküste vorkamen, wurde das FBI eingeschaltet.

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