0426 - Tod im Alligator-Sumpf
»Du siehst nicht aus wie jemand, der schwer arbeitet, aber auch nicht wie ein Schwerverbrecher, und daß du ein stinkreicher Manager auf Abenteuer-Urlaub bist, kaufe ich dir nicht ab. Die haben nämlich immer ihren Psychiater, ihren Leibarzt, ihren Sekretär, ihre Geliebte und ihren Fremdenführer im Gefolge.«
»In dieser Reihenfolge?« grinste Yves. Yvette grinste zurück. »Nicht ganz. Vermutlch steht die Geliebte direkt nach dem Psychiater.«
»Wird richtig sein«, brummte Yves. »Robert Anson Heinlein hat mal geschrieben: Wer einen Psychiater konsuliert, sollte sich auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen.«
»Wer ist Heinlein?«
»Ein leider toter, aber erstklassiger Autor von spannenden Weltraumabenteuern. Er kannte seine Mit-Amerikaner verflixt gut.«
»He, jetzt hast du es fast geschafft, mich abzulenken. Wer und was bist du, Ombre?«
Er zuckte mit den Schultern. »Heute nacht gefielst du mir besser. Da hast du nicht gefragt, sondern geküßt.«
»Das lag an der Beleuchtung«, sagte sie. »Du willst es mir nicht verraten?«
»Es ist besser für uns beide, wenn du wenig weißt. Vielleicht war ich gar nicht hier, Blanchette. Ich war ein Schatten« Er erhob sich.
»Natürlich warst du hier«, sagte sie mit blitzenden Augen. »Männer wie dich vergißt man nicht so schnell. Das Bett ist zerwühlt, das Frühstücksei verputzt…«
»Das«, sagte Yves, »ist wieder einer dieser Irrtümer. Schatten verputzen keine Eier.« Er griff in die Tasche seiner Jacke, zog ein Ei hervor und setzte es in den leeren Eierbecher. »Siehst du? Ich war nicht hier.«
»Hä?« machte sie entgeistert. »Wo -wo kommt denn das her?«
»Vielleicht hast du einen Tag beim Suchen ausgelassen, vielleicht hat eines eurer Hühner sich verzählt oder ’ne Sonderschicht eingelegt, jedenfalls habe ich’s vorhin auf dem Weg zum Baden gefunden. Eigentlich wollte ich es ja klauen. Aber du warst so lieb zu mir, daß ich es dir zum Dank schenke. Außerdem will ich in dieser Gegend nicht als Eierdieb in Verruf kommen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ombre, du bist unmöglch. Vorhin hast du noch bezweifelt, daß wir Hühner hätten…«
Er stand auf, ging um den Tisch herum. »Kopfschütteln macht wirr«, sagte er. »Küssen ist viel schöner.«
Er küßte sie und ging.
Blanchette stand in der Tür der Hütte und sah ihm nach, wie er das entliehene Boot vom kleinen Steg losmachte und den Motor anwarf. Er tuckerte bayouaufwärts davon und winkte ihr noch einmal zu. Sie hatten beide schon gestern abend gewußt, daß es nur eine ganz kurze Episode ohne Ansprüche und Forderungen sein konnte.
Seine Hand glitt zum Amulett vor seiner Brust.
Blanchette hatte wissen wollen, was das für ein auffälliges Schmuckstück war. Sie hatte es bestaunt, und er hatte eine Erklärung gegeben, die nichtssagend war. Irgendwann mitten in der Nacht war das gewesen. Und irgendwie glaubte er in jenem Moment Kontakt zu etwas Leuchtendem gehabt zu haben, aber der Eindruck war ganz schnell wieder vergangen, und er war auch nicht mit einem Gefahrensignal verbunden gewesen.
»Sobald das hier vorbei ist, du komisches Stück Blech«, brummte er vor sich hin, »wirst du eingeschmolzen!«
***
Ein schwarzer Cadillac rollte langsam auf das abgesperrte Ruinenfeld des Truck Stops bei Crowley zu. Der Wagen stoppte, und ein hochgewachsener, dunkel gekleideter Mann mit breiten Schultern und einer Narbe auf der Stirn stieg aus. Aufmerksam sah dieser Mann sich um. Er schien förmlich wie ein Hund zu wittern.
Niemand war hier, um ihn zu beobachten oder mit ihm zu sprechen. Doch er erkannte auch so, was er wissen wollte. Er bewegte die Hände mit befehlenden Gesten, und er lauschte manchmal, als würden Unsichtbare ihm etwas erzählen. Er betrachtete die Reste ausgebrannter Lastzüge, des zerstörten Restaurants und der Tankstelle, sah die Fragmente eines Flugzeuges.
Er nickte.
»Das war dein Werk, Asmodis«, murmelte er.
Dann gab er sich einen Ruck und stieg wieder in den schwarzen Cadillac. Er wendete den Wagen und fuhr auf den Highway zurück.
Er folgte einer Spur, die man ihm gezeigt hatte…
***
»Das ist er«, sagte Nicole Duval und deutete auf das Prachtstück mit der bunten Metallic-Effekt-Lackierung.
Kopfschüttelnd betrachtete Zamorra das hochrädrige Monstrum. »Zwei Fragen«, sagte er. »Wie hast du das geschafft? Und: wolltest du nicht wieder ein Cabrio besorgen?«
Nicole lachte. »Geschafft habe ich es so.« Kurz löste sie den Knoten ihrer
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