0436 - Sie müssen sterben, Mr. High!
er ihn dem Kellner extra ausgezogen hat. Und der Bewachungsgruppe ist nichts aufgefallen?«
»Die Jungs schwören Stein und Bein, daß kein Mensch aus dem Hotel herausgekommen ist. Aber inzwischen haben sie einen offenstehenden Zugang zum Dach gefunden. Und über die Dächer könnte Fountain verschwunden sein.«
»Sehr intelligent!« knurrte ich. »Ich habe schon beim ersten Lehrgang in Quantico gelernt, daß die Ausgänge eines Hauses nicht nur in seinen Türen bestehen. Na ja, jetzt ist es zu spät. Jetzt können wir Esel vom Außendienst versuchen, Fountain wiederzufinden! Aber heute nacht unternehme ich nichts mehr. Wofür gibt es Nachtbereitschaften? Ab morgen früh bin ich wieder zu sprechen.«
»Dann gute Nacht.«
»Gleichfalls«, brummte ich und legte den Hörer zurück.
Das hatte uns gerade noch gefehlt. Fountain verschwunden! Erst Blick Huller ermordet, dann Acky Lewis, schließlich Coop Gaier verschwunden und nun auch noch Fountain. Ein reizender Fall, wirklich.
Ich beugte mich vor und suchte die richtige Spur, um mich für die Brückenauffahrt einzuordnen, die mich hinüber nach Manhattan bringen sollte.
Ich hatte gerade die Brücke überquert und rollte in Manhattan ein, als sich die Funkleitstelle schon wieder meldete. Mürrisch nahm ich den Hörer ans Ohr und brummte meinen Namen.
»So leid es mir tut, Jerry«, sagte der Kollege am anderen Ende, »aber aus deiner Absicht, zu Bett zu gehen, wird wohl nichts werden.«
»Was ist denn nun schon wieder? Habt ihr eine Spur von Fountain gefunden?«
»Nein. Es handelt sich um einen gewissen Forth, William Fortb, oder genauer gesagt, um seine Tochter Ann. Sagt dir der Name etwas?«
»Sicher. Ich habe mit dem Mädchen gesprochen. Warum?«
»Sie ist verschwunden. Ihr Vater ist vor ein paar Minuten bei uns eingetrudelt. Er stinkt meilenweit nach Fusel, aber er macht nicht den Eindruck, betrunken zu sein. Vielleicht hat ihn der Schock ernüchtert. Er brachte nämlich einen Brief seiner Tochter mit. Allem Anschein nach hat sie den Mörder von Blick Huller gefunden.«
»Was?«
»Ja, und — — warte mal, Jerry. Bleib in der Leitung!«
Entfernt hörte ich undeutliche Stimmen in det- Funkleitstelle, konnte sie aber nicht verstehen. Dafür drang schon nach wenigen Sekunden die Stimme unseres Einsatzleiters an mein Ohr. Und diese Stimme war aufgeregt, das konnte man schon nach den ersten zwei, drei Wörtern heraushören.
»Hallo, Jerry! Wo sind Sie jetzt?«
»Manhattan, nicht weit von der Queens-Brücke.«
»Schalten Sie Rotlicht und Sirene ein! Holen Sie alles aus dem Wagen ‘raus, was Sie nur können.«
Mechanisch machte ich die nötigen Handgriffe, fragte aber dabei:
»Um was geht es?«
»Auf Pier fünfzehn am East River ist vor ungefähr zehn Minuten eine Bombe explodiert. Ein Büroschuppen ist wie weggeblasen, zwei Kräne wurden abgeknickt wie Streichhölzer, ein Hafenschlepper wurde so demoliert, daß er sinkt oder schon gesunken ist, und irgendein Stapel von Fässern brennt trotz des Regens lichterloh.«
»Was zum Teufel«, knurrte ich ärgerlich, »haben wir vom FBI damit zu tun? Wofür gibt es die Flußpolizei, die Hafenbehörden, die Küstenwachen, die Transit Police und die Stadtpolizei? Müssen wir denn unbedingt in jedem Topf mitkochen?«
»Zwei Wagen mit G-men sind schon unterwegs. Der erste Feuerlöschzug dürfte bereits dort sein.«
»Alles schön und gut«, fiel ich dem Kinsatzleiter ins Wort. »Aber wenn ich schon zwanzig Stunden Dienst machen voll, dann möchte ich wenigstens wissen, wieso wir für eine Explosion auf einem lausigen Pier zuständig sind.«
»Mister High muß auf dem Pier gewesen sein, als die Bombe in die Luft ging!«
»Was?« Mir blieb die Luft weg.
»Er hat schriftlich hinterlassen, daß er sich heute nacht auf Pier fünfzehn am East River aufhalten wird, Jerry! Die näheren Umstände kann ich Ihnen jetzt nicht —«
Ich fiel ihm noch einmal ins Wort: »Das brauchen Sie jetzt auch nicht.« Und dann tat ich drei Dinge gleichzeitig: Ich warf den Hörer zurück in die Aufhängung, ich gab Phil mit dem Ellenbogen einen tüchtigen Stoß, und ich trat das Gaspedal im Jaguar durch bis um Anschlag.
ENDE des ersten Teils
[1] Siehe Jerry Cotton Nr. 409 »Der Tod im roten Jaguar«
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