0438 - Der Drachenturm
Ereignisse in Erinnerung zurück rief. Sollte Merlins Stern jetzt abermals das Hasenpanier ergriffen haben?
Auf jeden Fall besaß er es nicht mehr!
Es spendete ihm kein Licht mehr, es war fort. Unwillkürlich tastete er nach seiner Brust, vor der es am silbernen Halskettchen gehangen hatte. Da war nichts mehr.
Die Kette auch nicht.
Die war zerrissen.
In einer Hinsicht war Zamorra erleichtert - es hatte ihm diesmal nicht den Dienst verweigert, war nicht geflohen. Denn dann hätte es sich einfach so von dem Kettenverschluß gelöst.
Aber andererseits bedeutete das Zerreißen der Kette, daß ihm das Amulett mit Gewalt abgenommen worden war!
Der Riese, der Zamorra niedergeschlagen hatte, hatte ihm das Amulett einfach abgerissen. Aber weshalb?
Alles andere - war vorhanden. Nichts fehlte, auch nicht die teure Armbanduhr mit dem noch teureren handgearbeiteten Armband, das silbern und mit Türkis- und Korallensplittern besetzt war; eine Navajo-Arbeit, die Zamorra einmal aus den USA mitgebracht hatte.
Das mußte ein gezielter Diebstahl gewesen sein!
Von einem Riesen, der nicht mit Schwarzer Magie hierher gekommen war. Denn das Amulett hatte nicht gewarnt… und es gab auch außer einer Zeitreise in die Vergangenheit keine Möglichkeit, die weißmagische Abschirmung des Châteaus zu durchdringen!
Zamorra begriff, daß er zu leichtsinnig gewesen war. Allein die Tatsache, daß ein Fremder unbemerkt eingedrungen war, hätte ihm klar machen müssen, daß er es höchstwahrscheinlich mit einem nichtmagischen Wesen zu tun hatte, vor dem ihm auch das Amulett nicht warnen konnte - und ihn auch nicht schützen! Denn normalen, menschlichen Gegnern gegenüber zeigte Merlins Stern niemals eine Reaktion!
Ein Dämon hätte Zamorra nicht so unbehelligt angreifen und niederschlagen können…
»Abgesehen davon, daß ein Dämon sich die Chance nicht hätte entgehen lassen, mich zu töten«, murmelte er.
Er seufzte. Was sollte er tun? Im Dunkeln vorwärts tappen und versuchen, den fremden diebischen Riesen in seinem Keller zu finden und ihn zur Rede zu stellen?
Aussichtslos.
Er mußte versuchen, den Weg zurück in der Dunkelheit zu finden. Und dann, mit Lampen, zurückkehren und diesen Riesen aufstöbern - falls er sich dann noch hier befand.
Es mußte eine Möglichkeit für ihn geben, unbemerkt hereinzukommen, und auf demselben Weg konnte er wieder verschwinden.
Zamorra seufzte.
Wer war der Riese? Woher kam er? Weshalb hatte er das Amulett gestohlen? War es sein Ziel gewesen?
»Verdammt noch mal, als ob mein Leben nicht schon genügend mit Rätseln gefüllt wäre«, murmelte der Dämonenjäger und machte sich auf die Suche nach dem Rückweg durch die Finsternis.
»Raffael!« rief er. »Wo stecken Sie? Antworten Sie, damit ich eine Orientierungshilfe habe!«
***
Verwirrt sah La-Soor den Zauberer an. »Diese Blumen - ein Weltentor? Ich bin ja bereit, im Umgang mit Zauberern eine Menge zu glauben, aber…«
Gonethos lächelte wieder.
»Nun, Weltentore sehen normalerweise etwas anders aus. Aber dieses hier ist eben von einer ganz besonderen Art. Und es wird dich ans Ziel bringen.«
Der Drachentöter betrachtete die wunderbar aussehenden großen Blüten aufmerksam. Sie dufteten sogar ein wenig, aber nicht der Duft schlug ihn in ihren Bann, sondérn ihre Farbenpracht, die ständig wechselte, sobald er seinen Blickwinkel änderte.
Er konnte es einfach nicht glauben…
»Seid Ihr sicher, daß es sich nicht um fleischfressende Pflanzen handelt, an die Ihr mich unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen verfüttern wollt?«
»Starkes Mißtrauen rettet Leben«, sagte Gonethos. »Aber in diesem Fall ist es nicht angebracht. Diese Pflanzen sind keine Fleischfresser.«
Er ging auf die Blüten zu, baute sich mitten zwischen ihnen auf und berührte die Blätter, griff vorsichtig in die Blüten hinein. Nichts geschah, kein Angriff der Blumen erfolgte.
Aber der Zauberer verschwand auch nicht in eine, andere Welt…
»Euer Weltentor scheint nicht richtig zu funktionieren«, bemerkte der Drachentöter trocken.
Wieder lachte der Zauberer. »Glaubst du, ich würde mir die Blöße geben, dir etwas vorzuführen, was nicht funktioniert? Du mußt dir nur ein Ziel setzen, mußt mit aller Macht daran denken und an nichts anderes. Dann wirst du dich an deinem Ziel wiederfinden. Probier’s aus…«
»Und wie, bei Astaroths Flügeln, soll ich dieses Ziel erreichen, wenn ich nichts darüber weiß? Woran soll ich denken? An eine Welt, von der
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