0421 - Willkommen im Fegefeuer
mir einfach nicht aus dem Kopf. Deshalb fiel es mir schwer, mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Ich machte Fehler, zweimal hätte ich fast ein anderes Fahrzeug gerammt, aber noch stand mir das Glück zur Seite.
Begleitet wurde ich von einem grauen Winterhimmel. Er schuf eine depressive Stimmung, die auch nicht verschwand, als ich die ländlichen Gebiete erreichte.
Auf Anhieb fand ich das Ziel nicht. Ich schaute erst auf die Karte, die im Handschuhfach des Leihwagens lag. Mit diesem Informationsmaterial waren alle Einsatzwagen ausgerüstet.
Das Haus lag tatsächlich ziemlich allein. Der Weg dorthin war die reinste Holperstrecke.
Dann war ich da.
Und ich sah einen zweiten Einsatzwagen. Er stand rechts neben dem Haus, hinter einem Baum. Lange brauchte ich nicht zu raten.
Dieser Wagen konnte nur Suko gehören.
Also war er da.
Ich holte tief Luft und dachte daran, weshalb er sich nicht gemeldet hatte. Da mußte etwas vorgefallen sein, wahrscheinlich aber nicht außerhalb des Hauses, sondern in seinem Innern, das ich unter die Lupe nehmen wollte. Ich stieg sehr vorsichtig aus, tastete noch nach meinen Waffen und drückte erst dann den Wagenschlag ins Schloß.
Es war sehr ruhig. Als ich meinen Blick über die Hausfassade gleiten ließ, wies nichts darauf hin, daß sich irgend etwas verändert hatte. Keine dämonische Spur.
Die Eingangstür war verschlossen. Hier schienen Suko und sein Schützling das Haus nicht betreten zu haben.
Ich fand den Seiteneingang am Anbau. Meine Füße standen im harten Wintergras.
Hier war die Tür offen.
Sie knarrte, als ich sie aufdrückte. Es klang wie das Stöhnen eines Verzweifelten.
Behutsam schob ich mich über die Schwelle. Sofort wehte mir ein merkwürdiger Geruch in die Nase, als hätte jemand Kunststoff verbrannt. Ich durchquerte den Anbau und gelangte in den Haupttrakt. Da war es ebenfalls ruhig. Niemand hielt sich versteckt, aber ich entdeckte die verbrannten Reste der Filmrolle und wußte, daß sich in diesem Raum Menschen aufgehalten hatten.
Wo steckten sie jetzt?
Sehr leise durchsuchte ich die übrigen Räume. Die Waffen hielt ich dabei in der Hand, drückte vorsichtig und behutsam Türen auf, blickte in Zimmer und Nischen hinein, fand altes Gerumpel, moderne Schränke, aber keine Menschen.
Hätte nicht der Wagen vor dem Haus gestanden, wäre ich vielleicht wieder gegangen. So aber blieb ich und dachte daran, daß fast jedes Haus auch einen Keller hat.
Hier war es bestimmt nicht anders.
Zunächst suchte ich den Eingang. Ich fand eine alte Holztür, die verschlossen war.
Vorsichtig zog ich sie auf. Sie gab laute Geräusche von sich. Ich ließ mich davon nicht beirren, behielt die Klinke in der Hand und blickte in den schwach erhellten Keller.
Das trübe Licht lag wie eine glänzende Schicht auf den Stufen. Es wanderte bis zum Ende der Treppe hin und verlor sich schließlich in dem Gang.
Alles sah so normal aus.
War es dies auch?
Ich wollte es nicht so recht glauben…
***
Er hatte die Mündung gegen Sukos Schläfe gedrückt, der Finger lag am Abzug, und Carol wußte, daß dieser im Fegefeuer gestählte Killer keine Gnade kennen würde.
Das Verhältnis zu ihr war ein anderes, den Mann sah er als Rivalen. Deshalb mußte er ihn erledigen.
Carol wuchs über sich selbst hinaus. Eine innere Stimme sagte ihr, daß sie keinen Mord zulassen durfte. Nein, daswäre schlimm gewesen. Sie hätte mit der Last des Gewissens nicht leben können.
Deshalb wehrte sie sich dagegen. Zuerst mit Worten. »Nein, nein! Nur das nicht! Lassen Sie ihn leben, verdammt! Schießen Sie nicht! Ich will nicht…«
Ihre Stimme erstickte, denn der Killer kümmerte sich nicht um sie. Carol wußte auch nicht, wieviel Zeit vergangen war. Gefühle für diesen Begriff waren ihr verlorengegangen, aber sie tat etwas, worüber sie sich selbst am meisten wunderte, sie sprang über ihren eigenen Schatten.
Plötzlich hielt sie das Waffengelenk des Mannes mit beiden Händen umklammert. Und sie warf sich dabei zurück, ohne den Arm des Killers loszulassen.
Dabei schrie sie, um sich selbst Luft zu machen.
Der Killer hatte sich das sogar gefallen lassen. Vielleicht war er zu irritiert, jedenfalls tötete er das Mädchen nicht. Er riß nur seinen Arm zurück und richtete die Mündung des Revolvers auf das Mädchen.
Carol stand mit dem Rücken dicht vor der Wand. Sie schüttelte den Kopf, um ihre Worte zu unterstreichen. »Nein, bitte!« flüsterte sie. »Ich… ich flehe dich an. Nur nicht so
Weitere Kostenlose Bücher