0405 - Kampf um Merlins Burg
Hilfe, dachte Tendyke. Deshalb haben sie mich hierher geschickt… Aber er sprach es nicht aus. Er war sich nicht sicher, ob es richtig war, über Avalon zu sprechen. Besser nicht. Außerdem…
Konnte er überhaupt helfen? Er glaubte zu wissen, was von ihm verlangt werde. Aber ging es an, diese Möglichkeit auch auf die anderen zu übertragen? Und… er wollte es doch nicht. Es schmerzte… es war schlimm. Schlimm genug, dem Tod immer weit aus dem Weg zu gehen… es starb sich niemals leicht…
Und er hatte es gerade erst hinter sich.
»Ja, und nun bist du an der Reihe«, verlangte Zamorra.
Tendyke zuckte mit den Schultern.
»Ted Ewigk rief mich an. Er teilte mir mit, was er von Wang Lee Chan erfahren hatte: Ihr wart spurlos verschwunden. Leonardo deMontagne hat Caermardhin erobert und in Besitz genommen. Sid Amos ist gefangen oder tot. Boris Saranow ist gefangen, wahrscheinlich versklavt. Wang Lee und Su Ling konnten flüchten. Ted gab ihnen den Auftrag, sich in Sicherheit zu bringen - zu mir, weil Tendyke’s Home bekanntlich von einem Magie-Schutzschirm gesichert wird.«
»Wie Château Montage und Beaminster Cottage auch. Warum hat er sie ausgerechnet zu dir geschickt?«
»Keine Ahnung. Ich glaube, er ging davon aus, daß Leonardo nicht mit einer so weiten Flucht rechnen würde. Er bat mich dann, nach England zu kommen und mit ihm zusammen Caermardhin zurückzuerobern.«
Gryf stieß einen schrillen Pfiff aus. »Das dürfte unmöglich sein«, sagte er. »Caermardhin kann nicht erobert werden, schon gar nicht von Menschen. Merlin…?«
»Ich kann dazu nichts sagen«, wehrte der Weißhaarige ab.
»Aber Leonardo deMontagne hat es gekonnt, Caermardhin ist in der Hand des Fürsten der Finsternis.«
»Und du bist also hingeflogen?«
»Nein. Ich fürchte, er macht sich derzeit allein an die Arbeit. Ich hatte ein seltsames Gefühl, das sich bewahrheitete. Das Flugzeug, mit dem Wang und Su kamen, wurde von dämonischen Kräften aus dem Kurs gerissen und zur Bruchlandung gezwungen. Ich erreichte die Absturzstelle, aber Wang war schon mit dem Mädchen geflohen. Und Verfolger waren hinter ihnen her. Ich konnte sie einholen, aber einer der beiden Männer schoß auf mich. Von da an weiß ich nichts mehr. Ich wachte hier in diesem Raum auf.«
»Hm«, machte Zamorra. »Wir fanden dich auf der Straße. Du lagst da, schlugst wild um dich, und murmeltest irgend welche fremden Worte und dazu den Begriff ›Avalon‹.«
»Davon weiß ich nichts«, sagte Tendyke, der Mühe hatte, sein Erschrecken nicht zu zeigen.
»Bist du sicher, daß dazwischen nichts war? Du hast ein paar seltsame Fähigkeiten«, drängte Zamorra, »aber dazu gehört es nicht, dich per Teleportation zu bewegen, und erst recht nicht rückwärts durch den Zeitstrom.«
»Tut mir leid, Freunde«, sagte Tendyke. Er hielt Nicole das geleerte Glas entgegen. »Ich kann euch einfach nicht mehr sagen. Ich war dort, jetzt bin ich hier. - Teri hat mir ein paar Reservebegrüßungsküsse gegeben. Wie wäre es mit noch ein paar Reservebegrüßungsgläsern?«
Nicole lächelte. »Nun ja, heute haben wir wahrscheinlich ohnehin nicht mehr viel vor. Wir könnten ein kleines Wiedersehensfest feiern. Vielleicht vergißt Merlin darüber auch seinen Liebeskummer.«
Der Weißhaarige warf ihr einen finsteren Blick nach, als sie durch die wiederum vor ihr entstehende Wandöffnung in das angrenzende Zimmer ging. Offenbar hatten ihre leicht dahingesagten Worte doch getroffen…
***
Rob Tendyke hatte nicht gelogen. Er war tatsächlich noch durcheinander. Er mußte die neuen Eindrücke erst verarbeiten. Das ging nicht so schnell, und die Whiskeys, die er im Laufe der folgenden Wiedersehensfeier trank, halfen ihm auch nicht sehr dabei, Ordnung in die Ding zu bringen.
Aber er war sich immer noch nicht sicher, ob er sich den Freunden völlig anvertrauen konnte. Es sprachen viele Dinge dagegen. Vor allem würde er ihnen nicht abverlangen können, was nötig war, wenn sie mit seiner Hilfe wieder zurück zur Erde wollten. Vielleicht gab es doch noch eine andere Lösung…?
Er erinnerte sich an die letzten Minuten auf der Erde. Der Sumpfwald in Louisiana, nahe Baton Rouge… die beiden Männer, ein Weißer und ein Neger! Der Neger war blitzschnell im Unterholz verschwunden, einem Schatten gleich, der Weiße hatte geschossen. Er hatte Tendyke getroffen… Tendyke fühlte einen harten Schlag und dann die rasend sich ausbreitende Hitze, und er wußte, daß er nur noch ein paar Sekunden
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