0421 - Willkommen im Fegefeuer
Fegefeuer entkommen zu sein.
Da irrte ich mich.
Er war plötzlich da, und er nahm keine Rücksicht auf seine Umgebung. Aus dem Schatten zwischen zwei Bäumen löste er sich, sprang mitten auf die Straße und kümmerte sich nicht darum, daß die Fahrer der Autos hart auf die Bremsen treten mußten, die Fahrzeuge sich querstellten und mit jaulenden Reifen gegeneinanderkrachten.
Auch mein Fahrer hatte gebremst. Ich wurde nach vorn geschleudert, der Gurt hielt mich, und ich hörte die schreiende Frage des Drivers.
»Was ist das denn für ein Verrückter?«
»Das ist kein Verrückter, das ist der Tod«, schrie ich zurück und starrte wieder gegen den Flammenwerfer…
***
Carol Maynard hatte es noch einmal versucht und sich gegen Sukos Wunsch aufgelehnt, doch der Inspektor war hart geblieben. »Wir müssen in den Keller«, sagte er.
»Und wenn wir dort nichts finden?«
»Um so besser.«
»Ich weiß nicht…« Sie hob die schmalen Schultern, auf die Suko seine Hände legte.
»Wovor haben Sie Angst, Carol?«
»Soll ich Ihnen das wirklich sagen?«
Der Blick ihrer Augen nahm einen etwas verloren wirkenden Ausdruck an. »Ich habe Angst davor, daß Sie recht behalten, Suko. Daß mit meinem Vater etwas nicht stimmt. Daß er einen anderen Weg gegangen ist. Den gefährlichen Weg, verstehen Sie?«
»Ja.«
»Davor fürchte ich mich. Ich will ihn in guter Erinnerung behalten, trotz dieser Filme. Wenn ich mir vorstelle, daß der schreckliche Streifen in diesem Haus gedreht sein könnte, ich würde verrückt werden. Das könnte ich nicht ertragen.«
»Wissen Sie denn mehr?«
»Je länger ich darüber nachdenke, um so unsicherer werde ich. Es könnte sein, es könnte nicht sein, das ist alles so furchtbar und einfach nicht zu durchschauen.«
»Wir werden den Beweis im Keller finden.«
»Das hoffe ich, obwohl ich mich davor fürchte.«
Die Unterhaltung hatte vor der Kellertür stattgefunden. Es war eine alte Holztür, außen vergammelt, mit Mulden und Löchern, in denen der Dreck saß. Verklebte Spinnweben bildeten eine pilzig aussehende Schicht, und die Klinke hing nach unten.
Suko zog die Tür auf.
Er hatte nichts weiteres erwartet als einen normalen Keller und wurde auch nicht enttäuscht.
Kein Modergeruch strömte den beiden entgegen, sondern normaler Kellergestank, ein bißchen feucht und klamm. Licht gab es auch.
Die Leitung war nur nicht unter Putz gelegt worden. Sie wand sich wie eine schwarze Schlange unter der Decke entlang.
Die Steintreppe war alt und steil. Man mußte achtgeben, um auf den Stufen nicht zu stolpern, deshalb mußten sich beide an dem schmalen Geländer festhalten.
Suko ging vor. Das Mädchen setzte seine Schritte zögernder. Im trüben Gelblicht der Lampe konnte der Chinese die Stufen sehen, und er blieb plötzlich stehen.
»Was haben Sie?« flüsterte Carol.
»Schauen Sie mal.« Suko holte jetzt seine kleine lichtstarke Lampe hervor und leuchtete die entsprechende Stufe an.
»Das ist ein Abdruck.«
»Sehr richtig«, bemerkte der Inspektor.
»Ich weiß nicht, wer ihn hinterlassen hat. Vielleicht mein Vater.«
»Möglich. Mir sieht er allerdings ziemlich frisch aus, fast so wie unsere.«
Carol faßte Suko an. »Könnte das heißen, daß sich außer uns noch jemand im Keller aufhält?«
»Unter Umständen ja.«
»Das wäre doch schlimm.« Sie hatte ihre Stimme zu einem Flüstern gesenkt.
Suko lachte leise. »Wir beide werden uns schon nicht ins Bockshorn jagen lassen. Warten wir zunächst einmal ab.«
Sie gingen weiter und hatten die Treppe rasch hinter sich gelassen. Der Strahl aus der Lampe war noch immer auf den Boden gerichtet, weil Suko die Spuren weiter verfolgen wollte. Sie führten in den Keller hinein und hörten irgendwann auf.
Das war auf einem glatten Steinstück. Es glänzte dunkel und zeigte gleichzeitig ein Spinnennetzmuster aus feinen Rissen.
»Jetzt sind Sie an der Reihe«, sagte Suko, als er stehengeblieben war.
»Wieso?«
»Sie kennen sich hier aus.«
Carol zog die Jacke wieder enger um ihre Schultern und nickte.
»Ja, ich kenne mich aus«, hauchte sie. »Aber ich war lange nicht mehr hier unten. Jedenfalls ist der Keller groß. An einigen Stellen aber niedriger und auch unheimlicher.«
»Wo liegen die Vorratsräume?«
Sie deutete nach rechts.
»Gehen wir dahin«, entschied Suko.
Carol Maynard war so nervös, daß sie Sukos Hand nicht losließ.
Hin und wieder blies sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Suko hatte schon zahlreiche Keller
Weitere Kostenlose Bücher