0410 - Blonder Köder für den G-man
»Sie können es sich aussuchen«, höhnte er. »Soll ich mit dem Klümpchen Blei Ihren Dickschädel oder Ihr Herz garnieren?«
Er äußerte die Worte mit der seelenlosen Gelassenheit eines Mannes, dem Töten so geläufig ist wie anderen eine Grippe im Winter. Ich schwieg. Angesichts der Situation, gab es ohnehin nicht viel zu sagen.
Ich war hergekommen, um mit dem Kneipenwirt Bob Chester zu sprechen. Stattdessen hatte ich diesen Burschen angetroffen.
Er hielt eine Beretta in der Rechten. Sein Finger hatte den Druckpunkt erreicht. Die gemächlich auf und ab schwingende Waffen'mündung illustrierte seine Worte ebenso überzeugend wie drohend.
Er grinste. »Es ist fast wie beim Roulette«, bemerkte er feinsinnig. »Es geht um eine Kugel. Der Einsatz ist Ihr Leben. Ich halte die Bank und kann nicht verlieren.«
Ich versuchte zu lächeln und merkte, dass mein Gesicht so steif war, als hätte ich es stundenlang einem wütenden Schneesturm ausgesetzt. Aus dem Lächeln wurde nichts. Dabei empfand ich nicht mal richtige Angst. Okay, ich war in eine plumpe Falle getappt, aber ich spürte, dass meine Zeit noch nicht gekommen war. Der Kerl redete zu viel. Er genoss seine Überlegenheit, er war grausam und er demonstrierte diese Veranlagung, indem er mich zu quälen versuchte.
Wir standen in Bobs Trailer - so nannte sich die Kneipe am Highway 46, die in einem ausrangierten Pullmanwagen untergebracht war, und in die ich mich begeben hatte, weil Bob Chester, der Besitzer, mir telefonisch einen heißen Tipp versprochen hatte
»Es ist schon mal vorgekommen, dass die Bank gesprengt wurde«, sagte ich.
»Nicht, wenn der Bankhalter sein Geschäft versteht«, erklärte er. »Mich legt keiner aufs Kreuz, auch Sie nicht, G-man!«
Die Kneipe öffnete normalerweise 10 Uhr morgens. Jetzt war es neun. Von dem Wirt war nichts zu sehen. Der Gangster und ich standen allein in dem langen, schmalen Raum. Es roch nach kaltem Rauch und schalem Bier. War Bob Chester zu dem Anruf gezwungen worden, oder hatte er sich freiwillig ins Lager der Gangster begeben? Chester war feiner unserer Informanten; er galt als leidlich zuverlässig, aber bei einem Ex-Sträfling musste man natürlich auf alles gefasst sein.
Der Mann mit der Pistole war ungefähr dreißig Jahre alt. Er hatte ein rundes Gesicht mit dunklen Augen und schwarzen, öligen Locken. Er war groß und stämmig, um die Hüfte herum hatte er schon ein wenig Speck angesetzt. Seine Eleganz war von der Art, die Harlemer Tanzhallen-Besucher sicherlich zu beeindrucken vermochte; sie war ungefähr so bunt und leuchtend wie die Neonreklame einer Großstadtstraße um Mitternacht.
Ja, ich hatte noch etwas Zeit, das war sicher. Ich war entschlossen, sie zu nutzen.
»In wessen Auftrag arbeiten Sie?«, fragte ich.
Wieder produzierte er das scheußliche Grinsen, das seine Lippen wie strapazierte Spiralfedern zerquetschte. »Ich hab ’ne Oma in den Rockies«, spottete er. »Die hat mich gebeten, alle Leute zu besänftigen, die immerzu Ärger machen. Wie Sie sehen, habe ich speziell für diesen Zweck eine besondere Methode entwickelt -«
Die Waffenmündung pendelte aus. Sie blieb stehen. Es war offensichtlich, dass sie sich für meine Herzgegend entschieden hatte.
Die Kneipe war etwa fünfzehn Meter vom Highway entfernt, sie lag am Rande eines Parkplatzes. Draußen rasten die Wagen vorbei, genau an der oberen Grenze des vorgeschriebenen Speed-Limits. Mein Jaguar stand vor der Kneipe, ein Blickfänger in knalligem Rot. Ich hoffte, dass irgendjemand den parkenden Wagen bemerken und dabei auf den Gedanken kommen würde, sich hier einen Kaffee oder einen Hamburger einzuverleiben.
Dummerweise baumelte an der mit Fliegengaze bespannten Tür ein Schild mit der Aufschrift: CLOSED.
Ich räusperte mich. »Ihre ›Methode‹ ist genau die richtige Masche, um schnell und mit staatlicher Hilfe ins Jenseits befördert zu werden«, stellte ich fest.
Der Bursche lachte laut und scheppernd wie ein Motor, der bei gezogenem Choke nur auf drei Töpfen läuft. »Mit dem Jenseits stehe ich auf du und du«, vertraute er mir an, »aber nur als Agent, als Vermittler - ich bin so ’ne Art Zulieferer, wis.sen Sie.«
»Und wer zahlt die Provision?«
»Kommt ganz darauf an. Diesmal ist’s Ernie Goddard.«
»Ernie Goddard?« Der Name war mir völlig unbekannt.
Der Pomadenkopf nickte. »Zehntausend kriege ich dafür«, meinte er. »Die Hälfte hab ich schon kassiert. Den Rest hol ich mir in zwei Stunden ab.«
Er wollte
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