0421 - Willkommen im Fegefeuer
Chinesen konnte er einfach nicht am Leben lassen.
Suko lag auf dem Bauch. Der Schlag hatte ihn regelrecht demontiert. Nicht einmal ein Zucken rann durch seine Gestalt. Keine Reflexe mehr, die absolute Bewußtlosigkeit.
Und der Killer senkte den rechten Arm. Der Revolverlauf wies auf den regungslosen Körper. Am Abzug lag der Finger, und diesmal konnte Carol nicht eingreifen.
Dann peitschte der Schuß!
***
Carol Maynard schrie auf. Sie rechnete damit, einen Toten zu sehen.
Es war geschossen worden, aber nicht der Killer hatte abgedrückt, sondern ein blonder Mann, der auf der Schwelle des Verlieses stand und in einer Hand eine Pistole hielt.
Die Kugle war in den Arm des Killers gefahren. Der Schlag hatte den Schußarm aus der Richtung gebracht. Der Killer war nicht einmal dazu gekommen, in einem Reflex seinen Zeigefinger zu krümmen. Es war ihm nicht mehr möglich gewesen, und so hatte die Kugel Suko verschont.
Ich stand in der Tür und wollte einzig und allein die Szene zu meinen Gunsten entscheiden. Daß ich den Killer hier im Keller wiedertraf, war eine der großen Überraschungen gewesen, die ich wegstecken mußte.
Mein geweihtes Silbergeschoß hatte ihn nicht erledigt, nur eine Wunde gerissen, wie es auch die anderen Kugeln getan hatten. Er starb nicht. Um ihn für alle Zeiten zu erledigen, hätte ich eine andere Waffe nehmen müssen. Dies war mir ein zu großes Risiko gewesen. In einer Situation wie dieser hatte schnell und effektiv gehandelt werden müssen.
»Weg mit dem Revolver!« flüsterte ich scharf. »Wirf ihn weg, sonst…«
Ich sprach nicht weiter, denn er öffnete seine Faust, die Waffe rutschte hervor. Sie prallte auf die Schachtkante und fiel von dort aus nach links. Wie ein Stein verschwand sie in den Flammen.
Ich nickte. »So ist es gut«, flüsterte ich. »Ja, so ist es wirklich gut, mein Lieber.«
Er sah mich an. In seinem Gesicht regte sich nichts. Vielleicht versuchte er in meinen Augen zu lesen, welche Pläne ich hatte. Das würde er dort nicht erkennen können. Mein Argument hielt ich praktisch mit der linken Hand umklammert.
Es war der silberne Bumerang.
Ich vertraute auf ihn, mit ihm wollte ich den anderen ausschalten und brachte meinen linken Arm nach hinten, um auszuholen. Dabei ließ ich ihn nicht aus den Augen. Dieser Killer war behangen wie ein Arsenal. Der Flammenwerfer, die Handgranaten, die Revolver, das alles gehörte zu seiner furchtbaren Ausrüstung. Wenn ich ihm Zeit ließ, würde er sie einsetzen.
Noch überlegte er.
Mir kam es entgegen.
Dann aber legte er mich rein.
Er griff nicht zu seinen Waffen, sondern trat einen winzigen Schritt zur Seite.
Und damit ins Leere.
Ich war so überrascht, daß ich weder schoß noch den Bumerang schleuderte.
Vor meinen Augen sackte er weg. Ich hörte sein Lachen, das aus der Tiefe des Feuers zu mir hochschallte, und hatte das Gefühl, trotz allem der Verlierer zu sein…
***
Alles durfte ich tun. Nur nicht in Selbstmitleid verfallen. Hier war rasches Handeln gefragt. Ich hatte Suko retten können, dabei wußte ich nicht einmal, ob er noch lebte, aber ich verließ mich auf das, was ich gesehen hatte.
Der Killer hatte ihn erschießen wollen. Wahrscheinlich lag mein Freund in tiefer Bewußtlosigkeit und war relativ sicher.
Anders erging es dem Mädchen.
Es mußte Carol Maynard sein, die auf der Plattform saß, mich mit einem fast irren Blick ansah und nicht wußte, was sie tun sollte.
»Springen Sie!« rief ich.
Sie kam nicht mehr dazu.
Zwei Dinge geschahen gleichzeitig. Aus der Tiefe und umwabert von den Flammen des Fegefeuers tauchten vier Klauen auf.
Zwei schwarze und zwei hellere.
Jetzt war mir alles klar! Ich hatte es nicht nur mit einem Killer zu tun, sondern mit zweien. Beide befanden sich im Feuer, das sie gestählt hatte.
Dagegen konnte ich momentan nichts unternehmen und auch nichts gegen die verdammte Mechanik der Plattform.
Die runde, dicke Scheibe setzte sich in Bewegung. Sie wurde in den Schacht hineingeholt und sank tiefer.
Carol Maynard schrie. Sie saß noch auf dem Boden und schüttelte sich, daß ihre Haare flogen. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt und bewegte sie von einer Seite zur anderen.
»Spring, Mädchen!«
Sie tat so, als hätte sie mich nicht gehört. Die Furcht war einfach zu groß, und sie glitt vor meinen Augen in die Tiefe und damit auch den verdammten Klauen entgegen.
Für mich gab es nur eines zu tun.
Ich mußte springen.
Was dies einbrachte, wußte ich nicht.
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