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0421 - Report eines Neandertaler

Titel: 0421 - Report eines Neandertaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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anderen Menschen mühelos auf Interkosmo zu unterhalten und einfache technische Geräte zu bedienen, Dinge, die man bei einem Neandertaler, der vor über zweihunderttausend Jahren auf der Erde gelebt hatte, für unmöglich gehalten hatte. Das alles gehörte der Vergangenheit an. Tan Dehuter bezweifelte ernsthaft, ob die beste Behandlung je in der Lage sein würde, den verdummenden Einfluss der Strahlung des Todessatelliten rückgängig zu machen.
    Seufzend betätigte der Ara-Mediziner den Türöffner. Summend verschwand die Stahlplatte im Boden. Dehuter trat ein. Vor ihm flimmerte ein energetisches Prallfeld, gegen das auch Zwiebus' große Körperkraft nichts auszurichten vermochte.
    Doch der Neandertaler rührte sich nicht. Seine dichte Körperbehaarung war glatt und glänzte seidig, ein Zeichen dafür, daß der Affenmensch in körperlich guter Verfassung war. Das war auch die einzige Tatsache, die den Ara noch auf Besserung hoffen lies. Eine irreversible Schädigung der Gehirnzellen hätte sich zwangsläufig auf den körperlichen Zustand ausgewirkt.
    Vorsichtshalber aktivierte Tan Dehuter seinen individuellen Prallfeldschirm, bevor er die Tür hinter sich schloss und die Energiesperre ausschaltete.
    Anfangs hatte Lord Zwiebus einige Tobsuchtsanfälle gehabt. Aber wenigstens diese Symptome waren nach den ersten Behandlungstagen abgeklungen.
    Dennoch wollte der Ara nichts riskieren. Gegen die überlegenen Körperkräfte des Neandertalers hätte er sich nur mit einer Waffe wehren können.
    Lächelnd näherte er sich Zwiebus, blieb dicht vor ihm stehen und winkte.
    „Hallo, mein Freund!" flüsterte er. „Ich freue mich, dich zu sehen, Lord Zwiebus."
    Der Neandertaler nahm die Hände, vom Gesicht.
    Er beachtete seinen Besucher jedoch nicht, sondern gähnte nur herzhaft, wobei seine scharfen Eckzähne entblößt wurden. Dir Mundpartie wirkte stark äffisch.
    Tan Dehuter entnahm einem Plastikbeutel einige hartgekochte Hühnereier. Er tat es nur widerwillig, denn alles in ihm sträubte sich, einen Patienten wie ein Tier zu behandeln. Aber Zwiebus' Lieblingsnahrung waren seit seiner Bergung aus dem Versteck im terranischen Tonga-Graben hartgekochte Eier gewesen, und es durfte einfach nichts außer acht gelassen werden, sein Interesse an der Umwelt wieder zu wecken. Der Ara legte die Eier rasch auf den Sessel zwischen Zwiebus' Füße und trat dann schnell zurück.
    Ohne hinzusehen, griff Lord Zwiebus nach den Eiern und stopfte sie sich mitsamt der Schalen in den Mund. Es knirschte einige Male, dann waren sie verschwunden. Zwiebus grunzte befriedigt, das blieb seine ganze Reaktion auf Dehuters Geschenk.
    Verzweifelt starrte der Ara-Mediziner in die Augen des Neandertalers. Sie wichen seinem Blick nicht aus, aber sie blieben stumpf und interesselos.
    Resignierend wandte Dehuter sich ab und verließ das Zimmer. Mit hängenden Schultern ging er durch das Hauptportal der Klinik in den großen Park.
    Innerlich aufgewühlt, schritt er zwischen alten Bäumen dahin, deren Samen vom dritten Planeten der Sonne Sol stammten. Weite Rasenflächen unterbrachen den Baumbestand, und üppig blühendes rosa Schleierkraut eröffnete einen künstlichen Hohlweg. Das Spiel zahlloser Glockenblumenarten begleitete das durchbrechende helle Frühlingsgrün von Zwergnadelhölzern und Farnen. Am Ende des Hohlwegs schien ein elfenbeinfarbener Wasserfall über eine Felswand zu stürzen: blühender Elfenbeinginster in der orangeroten und dunkellilafarbenen Nachbarschaft niedriger Stauden, vom glänzenden rötlichen Braun eines Zwergahorns dekoriert. Im Schattengitterwerk einer Buche ließ Tan Dehuter sich auf einer Steinbank nieder. Vor ihm reckten sich auf einem verwitterten Felsblock die verblühenden Gebilde alter Pflanzen der Nabelwurz empor; sie glichen in Gestalt und Gebärden verblüffend terranischen Ichtyosauriern.
    Allmählich fand der Ara seine Ruhe zurück, wie immer, wenn er sich in den Anblick dieser üppigen Kleinpflanzenwelt versenkte, die deutlicher als alles andere die Kraft zur Wiedergeburt offenbarte.
    Aber nach einiger Zeit kehrten die Gedanken des Mannes wieder zu seinem schwierigsten Fall zurück.
    Er rief sich alle Untersuchungen ins Gedächtnis, die er und seine Mitarbeiter durchgeführt hatten, um die Ursache für Lord Zwiebus' Stupidität zu finden. Die Ergebnisse waren sämtlich negativ gewesen. Zwar registrierten die Enzephalographen eine Abflachung der Gehirnaktionsströme, doch das war eher ein Symptom denn eine Ursache.

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