0412 - Doppelmörder für drei Stunden
er sich verhält. Risiken dürfen wir nicht eingehen.«
Wieder bearbeitete Freddy seine Unterlippe mit den Schneidezähnen, Eine Viertelstunde später stoppte Clifton den Chevy auf einem Parkplatz in der Nähe der Mole. Freddy und Clifton kletterten hinaus und schlenderten am Hafenbecken entlang.
»Vor uns liegt die Barkasse«, flüsterte Clifton, »sieh genau hin. Da ist nur einer an Bord. Du springst zuerst ins Boot, und zwar diesem Zollbeamten direkt auf die Zehen. Ehe er den Mund aufmachen kann, bin ich ebenfalls unten und erledige alles andere. Kapiert?«
Freddy nickte. Sein Gesicht war leichenblass. Er ließ das Messer aufschnappen, ging einige Schritte vor und balancierte auf dem Rand des Piers.
Die Entfernung zwischen Boot und Hafenkante betrug keine zwei Yards.
Der junge Gangster sah sich um. Clifton war nur vier Schritt hinter ihm. Freddy sprang und streifte beim Aufprall den linken Arm des Zollbeamten. Der Mann drehte sich überrascht um. Dann schwankte die Barkasse leicht. Clifton war ins Boot gesprungen und hechtete auf den Mann los.
***
Das Knistern in den Neonröhren verstummte. Ein kalkiges Licht breitete sich über den giftgrünen Teppich, auf dem ich lag.
»Hallo, Helborn, tut mir leid«, hörte ich eine Stimme über mir, »aber du kannst auch eine Visitenkarte unter der Tür herschieben, bevor du hereinkommst.«
Ich drehte den Kopf und sah den einäugigen Jack über mir. Er hielt ein mit Bast umwickeltes Bleirohr in der Hand und grinste.
»Damit du gleich die Pistole auf mich richtest«, entgegnete ich und rappelte mich auf. Das Ohr brannte, als würde es jemand mit einem Flammenwerfer bearbeiten.
»Stopp, keine Bewegung«, zischte aus der entfernten Ecke des Zimmers eine andere Stimme.
Ich wirbelte herum und starrte in die Mündung einer großkalibrigen Pistole. Sie gehörte einem Mann mit faltigem Gesicht und Schnurrbart. Er sah aus wie ein verhungerter Tramp. Der Anzug war mindestens zwei oder drei Nummern zu groß.
»Habt ihr noch mehr solcher Überraschungen?«, knurrte ich und wandte mich an Jack. Der Einäugige grinste und zuckte die Schultern.
»Der Boss hat uns den Auftrag gegeben, dich aufzustöbern.«
»Die vierundzwanzig Stunden sind noch nicht um, die ich an Bedenkzeit ausbat.«
»Allerdings. Nur fürchtete er, du würdest von der Bildfläche verschwinden.«
»Schließlich hatte ich allen Grund dazu, denn die Cops waren mir auf den Fersen - wegen Barbara.«
»Habe ich dir nicht schon gestern gesagt, lass die Finger davon?«, erinnerte mich Jack.
»Hatte nicht das geringste Interesse, mich als Mörder verhaften zu lassen«, erwiderte ich.
»Aber O’Hara war offenbar anderer Ansicht«, erwiderte Jack lauernd.
»Selbstverständlich. Aber ich habe ihm ein Schnippchen geschlagen und bin abgerückt.«
»Sogar in einem Polizeiauto.«
»Ja, ganz recht. Ein besseres Mittel, legal das Gefängnis zu verlassen, gab es nicht.«
»Du hast die Bullen bestochen?«
»Hm, das möchtest du wohl gern wissen, was? Und da ihr meine Vorliebe für Jennifer kanntet, habt ihr hier auf mich gewartet.«
»Erraten, Helborn.«
»War ja auch nicht allzu schwer«, meinte ich und dachte an das Mikrofon in der Lampe über dem Billardtisch.
»Wo ist das Girl?«
»Weiß ich nicht«, erklärte Jack, »vermutlich nicht zu Hause.«
»Oder habt ihr sie ebenso stumm gemacht wie Barbara?«, fragte ich lauernd. Auf Jacks Gesicht erstarb das Grinsen.
»Ich gebe dir noch mal den Rat, kümmere dich nicht um dieses Girl«, zischte er.
»Ich bin nur nicht daran interessiert, noch mal von der Polizei verhaftet zu werden«, erklärte ich mit Nachdruck, »und deshalb werde ich mir die Wohnung ansehen, um mich zu überzeugen, dass das Girl wirklich nicht da ist.«
»Du wirst dich nicht von der Stelle bewegen«, knurrte der andere hinter dem Sessel.
»Okay, ihr seid in der Überzahl. Ich werde mich fügen«, knurrte ich, »aber nicht, ohne mich bei eurem Boss über euer Benehmen zu beschweren.«
»Seaton hat überdies ein unglaubliches Verlagen danach, dich möglichst schnell zu sehen«, warf der Einäugige ein.
»Der Wunsch kann ihm erfüllt werden«, sagte ich.
»Los, Jack, ruf den Boss an, dass wir das Bürschchen haben«, sagte der andere ungeduldig.
Jack warf ihm einen giftigen Blick zu, trabte quer durchs Wohnzimmer und verschwand in einem angrenzenden Raum.
»Rühr dich nicht von der Stelle«, fuhr mich der Schnurrbärtige an. Er kam um den Sessel herum und ging auf mich zu. Durch die
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