0418 - Das Richtschwert der Templer
gemacht. Seiner Ansicht nach hatte Jorge es phantastisch gelöst. Den Raum unter der Kirche hatte Samaran nur durch einen Zufall entdeckt. Er wäre schon fast an ihm vorbeigelaufen, denn der kleine Eingang war kaum heller als die Wand.
Irgendwann wurde Samaran unruhig. Es war ungewöhnlich, daß Jorge so lange wegblieb. Und daß er seinen Chef vielleicht betrügen würde, daran wollte Samaran nicht glauben.
Er mußte selbst nachsehen, doch er zuckte in seinem Versteck zurück, als er Stimmen hörte, Licht in den normalen Gang fiel und er die hastigen Schritte vernahm.
Zwei Männer kamen, aber Jorge war nicht dabei. Dafür hatte es dieser verdammte Sinclair geschafft.
Samaran zog sich in die dunkelste Ecke seines Verstecks zurück.
Hätte er einen Spiegel besessen und ihn vor sein Gesicht gehalten, hätte er sich über sich selbst erschreckt. Er war bleich vor Wut und Ärger geworden.
Sinclair ist frei!
Diese Tatsache machte ihn innerlich fertig. Alles war umsonst gewesen, seine Anstrengungen, sein Plan, das Suchen des Killers.
Dieser Hundesohn von Geisterjäger hatte es geschafft.
Aber wie?
Natürlich durch seinen Freund, diesen Chinesen. Ihn hatte Samaran zuvor nicht gesehen. Demnach mußte der Chinese noch einen anderen Weg gefunden haben.
Samaran kochte innerlich. Seine großen Pläne standenzwar noch, aber die Schwierigkeiten waren gewachsen. Zum Glück gingen die beiden an seinem Versteck vorbei, und der Mann wartete so lange, bis er die Stimmen und Schritte nicht mehr hörte.
Erst dann verließ er die Nische. Sehr auf Vorsicht bedacht, bewegte er sich weiter. Nein, ein zweitesmal ließ er sich nicht überlisten. Er würde es jetzt selbst in die Hand nehmen und den verfluchten Geisterjäger zur Hölle schicken.
Die Waffen dazu besaß er.
Samaran lief in die Richtung, in die er Jorge zuvor geschickt hatte. Das Gitter war sein Ziel. Wahrscheinlich würden sich die beiden in die Gruft verziehen, denn sie wollten sich schließlich das goldene Richtschwert der Templer holen.
Eine faszinierende Waffe. Die beiden würden für nichts anderes mehr Augen haben.
Aber er hatte Augen und zwei besondere Grüße, die jetzt noch seine Taschen ausbeulten.
Handgranaten!
***
Es war furchtbar und gleichzeitig wunderschön sowie faszinierend.
Mir eröffneten sich magische Welten. Sie gestatteten mir einen weiten und tiefen Einblick.
Zwei unterschiedliche Systeme hatten eine Verbindung geschaffen und das Trennende der Zeiten aufgehoben. Der Brückenschlag war entstanden, und er holte etwas aus den Tiefen der Vergangenheit hervor, um es mir zu zeigen.
Ein Gesicht.
Hector de Valois!
Ja, ich wußte genau, wen ich da vor mir hatte, denn ich sah ihn nicht zum erstenmal. Schon einmal war er mir begegnet. In Diablitas Reich, als ich eine Zeitreise hinter mich gebracht hatte. Es waren das gleiche Gesicht, die gleichen sonnenbraunen Züge mit der gewissen Verwegenheit darin, die einen Kämpfer auszeichnete. Ich sah auch den grauen Knebelbart. Sein Haar, nicht dunkel, aber auch nicht hell, war unter einer Mütze verborgen, und die Augen blickten wissend in die Ferne, wobei sie mich gleichzeitig ansahen.
Ich hielt dem Blick stand. Jeder versuchte, aus dem anderen etwas herauszubekommen, und ich mußte ehrlich zugeben, daß mir dieser Mensch nicht unsympathisch war. Schon bei der ersten Begegnung hatte ich ihn nie als einen Feind angesehen, immer als aufrechten Kämpfer, der genau wußte, welchen Weg er zu gehen hatte.
Er ließ sich von niemandem aus der Ruhe bringen.
Er wußte viel, er hatte einiges hinter sich, kannte die Welt und war ein mächtiger Templer-Fürst.
Aber reichten diese Tatsachen aus, um ihn mir sympathisch zu machen? Ich hatte keine Ahnung, spürte jedoch mit sicherem Instinkt, daß da noch etwas anderes war als nur Bewunderung oder Respekt. Je länger ich Hector de Valois betrachtete, um so weniger fremd erschien er mir. Er gehörte zu den Typen, die ich nie im Leben als Feinde einstufen würde.
Manchmal glaubte ich, er wolle mir etwas sagen. Nicht sprechen, das war nicht möglich, sondern auf geistigem Weg. Vielleicht wollte er mich über etwas aufklären, anders konnte ich seinen konzentrierten Blick nicht deuten.
Ich hielt die Verbindung aufrecht. Meine Finger zitterten, und ich wollte mich mit dieser Projektion aus dem Geisterreich unterhalten.
Er zeigte sich mir so, wie ich ihn bei der ersten Begegnung kennengelernt hatte, und nicht als silbernes Skelett, das die Templer ausgegraben hatten,
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