0428 - Jiri, der Flammenteufel
Kopfsteinpflaster hatte sich Feuchtigkeit abgesetzt. Hätte ich nicht die Fackel an mich genommen, wären wir durch eine wattige Finsternis gestolpert. So aber konnte ich wenigstens etwas erkennen.
Das Licht strich an den Hauswänden entlang und schuf dort tanzende Muster. Manchmal glitt er in die nischenartigen Fensterhöhlen hinein oder warf einen Reflex über die Scheiben.
Wo die Gasse genau endete, war nicht zu Sehen. Jedenfalls blieb Sami stehen und deutete nach rechts.
»Was ist los?«
»Hier habe ich einen gesehen!«
»Wen denn?«
»Er hatte eine…« Ihm fiel das Wort nicht ein, und er zeichnete ein Schwert in die Luft.
Ich nickte. »All right, wo ist er hingegangen?«
»Das weiß ich nicht, aber er verschwand plötzlich.«
Verdammt, das sah nicht gut aus. Um uns herum war es still geworden.
Die übrigen Bewohner hielten sich zurück. Die Angst hatte sie ins Freie getrieben, dort waren sie sicherer.
Ich hörte etwas anderes.
Es war das Knarren einer Tür.
Nicht weit entfernt, genau vor mir. Mit der Fackel in der Hand lief ich hin.
Der Schein fiel über die schmalen Stufen einer geländerlosen Treppe, die auf eine Haustür zuführte.
Zur Hälfte stand sie offen!
Hatte sie geknarrt? Ich zog sie weiter auf, leuchtete in einen schmalen Flur, sah nur das Spiel aus Licht und Schatten, aber keinen Zombie.
Sami war mir gefolgt.
»Bleib du mal zurück!« flüsterte ich. »Das kann gefährlich werden.«
»Sind sie denn im Haus?«
Ich wollte eine Antwort geben. Sie wurde mir abgenommen, denn aus der oberen Etage hörte ich ein verzweifelt klingendes Wimmern.
»Das ist unter dem Dach!« rief Sami.
Ich war bereits an der Treppe…
***
Suko hatte den Flammenmann reingelegt. Wie hätte Jiri wissen sollen, welch eine Macht dieser so harmlos aussehende Stab barg? Buddha hatte ihn besessen und einen würdigen Nachfolger gesucht.
Die Wahl war auf Suko gefallen, dem man in einem tibetanischen Kloster ein geheimnisvolles Zauberwort mitgeteilt hatte.
Eben Topar!
Wenn er dieses Wort rief, wurde für fünf Sekunden die Zeit angehalten.
Und jeder, der es vernahm, konnte sich innerhalb der Zeitspanne nicht mehr bewegen.
Eine Ausnahme gab es.
Der Träger des Stabs konnte handeln und die Chance für sich ausnutzen.
Er durfte alles tun, nur nicht töten. Das widersprach der Lebenseinstellung des großen Buddha. Hätte Suko einen Gegner in der Zeit umgebracht, so wäre die Macht des Stabs damit vergangen.
Fünf Sekunden waren wenig, wenn man eine richtige Entscheidung treffen mußte. Sie konnten aber auch lang sein, wie Suko in diesem Fall empfand, denn er stand seinem Feind direkt gegenüber.
Das nutzte er aus.
Sehr schnell bewegte er sich, so daß er in dessen Rücken gelang.
Zudem zog er dabei seine Dämonenpeitsche, schlug einmal einen Kreis über den Boden, so daß die drei Riemen herausrutschen konnten.
Er stand schon im Rücken des Flammenmannes, faßte die Riemen mit der Linken und drehte sie zusammen. So hatte er die Kraft dieser Waffe konzentriert.
Mit der rechten Hand hielt Suko den Griff fest. Er streckte seine Arme aus und schwang die drei Riemen über den Kopf des Feuermenschen hinweg. Selbst die Flammen schienen erstarrt zu sein, sie zuckten nämlich kaum noch.
Die drei Riemen der Dämonenpeitsche befanden sich dicht vor Jiris Kehle. Das genau hatte Suko gewollt. Er wußte auch über das Risiko Bescheid, es war ihm nur keine andere Möglichkeit geblieben.
Er hatte schnell, sicher und zielstrebig gehandelt.
Und die Zeit war um.
Der Flammenmann bewegte sich wieder. Wahrscheinlich suchte er seinen Gegner, doch der stand hinter ihm und handelte sofort.
Blitzschnell zog er die drei Riemen zu sich heran und preßte sie gegen Jiris Hals.
Das genau war es.
Er mußte diesen Flammenmenschen überraschen, und zwar so überraschen, daß dieser nicht mehr in der Lage war, sein vernichtendes Feuer zu produzieren.
Suko vertraute voll und ganz auf die Kraft der Dämonenpeitsche. Bisher hatte sie ihn noch nie im Stich gelassen, und als die Schnüre der Dämonenpeitsche eine Schlinge bildeten, zog der Chinese sie sofort zusammen. Sie waren so lang, daß er sie praktisch im Nacken verknoten konnte.
Jiri kippte!
Suko hörte ein Röcheln, rechnete noch immer damit, von einem vernichtenden Feuersturm gepackt zu werden, aber in das Röcheln des Flammenmannes klang ein anderes Geräusch.
Ein helles Zischen!
Suko sah den Rauch, er nahm auch den ätzenden Geruch wahr, als Fleisch verbrannte. Jiri
Weitere Kostenlose Bücher