0431 - Kathedrale der Angst
Information stammte aus dem Archiv der Pariser Sorbonne, Abteilung Völkerkunde und Archäologie sowie Mythenforschung. Das Alter der Information war mit exakt fünfzig Jahren angegeben.
DIESER ORT IST GEFÄHRLICH Das las ich in der nachfolgenden Notiz.
Die Spur führte in den Süden Frankreichs, in die Gegend südöstlich von Toulouse. Und der gefährliche Ort sollte eine Kathedrale sein in der Nähe von Alet-les-Bains. Ich hatte den Namen der Stadt noch nie gehört, auch Suko nicht, der mich bat, weiterzulesen.
Die Information stammte von einem Mann, der, falls er noch lebte, alt sein mußte.
Pierre Virni.
Er hatte vor fünfzig Jahren einen Brief an seinen Professor geschrieben und dem Mann kurz mitgeteilt, daß er die Kathedrale der Angst gefunden hatte, aber nicht mehr nach Paris zurückkehren würde. Über die Gründe war nichts bekannt.
Suko schaute mich an. »Ist das die Spur?«
Ich ließ das Blatt sinken. »Es kommt mir so vor.«
»Hast du Gründe?«
»Erstens mein Gefühl, zweitens Südfrankreich. Hector de Valois war Franzose. Es verdichtet sich immer mehr, die Spuren führen in diese Richtung. Dort müssen die Templer gelebt und ihre Zeichen hinterlassen haben.«
»Dann fahren wir hin.«
Ich zog die Stirn kraus. »Wir?«
Suko lachte gallig. »Das hört sich an, als wolltest du wieder einmal allein los.«
»Das hatte ich auch vor.«
»Kannst du mir den Grund nennen?«
Ich nickte. »Jane Collins. Einer von uns muß in London bleiben, falls es eine Spur von ihr gibt.«
»Aber, John, das ist doch Unsinn. Wir können Bill Conolly Bescheid sagen, Sir James weiß ebenfalls…«
»Du sitzt aber an der Quelle. Im Gegensatz zu Bill. Von hier aus kannst du einiges in Bewegung setzen, da dir ein gewaltiger Apparat zur Verfügung steht.«
»Ich weiß nicht, John.« Suko stand heftig auf. »Manchmal habe ich das Gefühl, als hättest du etwas gegen mich. Dir scheint die Sache mit Jane Collins und deinen zwei Leben in den Kopf gestiegen zu sein. Tut mir leid, so sehe ich es leider.«
Ich schaute dem Temperamentsausbruch meines Freundes kopfschüttelnd zu. So hatte ich ihn noch nie erlebt, wenigstens nicht mir gegenüber. »Was ist denn los mit dir?«
Er drehte sich um und sah mich starr an. »Was los ist, kann ich dir sagen. Ich habe das Gefühl, immer mehr in den Hintergrund gedrängt zu werden. In der letzten Zeit hast du einige Fälle allein durchgezogen, das gefällt mir nicht.«
»Stimmt, das habe ich. Es lag aber eine Notwendigkeit vor.«
»Jetzt auch?«
»Jetzt erst recht.«
Suko beugte sich vor und stemmte seine Hände auf die Schreibtischplatte. »John, ich will dir ja nicht reinreden, und ich will dich auch nicht wegen Jane Collins kritisieren, aber manchmal habe ich das Gefühl, daß du etwas übertreibst. Jane gehört zwar zu uns, aber nicht mehr so wie früher. Du darfst nicht vergessen, was sie einmal gewesen ist und was sie getan hat. Sie ist freiwillig nach London zurückgekehrt, weil sie in Frisco nicht mehr bleiben wollte. Das kann ich verstehen, London ist ihre Heimat, aber sie hat uns doch erklärt, daß wir nicht auf sie achtgeben sollen. Oder etwa nicht?«
»Doch.«
»Dann verstehe ich deine übermäßige Reaktion nicht. Jane Collins ist für sich selbst verantwortlich. Sie sucht ihren Weg, sie…«
»Man hat sie entführt.«
»Ja, ich weiß.« Suko schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
»Damit hat sie rechnen müssen.«
»Was nicht heißt, daß wir die Hände damit in den Schoß legen sollen.«
»Tun wir das denn?«
»Nein, wir kommen ja nicht an diesen verdammten van Akkeren heran. Nur möchte ich mir keine Vorwürfe machen, sollte uns doch ein kleiner Erfolg beschieden sein.«
»Falls Jane noch lebt, wie auch immer, wird sie doch zu uns zurückkehren«, sagte der Inspektor. »Wir können nur warten. Aber ich will während der Warterei nicht inaktiv sein.«
»Moment, Suko, ich wäre ja auch hiergeblieben. Aber das Siegel der Templer und seine geheimnisvolle Herkunft geht ja mich persönlich etwas an. Es wurde ja praktisch bestätigt, daß ich einmal Richard Löwenherz gewesen bin.«
»Dagegen sage ich auch nichts. Ich finde nur die Art nicht gut, wie du dich anstellst.«
»Hast du Angst um mich?«
»Auch.«
»Das ist nicht nötig. Ich kann auch Bill Conolly mitnehmen, aber tu mir diesen Gefallen und bleibe hier. Suko, ich kann es dir nicht erklären, aber ich habe einfach das Gefühl, daß jemand hier in London bleiben muß, während ich nach
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