0431 - Kathedrale der Angst
Südfrankreich fahre.«
»Was sagt dir dein Gefühl noch?«
»Daß etwas passieren wird!«
»Hast du konkrete Vorstellungen?«
»Leider nicht.«
»Dann ist das eine schwache Theorie.«
»Weiß ich selbst. Andererseits haben wir beide eine Menge auf unser feeling gegeben. Ich verstehe, daß du sauer bist, aber gib mir einmal noch die Chance.«
Suko ging ans Fenster. Ich wußte ja, daß ich ihm unrecht tat, aber dieses nicht erklärbare Gefühl in meinem Innern war tatsächlich vorhanden. Hoffentlich ließ sich Suko davon überzeugen.
Er starrte durch die Scheibe. In ihm mußte es arbeiten. Hart hörte ich ihn atmen, als er sich umdrehte, den Arm ausstreckte, und mit dem Zeigefinger auf mich zeigte. »Abgemacht, John, ich gebe noch einmal um des lieben Friedens willen nach und bleibe hier. Aber in Zukunft komm mir bitte nicht mehr auf diese kalte Tour.«
»Das verspreche ich. Ich würde mich auch freuen, wenn ich unrecht hätte und du mich zur Schnecke machen kannst, aber meiner Ansicht nach wird sich bald etwas tun, das unmittelbar mit Jane Collins zusammenhängt.«
Suko nahm wieder Platz. Er lächelte sogar. »Du kannst dich freuen, daß ich ein so gutmütiger Trottel bin, Alter. Ich werde also hier in London die Stellung halten. Hast du sonst noch irgendwelche Anhaltspunkte, die du mir geben kannst?«
»Keine.«
»Dann wünsche ich dir eine gute Reise.«
Glenda kam. Sie blieb kopfschüttelnd auf der Türschwelle stehen. »Was war denn hier los?« fragte sie.
Ich winkte ab. »Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
»Die hat sich aber verflixt laut angehört.«
»Tja, meine Liebe. So ist das nun mal unter Freunden und Kollegen.«
»Man kann auch etwas anderes sagen.«
»Und was?« fragte Suko.
»Pack schlägt sich - Pack verträgt sich.«
»Und du schäm dich«, fügte ich hinzu.
***
Mit seiner letzten Bemerkung hatte Abbé Bloch genau ins Schwarze getroffen. Er sah es seinem Gegenüber an, der wie erstarrt auf dem Stuhl hockte, bleich geworden war und ins Leere schaute.
Der Abbé schenkte ihm Wein nach. »Sie sollten jetzt einen Schluck trinken, Monsieur, das reinigt die Kehle.«
Virni schüttelte den Kopf. »Wer sind Sie wirklich?«
»Ich habe Sie nicht angelogen. Ich bin tatsächlich Abbé Bloch.«
Virnis Blick saugte sich am Gesicht des anderen fest, als wollte er genau prüfen, ob der andere ihn reinlegte. »Sie wissen mehr, als Sie zugegeben haben.«
»Vielleicht.«
»Dann raus mit der Sprache.« Pierres Gesicht war verzerrt. Er hatte die Rechte zur Faust geballt, saß plötzlich wie auf dem Sprung, als wollte er dem Abbé an die Kehle fahren.
»Bitte, beruhigen Sie sich«, sagte Bloch. »Wir wollen vernünftig miteinander reden.«
»Das verlange ich auch.« Der Abbé breitete die Arme aus. »Gehen wir einmal davon aus, daß nicht ich die tragende Säule bin, sondern Sie.«
»Wie käme ich dazu?«
»Können Sie sich vorstellen, daß ich Ihretwegen in Alet-les-Bains bin, Monsieur Virni?«
»Nein.«
»Es stimmt aber. Und Sie haben gerade gelogen, als Sie mit einem Nein antworteten. Sie wissen sehr wohl, daß ich einen Grund gehabt haben könnte. Nur liegt dieser Grund, von dem ich spreche, fünfzig Jahre zurück. Klar?«
»Das ist eine lange Zeit.« Der Abbé nickte. »Da kann ich nicht widersprechen. Man kann vieles vergessen. Die meisten Menschen wollen auch an gewisse Dinge nicht mehr erinnert werden, aber wer so etwas Entscheidendes erlebte wie Sie, Monsieur, der wird dieses Erlebnis bis zu seinem Tod nicht vergessen, das können Sie mir glauben.«
»Von welch einem Erlebnis sprechen Sie überhaupt?« fragte der Gastwirt leise.
»Ich gebe Ihnen ein zweites Stichwort. Kathedrale der Angst!«
Die Faust des Wirtes blieb geschlossen. Auf der Stirn bildete sich ein leichter Schweißfilm. Es arbeitete in dem Mann. Vermutungen, Gedanken bildeten einen Wirbel und überschatteten das klare, logische Denken.
»Nun?« fragte der Abbé.
Virni erhob sich. Er streckte seinen rechten Arm aus und wies zur Tür. »Gehen Sie«, sagte er flüsternd.
»Dort ist die Tür. Sie sollen verschwinden. Und nehmen Sie Ihre Männer mit. Die haben hier nichts mehr zu suchen. Klar?«
Bloch rührte sich nicht. »Ich habe verstanden, Monsieur, aber ich werde nicht verschwinden.«
»Dann werfe ich Sie hinaus.« Das Lächeln des Abbés war als milde zu bezeichnen, es regte den anderen Mann jedoch auf. »Verspotten kann ich mich alleine. Ich gebe Ihnen nicht mehr viel Zeit.«
»Sie machen einen
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