0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht
knallte es wieder. Diesmal lauter als vorher. Niemand war zu sehen.
Über eine halb fertige Kellertreppe stiegen Phil und ich in den Neubau ein.
Als wir im ersten Stock ankamen, knallte es rechts von uns.
Wir kamen an ein Türloch und sahen auf einer Leiter einen Arbeiter stehen. In den Händen hielt er ein Bolzenschuss-Gerät, den er gerade wieder mit einer Bolzenpatrone lud. Mit der rechten Hand fasste er den großen Stahlgriff. Die Linke griff den Schaft. Er setzte die trichterförmige Mündung auf den Beton auf.
»Moment«, sagte ich.
Erst jetzt bemerkte er uns. Er nahm das Bolzenschuss-Gerät von der Wand, musterte uns mit seinen flinken Augen schnell und meinte: »Was wollt ihr denn hier? Seid ihr vom Bauamt? Dann schwirrt wieder ab.« Offenbar hatte er diese Behörde genauso gern wie Kopfschmerzen.
»Wir sind vom FBI«, sagte ich und stellte mich und Phil vor.
Sofort hängte er den Apparat an der Leiter auf und sprang herunter. Eine Wolke trockenen bleigrauen Staubes spritzte unter seinen genagelten, mit Kalk bedeckten Schuhen hoch. Die Unfreundlichkeit war plötzlich von seinem Gesicht verschwunden. Jetzt lächelte er.
»Hallo«, meinte er und tippte an die Kappe, »ihr kommt mir sehr gelegen. Ich hatte den Vorfall der Polizei gemeldet, aber dass man das FBI deswegen bemüht, hätte ich nicht gedacht.«
»Was für einen Vorfall meinen Sie?«, fragte ich leicht verwundert.
Er schlug mit der Hand auf das Gerät. »Wegen meiner Kanone«, sagte er.
Phil und ich waren genauso klug wie vorher.
»Erklären Sie sich bitte genauer«, forderte ich ihn auf.
Er blickte uns verdutzt an. »Ja, wisst ihr denn nicht Bescheid darüber, G-men?«
»Wir kommen aus der Sunshine Bar«, sagte ich. »Dort wurde ein Chinese erschossen. Mit einem Apparat, wie Sie ihn dort an der Leiter hängen haben.«
»Was sagen Sie da?«, brüllte er mit einer Lautstärke los, als hätte er gegen den Lärm eines Düsenjäger-Geschwaders anzukämpfen. »Lassen Sie mich zuerst erzählen, denn das ist ja ein Ding.« Er lüftete die Kappe und kratzte über den Borstenkopf. »Ich heiße Brandei. Gestern Morgen kam ich hier an der Baustelle an. Zurzeit arbeite ich allein hier. Das Bauamt hat den Bau gestoppt und macht Schwierigkeiten. Deshalb sind wir alle so sauer auf die Herren mit den blütenweißen Hemden. Ich schieße Bolzen mit dem Apparat in die Betonwände.«
»Wie war das mit der Polizei?«, versuchte ich seine Weitläufigkeit zu stoppen.
»Gestern Morgen kam ich, wie gesagt, hier an. Meine Arbeitsgeräte befinden sich im Keller in einer Kiste, die mit einem Schloss gesichert ist. Gestern Morgen entdeckte ich, dass das Schloss aufgeknackt worden war. Man hatte mein Bolzenschuss-Gerät samt Bolzen gestohlen. Ich meldete den Vorfall der Polizei, habe aber bis jetzt noch nichts wieder davon gehört.«
»Und woher stammt dieses Gerät« Phil tippte auf das Gerät.
»Ich habe gestern sofort meine Firma angerufen. Man hat mir eine andere Kanone zur Verfügung gestellt.«
Ich hatte nicht das Gefühl, von dem Mann ein Märchen zu hören.
Dennoch fragte ich: »Kennen Sie Brillen-Bill?«
»Der arbeitet nicht bei uns«, erwiderte er.
»Er ist ein Chinese. Er wurde in der Bar erschossen.«
»Kenne ich nicht, Agent Cotton.«
Phil trat vor. »Mr. Brandei, würden Sie anhand der Bolzenmunition erkennen können, ob der Chinese mit dem Gerät und den Bolzen erschossen wurde, die Ihnen gestohlen wurden?«
»Natürlich erkenne ich mein Gerät und meine Munition wieder«, erklärte er.
»Haben Sie einen Augenblick Zeit für uns, Mr. Brandei?«, fragte ich.
Er ging zu der Fensteröffnung, schaute hinaus und kam wieder zu uns zurück.
»Kann ich machen, G-men«, meinte er dann. »Was habt ihr mit mir vor?«
»Sie sollen mit uns in die Sunshine Bar kommen. Dort haben wir zwei Schussbolzen gefunden.«
»Geht in Ordnung«, sagte Brandei und nahm den Schussapparat von der Leiter. Er klemmte ihn unter den Arm und nahm auch den Kasten mit der Munition mit.
»Warum haben Sie eben durch die Fensteröffnung geblickt?«, wollte ich wissen.
»Meine Uhr steht dort hinten an der Straßenecke«, antwortete er und grinste. »Ihr seid gerade richtig gekommen. Ich hätte jetzt Frühstückspause gemacht.«
***
Brandei führte uns in den Kellerraum, wo die aus starken Bohlen bestehende Kiste stand. Er schlug den Deckel auf. »Das Schloss musste auch erneuert werden«, erklärte er uns. »Man hat es mit einer Brechstange aufgeknackt.«
Phil und ich
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