0418 - Das Richtschwert der Templer
um es wegzuschaffen.
Er war auf einer Insel in der Loire begraben gewesen, als silbernes Skelett. Wofür die Templer dieses Skelett gebraucht hatten, war mir nicht gesagt worden.
Ich suchte nach Worten. Aussprechen konnte ich sie nicht.
Deshalb formulierte ich sie in Gedanken und schickte die Fragen als telepathische Meldung auf die Reise. Vielleicht gelang es mir durch das Kreuz, Kontakt aufzunehmen.
Und ich erhielt eine Antwort. »Du fragst mich, wer ich bin?«
»Ja.«
»Du kennst meinen Namen. Ich habe gespürt, daß du das Richtschwert der Templer gefunden hast. Aber ich will es nicht. Es hat genug Blut vergossen. Ich habe damals mit ihm richten müssen. Ich war Henker und Richter in einer Person. Es ist viel Unrecht geschehen, und es gab eine Zeit, da wollte ich es nicht mehr führen. Deshalb ließ ich es an einem Ort zurück, wo so leicht kein Mensch hinkam, und die Mönche, die im Kloster lebten, waren verschwiegen. Einer von ihnen wurde jeweils bestimmt, das Schwert zu bewachen. Er unterwarf sich schrecklichen Weihen. Dabei sprangen die alte Mönche über ihre eigenen Schatten, daß sie dies zuließen. Sie kannten noch die Wege, um Menschen zu Untoten zu machen. Doch nun ist der letzte Wächter zerstört worden. Das Schwert ist frei, aber wird demjenigen, der es besitzt, kein Glück bringen. Deshalb sollte man es dort lassen, wo es ist. Auch du darfst es nicht an dich nehmen.«
»Du kennst mich?« fragte ich.
»Nein und ja. Ich habe das Gefühl, dich zu kennen, trotzdem kenne ich dich nicht.«
Ich gab ihm recht. »Aber ich lebe nicht in deiner Zeit«, erklärte ich ihm.
»Was spielt im Kreislauf der Welten die Zeit schon für eine Rolle? Der Ursprung und das Ende bilden einen gewaltigen Kreis, in dem wir nur winzige Staubkörnchen sind. Haben die Sonne und die Blüte nicht viel gemeinsam? Geht die Sonne nicht auf, um später wieder zu versinken? Ist es mit der Blume nicht ähnlich? Sie blüht, um zu verwelken. Aber sie ist trotzdem nicht tot, denn sie kehrt immer wieder. So ist es auch mit uns Menschen, John Sinclair. Wir vergehen, sind nicht tot und kehren ein in den kosmischen Kreislauf…«
Ich schüttelte leicht den Kopf, da ich mich über de Valois’ Rede wunderte. Er hatte von einem kosmischen Kreislaufgesprochen.
Dieser Begriff mußte ihm, dem Mann aus dem Mittelalter, eigentlich fremd sein. Was wußte er?
Ich wollte ihn fragen, aber auf Umwegen. »Du besitzt ein sehr großes Wissen, Hector de Valois. Du warst deiner Zeit sehr weit voraus. Heute sind die Menschen daran interessiert, dein Wissen zu teilen. Sie suchen nach dem, was du hinterlassen hast. Es muß Spuren geben, die zum Dunklen Gral führen, zu meinem Kreuz und zu Aibon.«
»Ja, die gibt es.«
»Willst du sie mir nicht nennen?« rief ich in Gedanken. »Auch ich bin ein Suchender, ein Forscher. Ich möchte ebenfalls viel über den Dunklen Gral erfahren und sein Geheimnis lüften. Er muß dort verborgen sein, wo auch du einmal gewesen bist. Irgendwo im Land der Gallier, und seine Spuren führen auch in das alte Jerusalem und nach Aibon hinein, dem verwunschenen Land.«
»Das alles stimmt, und ich habe auch viel gesehen.«
»Dann sag es mir.«
»Nein, John Sinclair, nein. Du bist der Mann, der das Kreuz trägt, der Sohn des Lichts. Du mußt den Weg finden. Dein Kreuz wird ihn dir zeigen. Habe Geduld. Brich nichts übers Knie, sonst gehst du den falschen Weg. Zahlreiche Feinde lauern auf dich. Du wirst von allen Seiten bedrängt. Die Verbindung, die du jetzt geschaffen hast, wird es wohl nie mehr geben. Das Schwert hat noch einmal seine Magie entfaltet…«
»Aber die Zeichen!« rief ich dazwischen. »Es sind die gleichen, die sich auch auf meinem Kreuz befinden.«
»Ja, ich weiß.«
»Woher kennst du sie?«
Da lachte Hector de Valois. »Kennst du sie nicht auch als Träger des Kreuzes?«
»Natürlich.«
»Dann müßte dir schon vieles klar sein. Wir beide haben vieles gehört. Schon ich erhielt Mitteilungen aus der Vergangenheit, und auch ich kannte die Geistperson, die michhin und wieder führte, ohne mich allerdings vor dem Tod bewahren zu können.«
Der letzte Satz hatte mich erschreckt. Ich wagte kaum, die nächste Frage zu stellen. »Sprichst du vom Seher?«
»Ja, von ihm.«
»Dann kennst du ihn?«
»Hast du ihn nicht auch gekannt? Er ist derjenige, der das Kreuz leitet, der es schützt.«
»Und wer verbirgt sich dahinter? Wer ist der Seher, Hector? Du weißt es doch.«
»Jetzt weiß ich es, jetzt. Als ich
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