0427 - Zurück aus dem Grab
nicht mehr, als ich nach ihm rief. Ich konnte auch keine Schritte mehr hören.«
»Bei diesem Licht haben Sie nichts gesehen?« wunderte sich Zamorra.
»Es gab kein Licht. Das fand ich seltsam. Er ging ins Dunkle und war fort. Und… der Schlüssel war geschmolzen.«
»Davon haben Sie vorhin nichts erzählt«, mokierte Nicole sich.
»Verzeihung.« Laura berichtete von dem eigenartigen Effekt. Zamorra hob die Brauen. »Das stinkt ja doch alles nach Magie, aber wieso kann ich nichts feststellen?« Er berührte das Türschloß mit dem Amulett. Aber es erwärmte sich nicht, vibrierte auch nicht, was beides ein Hinweis auf das Wirken Schwarzer Magie gewesen wäre.
Das einzige, was sichtbar war, waren Metalltropfen, längst erkaltet, auf dem Boden, und ein von einer metallischen Masse verstopftes Zylinderschloß in der Tür, das damit unbrauchbar geworden war.
Zamorra zuckte mit den Schultern.
»Nichts zu machen«, gestand er. »Es ist gerade so, als wäre das Amulett von Leonardo abgeschaltet worden…«
***
Aber dazu war Leonardo deMontagne, der Fürst der Finsternis, zur Zeit überhaupt nicht in der Lage.
Er war in die Tiefen der Hölle zurückgekehrt, in seine privaten Gemächer, die niemand außer ihm selbst betreten durfte. Wer auch immer versuchte, unbefugt in dieses Refugium einzudringen, würde unerbittlich und unverzüglich in die Tiefen des Abyssos geschleudert werden.
Der Fürst der Finsternis fieberte.
Er war nur noch ein Schatten seiner selbst. Der Kontakt mit dem FLAMMENSCHWERT hatte ihm böse zugesetzt. Zu spät hatte er die tödliche Gefahr erkannt, die sich ihm näherte.
Als er Ombre gestellt hatte und Zamorra und seine Gefährtin Nicole hinzukamen, hatte er geglaubt, leichtes Spiel zu haben. Von jener Zeit her, in der er selbst Zamorras Amulett eine Weile in seinem Besitz gehabt hatte, besaß er immer noch die Fähigkeit, es mit einem Gedankenbefehl abzuschalten, es völlig zu neutralisieren. Und dann hatte Zamorra jedesmal seine liebe Not, es wieder halbwegs einsatzbereit zu machen. Leonardo hatte geglaubt, es auch diesmal mit einem kurzen Gedanken abzuschalten. Dann hätte er sich nicht weiter um Zamorra zu kümmern brauchen und in aller Ruhe Ombre töten können.
Bloß war etwas eingetreten, womit er niemals gerechnet hatte.
Das FLAMMENSCHWERT war entstanden.
Er hatte nichts davon gewußt. Er kannte es nicht. Diese Verschmelzung von Nicole Duval mit dem Amulett zu etwas gänzlich anderem, zu einer flammenden Lichtsäule, die eine ultimative Waffe war, der kein Dämon etwas entgegenzusetzen hatte, nicht einmal die legendären Meeghs. Und das FLAMMENSCHWERT war blitzartig entstanden, so schnell, daß er nicht einmal Zeit gehabt hatte, das Amulett mit einem Gedankenbefehl zu blockieren.
Das war sein Pech gewesen.
Sein eigenes Amulett hatte noch versucht, ihn zu schützen, aber es war natürlich viel schwächer als das Zamorras. Er hatte es gerade noch geschafft, den Rückzug in die Hölle einzuleiten, die Flucht. Dann hatte das rasende FLAMMENSCHWERT ihn erreicht und hätte ihn vernichtet, wäre er auch nur noch eine Zehntelsekunde länger in der Welt der Menschen geblieben.
Um Haaresbreite war er der Vernichtung entkommen.
Jetzt, da er wie sein eigener Schatten auf seinem Lager keuchte, fragte er sich, weshalb Zamorra diese furchtbare, dämonenvernichtende Waffe nicht schon früher eingesetzt hatte. Er ahnte nicht, daß das FLAMMENSCHWERT, diese Verschmelzung, sich nicht bewußt steuern ließ, sondern eher zufällig entstand. Wer sich in einer Auseinandersetzung mit den Mächten der Finsternis darauf verließ, der war buchstäblich verlassen. Weder Zamorra noch Nicole hatten bisher herausfinden können, was das Entstehen des FLAMMENSCHWERTES auslöste. Ebenso, wie Nicole sich später nicht an die einzelnen Vorgänge erinnern konnte, ließ sich das FLAMMENSCHWERT nicht gewollt hervorrufen. Es war und blieb ein seltenes Glücksspiel.
In diesem Fall hatte es mit elementarer Wucht zugeschlagen.
Leonardo deMontagne fieberte. Sein Körper war teilweise durchsichtig geworden; er war schwach und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Deswegen hatte er sich auf sein Lager geworfen. Alles flimmerte und flirrte; Fieberfantasien erschütterten ihn immer wieder. In diesem Zustand konnte er unmöglich auf seinem Knochenthron sitzen und als Fürst der Finsternis regieren. Man würde ihn auslachen. Und er hoffte, daß er rasch genug wieder auf die Beine kam und erstarkte, ehe die anderen Dämonen
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