0412 - Doppelmörder für drei Stunden
mir einen Revolver auf den Tisch. Es handelte sich um eine großkalibrige Waffe.
»Okay, Seaton. Wann kommt das Schiff an?«
»Kurz nach Mitternacht, Georgy. Es wäre gut, wenn du als einer der Ersten an Bord wärst.«
»Okay, ich werde mir Harry Piler vorknöpfen. Du kannst dich darauf verlassen.«
Ich hatte die feste Absicht, den Burschen zu schnappen und ihn auszuschalten. Allerdings anders, als Seaton es sich vorstellte. Piler würde uns als Kronzeuge eine Menge nützlicher Tipps geben können. Deshalb übernahm ich den Auftrag bedenkenlos, ohne zu ahnen, dass Seaton mir damit schon wieder eine neue Falle gestellt hatte.
***
Cliftons Pranken schlug zu. Der Zollbeamte verlor das Gleichgewicht und stürzte auf den Boden der Barkasse. Clifton warf sich über ihn und presste ihm den Mund zu. Die andere Hand spannte sich um die Kehle des Mannes. Freddy hörte nur noch einen gurgelnden Laut. Dann erschlaffte der Körper des Zollbeamten.
»Los, wirf den Motor an«, zischte Clifton und richtete sich auf.
Freddy gehorchte. Seine Hände zitterten, als er die Maschine anwarf. Clifton blickte nach oben. Kein Mensch befand sich um diese Zeit hier draußen auf dem Pier.
Der Motor sprang an, Freddy griff zum Steuerrad. Noch immer zitterten seine Hände. Der Zollbeamte lag wie eine Wachspuppe auf dem Boden. Es war das erste Mal, dass Freddy eine Leiche sah.
»Glotz nicht so blöd«, knurrte Clifton. »Los, gib Vollgas, ehe seine Kollegen auf uns aufmerksam werden.«
Freddy lief der Schweiß in Bächen über den Rücken. Sie erreichten die Hafenausfahrt. Das Zollboot war wegen seines Anstrichs deutlich sichtbar. Als sie eine Meile von der Küste entfernt waren, befahl Clifton, die Schweinwerfer einzuschalten.
Der Strahl huschte über die bleifarbenen Wellen des Pazifiks. Clifton zog dem Toten Uniformjacke und Hose aus.
»Fass an«, knurrte Clifton, »einer ist zu viel an Bord.«
Zwei Meilen von der Küste entfernt warfen sie den Zollbeamten über Bord. Clifton schlüpfte in die Uniform und setzte sich die Mütze auf.
»Du bringst mich zum Schiff und wartest hier im Boot«, entwickelte der Gangster seinen Plan, »wenn ich fertig bin mit der Kontrolle, werf ich dir mein Feuerzeug ’runter. Dann fährst du ohne mich ab, kapiert?«
»Und wohin?«, stammelte Freddy.
»Meinetwegen nach Südamerika. Auf keinen Fall lässt du dich im Hafen mit dem Boot sehen.«
»Da vom - ein Schiff«, sagte Freddy.
An der Reling des Zollbootes baumelte ein Fernglas. Clifton hob es an die Augen und sah hindurch.
»Das ist die Northlight«, erklärte er. »Du weißt also Bescheid?«
Freddy nickte, klappte das Messer zusammen und steckte es in die Tasche.
Der grünlich schimmernde Rumpf der Northlight zerschnitt die silbrigen Wellen des Pazifischen Ozeans. Es war halb elf abends. Der Dampfer brauchte noch eine halbe Stunde bis Los Angeles.
Der Kapitän stand auf der Kommandobrücke und starrte zu den Lichtern des Festlandes hinüber. Von Land aus näherte sich eine Barkasse, die Kurs auf das Schiff nahm.
»Aha, der Zoll«, murmelte der Kapitän und gab Signal an den Maschinenraum. Die Dieselmotoren verlangsamten ihre Tourenzahl und erstarben schließlich mit einem blubbernden Geräusch. Die Barkasse kam längsseits. Zwei Matrosen warfen eine Stickleiter hinunter. Wenige Sekunden später kletterte ein Mann in schneeweißer Uniform die Leiter hoch und schwang sich auf Deck. Die Matrosen grüßten flüchtig und wiesen den Weg zur Kommandobrücke. Der Kapitän ließ das Ruder feststellen. Er ging dem bulligen Mann in der weißen Uniform entgegen.
»Hallo«, sagte der Kapitän.
»Nur einige Zollformalitäten«, knurrte der andere. »Sie können auf Ihrer Brücke bleiben, Captain. Stellen Sie einen Ihrer Offiziere ab, das reicht. Ich brauche nur die Frachtbücher zu sehen. Die Abfertigung der Passagiere erfolgt im Hafen.«
»Okay«, erwiderte der Kapitän und telefonierte von der Kommandobrücke. Nach dem Gespräch sagte er: »Gehen Sie in meine Kajüte, da finden Sie den Ersten Offizier vor. Er zeigt Ihnen die Bücher.«
Der Erste erwartete den Mann auf der Schwelle der Kapitänskajüte. Sie wechselten einen kurzen Gruß.
»Ich habe Ihnen die Bücher schon ausgebreitet«, erklärte der Erste Offizier. Der Bullige nickte nur kurz und ließ sich auf den Drehstuhl des Kapitäns fallen.
Die Prüfung der Papiere dauerte genau zehn Minuten. Als sich Charly Clifton erhob, sagte der Erste: »Trinken Sie einen Gin mit mir?«
»Okay, aber
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