0427 - Zurück aus dem Grab
Deputy Wright nun denken? Er hatte sie doch ohnehin in dem unseligen Verdacht, an dem Geschehen aktiv mitgewirkt zu haben, und wenn sie jetzt mit einem seiner Polizisten zum Eagle Crest hinaus gefahren war und ohne den zurückkehrte, hieß das im Klartext doch, daß sie ihn umgebracht hatte…
Zamorra zuckte mit den Schultern.
Er setzte sich in Bewegung und ging zu dem Friedhof hinüber. Am Tor blieb er stehen und sah sich erst einmal um. Das Gras war überall niedergetreten, und es war nicht zu erkennen, daß eine der Grabstellen besonders bevorzugt worden war. Hügel waren nicht zu erkennen; die Gedenksteine standen nur wahllos verteilt, und es war anzunehmen, daß überall vor einem Stein sich ein Grab befand.
Viele Leute des Palance-Clans waren hier nicht bestattet worden, von dem Laura Edwards berichtet hatte, nachdem Zamorra aus dem leeren Haus zurückgekommen war. Oder man hatte in einem Grab gleich mehrere Familienangehörige bestattet. Auch möglich war, daß nur die direkten Erben des Anwesens hier beigesetzt worden waren und sich alle anderen auf dem normalen Dorffriedhof befanden…
Wie auch immer - es war für ihn uninteressant. In interessierte nur, wieso auf diesem Friedhof Menschen innerhalb weniger Sekunden verschwinden konnten, wie es mit Sheriff Spices geschehen war.
Zamorra betrat den kleinen Totenacker.
Er war unsicher. Er mußte immerhin damit rechnen, daß auch er einfach verschwand. Andererseits würde ihn das Amulett vielleicht davor schützen, auch wenn es im Haus keine Magie angezeigt hatte — vielleicht hatte sich die Kraft aber auch schon wieder zurückgezogen. Immerhin war nicht die Rede davon gewesen, daß bei der Untersuchung des Grundstückes am Vormittag weitere Menschen verschwunden waren.
Langsam ging Zamorra weiter. Er trat von einem Grab zum anderen. Aber das Amulett zeigte auch jetzt keine Reaktion.
Auch nicht an jenem, um das herum sich die meisten Spuren fanden und wo das Gras am stärksten niedergetreten war.
Zamorra seufzte und kehrte wieder um. »Außer Spesen nichts gewesen«, murmelte er. Aus allen Beobachtungen heraus war es absulut sicher, daß hier Magie gewirkt hatte. Aber solange er nicht den geringsten Hinweis fand, wo und wie er einhaken konnte, war nichts zu machen.
Als er den Friedhof gerade wieder verlassen wollte, sah er einen schwarzweiß lackierten Polizeiwagen über die Allee auf das Haus zu fahren. Und er sah draußen am Tor eine dunkel gekleidete Frau mit braunem Haar. Mehr konnte er von ihr nicht erkennen, denn als er sie sah, trat sie gerade hinter den Sichtschutz eines Torpfostens zurück. Aber im gleichen Moment fühlte Zamorra, wie das Amulett aktiv wurde.
Es zeigte einen starken Impuls Schwarzer Magie an.
Und der kam von jener ominösen Grabstätte, an der zwei Menschen verschwunden waren…
***
Zamorra zögerte ein paar Sekunden. Einerseits interessierte ihn, was die Polizei hier wollte und wer sie herbeigerufen hatte, zum anderen aber war es wichtig, herauszufinden, was es mit dieser Schwarzen Magie auf sich hatte.
Jetzt, wo es endlich den Hauch eines Hinweises gab, ein deutliches Zeichen…
Aber er zögerte ein paar Sekunden zu lange.
Als er sich umwandte, verlosch die Quelle der Magie bereits wieder, ohne daß er sie eindeutig hatte anpeilen und identifizieren können — er konnte zwar annehmen, daß sie sich in der Grabstätte befand, aber der endgültige Beweis fehlte ihm. Und gleichzeitig hatten die Insassen des Polizeiwagens ihn bemerkt. Der Wagen stoppte, die Beifahrertür flog auf. »He, Mann!« rief der aussteigende Beamte. »Sie da — kommen Sie mal her!«
Von Höflichkeit hat der auch noch nie was gehört, dachte Zamorra, über den Tonfall der Anweisung verärgert. Über die Distanz von ein paar Dutzend Metern grinste er den Beamten finster an. »Der Weg von mir zu Ihnen ist nicht weiter als der von Ihnen zu mir. Also bitte, Mister Polizist…«
Der dachte gar nicht daran, die Retourkutsche zu akzeptieren. Plötzlich hielt er seine Dienstwaffe in der Faust.
»Hände im Nacken falten und herkommen, aber vorsichtig!« brüllte er, die Waffe im Combatanschlag.
Zamorras Grinsen schwand wie weggefegt aus seinem Gesicht. Himmel, dachte er, was ist denn in den Knaben gefahren? Und wie der aussieht, ballert er auch gleich los…
Wieder einmal wurde ihm klar, sich in Amerika zu befinden, wo alles ein wenig anders ablief als daheim in Europa. In einem Land, in welchem bereits jeder Sechzehnjährige nicht nur einen
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