0419 - Der Grusel-Star
herstellen können.
Die Formation der Küste änderte sich. Die Felsen waren nicht mehr so hoch und auch nicht so steil. Sie flachten ab, der Strand wurde breiter, hell schimmerte der Strand im fahlen Sonnenlicht.
Das war etwas für Feriengäste und Touristen. Allerdings tummelten sich keine Badenden in den flachen Ausläufern der Brandung.
Plötzlich hallte der bimmelnde Ton der Schiffsglocke über Deck.
Der Alte hatte sie geschlagen und damit nicht nur Suko und mich alarmiert, auch seinen Sohn. Nikos hetzte auf das Ruderhaus zu und sprach mit seinem Vater. Leider konnten wir die Worte nicht verstehen.
»Ob das Ärger gibt?« murmelte Suko.
»Hört sich fast so an.«
Erfreut war Nikos nicht, als er das Ruderhaus verließ und uns erklärte, daß wir Besuch erhielten.
»Von wem?«
»Wahrscheinlich Typen von der Yacht.«
Ich sprang auf. Mit wenigen Schritten war ich an der Reling und sah sofort das Beiboot, das sich von der Yacht gelöst hatte und über die lange Dünung tanzte. Es war sehr schnell und ritt die Wellen regelrecht ab.
Fünf Männer zählte ich. »Was können die von uns wollen?«
»Ich weiß es nicht!« flüsterte Nikos. »So etwas habe ich noch nie erlebt. Ob das mit dem Toten zusammenhängt?«
»Das glaube ich kaum.«
Auch Suko zog ein besorgtes Gesicht. »Es ist wohl besser, wenn ich mir ein Versteck suche und euch eine gewisse Rückendeckung gebe.«
Dagegen hatte ich nichts. Suko lief geduckt auf das Ruderhaus zu und verschwand in dessen Schatten. Mittlerweile hatte sich das Beiboot der Yacht dem Trawler so weit genähert, daß wir akustisch Kontakt aufnehmen konnten.
Einer hielt eine »Flüstertüte« in der Hand. Seine Stimme klang ungewöhnlich verzerrt. Was er sagte, verstand ich nicht, aber Nikos wurde blaß und klammerte seine Hände um den Handlauf der Reling. »Die… die wollen an Bord.«
»Gibt es für sie einen Grund?«
»Den haben sie nicht genannt.«
»Sind Sie verpflichtet, die Leute an Bord zu nehmen?«
»Eigentlich nicht, es liegt kein Notfall vor.«
»Dann sagen Sie ihnen, daß sie sich zum Teufel scheren sollen!«
»Und wenn sie es nicht tun?«
»Reden Sie schon.« Ich trat zurück und ließ Nikos den Vortritt.
Das Beiboot hatte sich schon auf Rufweite genähert. Der Mann mit der Flüstertüte stand breitbeinig an Deck und hielt sich mit einer Hand an der Reling fest. Er konnte auch sehen, wie Nikos beide Hände hin und herbewegte, als Zeichen, daß er nicht gewillt war, die Leute aufzunehmen.
Der andere hatte verstanden. Das kleinere Boot drehte bei, und ich atmete auf. Aber die Burschen verschwanden nicht. Sie liefen parallel mit uns und hielten auch die Geschwindigkeit bei.
Im Ruderhaus wurde der Alte nervös, und er begann zu schreien, als das andere Boot noch näher herankam und die ersten Jakobsleitern geworfen wurden. Sie waren mit krummen Enterhaken bestückt, die sich an der Reling festklammerten wie Hände aus Stahl.
»Das dürfen Sie nicht!« rief Nikos. »Es verstößt gegen das internationale Seerecht. Das ist Piraterie, verdammt.«
Ich war an die Reling getreten und wollte die Haken lösen, als ich plötzlich zurückzuckte, denn an Bord des anderen Schiffes waren kleine blaue Flämmchen vor den Mündungen der Maschinenpistolen aufgezuckt, die von zwei Männern gehalten wurden.
Die Burschen jagten ihre Garben so dicht über das Deck, daß wir in Deckung tauchten.
Nebeneinander lagen wir auf den Planken. Nikos war vor Angst blaß geworden. »Die wollen uns kapern. Das gibt es doch nicht.«
»Bleiben Sie liegen«, sagte ich und drehte mich auf dem Bauch liegend herum. Ich robbte wieder an meinen alten Standplatz und hörte das dumpfe Geräusch an der Bordwand. Wahrscheinlich hatten sich die beiden Schiffe berührt. Es war nicht einfach, bei einer normalen Dünung und auf offener See anzulegen.
Im Ruderhaus bekam Nikos’ Vater einen Wutanfall nach dem anderen. Von Suko sah ich nichts. Ich drückte mich vorsichtig in die Höhe. Meiner Ansicht nach wurde es Zeit, und ich hatte mich auch nicht getäuscht, denn die ersten beiden Typen kletterten bereits die Leiter hoch. Gedeckt wurden sie von den Kerlen, die ihre Maschinenpistolen hielten und auf das Schiff zielten.
Ich überlegte, ob ich mich mit den Kerlen anlegen sollte. Wären Suko und ich allein gewesen, hätte ich es vielleicht versucht, so aber blieb ich ruhig und sehr wachsam.
Wenig später standen die Männer an Deck. Sie trugen dunkle Kleidung, die zu der Farbe des Schiffes paßte.
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