044 - Der Todesschwarm
tun.“
„Einem Rolls Royce?“ Dr. Foresters Interesse erwachte. „Doch nicht etwa mit demselben, der mich gestern Morgen …?“
„Genau dem!“
Der Arzt setzte sich auf die Couch und zeigte auf einen Ledersessel an der gegenüberliegenden Wand. „Nehmen Sie Platz, Mr. Marvin, und erzählen Sie – ich glaube, Ihre Geschichte interessiert mich doch.“
Ronald setzte sich. Dann berichtete er dem Arzt ausführlich über die Ereignisse, die sich seit der Auffindung der schrecklich entstellten Gloria in Bunslare und später in Wexford zugetragen hatten.
„Ich bin hundertprozentig sicher, dass es sich nur um Ihre Stiefschwester Gloria handeln konnte, der ich vorhin begegnete“, schloss er seine Erzählung.
Dr. Forester, der bis dahin schweigend zugehört hatte, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen, schüttelte nun verständnislos den Kopf.
„Das klingt alles verrückt und ungeheuerlich, Mr. Marvin. Glauben Sie mir: Ohne meine gestrige Begegnung mit dem Rolls Royce würde ich kein weiteres Wort über ihre Geschichte verlieren und Sie statt dessen sofort zu einem Psychiater schicken. Aber so?“ Er stützte sich mit den Händen auf die Couch. „So wie Sie mir Glorias Aussehen schildern, ist es tatsächlich sehr unwahrscheinlich, dass ihr Tod durch eine Virusinfektion hervorgerufen wurde. Menschen, die an dieser Blutkrankheit leiden, verfallen zwar auch binnen Stunden. Aber nicht in solch einem Ausmaß, dass sie – wie Sie sagten – einer Mumie gleichen. Nachdem ich das von Ihnen gehört habe, mache ich mir bittere Vorwürfe. Ich hätte doch alles stehen – und liegenlassen und sofort nach Bunslare fahren sollen, als ich die Todesnachricht erhielt. Aber andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass Dr. Hillary sich irrt. Noch dazu absichtlich, wie Sie glauben. Er ist ein ausgezeichneter Arzt mit ausgeprägter Berufsehre. Ich kenne ihn seit zehn Jahren und kann wirklich nur Gutes über ihn sagen.“ Er blickte Ronald zweifelnd an. „Und dann diese kleinen Vampire … Wirklich, Mr. Marvin, das alles klingt so, als hätten Sie es einem Gruselroman entnommen. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll.“
„Ich sage die Wahrheit, Doktor“, versicherte der Reporter. „Sie müssen mir glauben.“
„Was liegt daran, ob ich Ihnen glaube oder nicht?“
„Mir sehr viel, denn ich kann das Rätsel um all diese mysteriösen Vorgänge nur mit Ihrer Hilfe lösen.“ „Mit meiner Hilfe?“
Ronald nickte. „Wir können den Fall Gloria Barneby nur wieder aufrollen, wenn ein unbestechlicher Arzt bereit ist, sie noch einmal zu untersuchen und zu bestätigen, dass Dr. Hillarys Diagnose falsch ist.“
„Aber das geht nicht mehr – Gloria ist gestern beerdigt worden.“
„Ich weiß, Dr. Forester. Dann muss man sie eben wieder ans Tageslicht bringen.“
„Sie meinen – exhumieren?“
„Ja.“
Der Arzt wiegte den Kopf bedenklich hin und her. „Ich weiß nicht recht, Mr. Marvin. Sollte Dr. Hillarys Diagnose doch stimmen, würde er mir nie verzeihen, dass ich hinter seinem Rücken gehandelt habe. Vielleicht sollte ich vorher mit ihm darüber sprechen.“
„Das nützt nichts. Er würde Sie mit seinen Argumenten letztlich überzeugen. Nein, Dr. Forester – Sie müssen Ihre Schwester selbst sehen und sich ein Bild von ihrem Aussehen machen. Aber gerade das wollte man mit Ihrem gestrigen Unfall ja verhindern.“
„Sie haben recht. Aber um beim zuständigen Gericht eine Exhumierung beantragen zu können, brauchen wir handfeste Beweise dafür, dass ein Verbrechen vorliegt. Die besitzen Sie aber nicht.“
Ronald lächelte hintergründig. „Wer spricht denn von beantragen, Doktor?“
Die beiden Männer blickten sich fest in die Augen.
Plötzlich verstand der Arzt. „Sie meinen – wir sollen meine Schwester heimlich …?“
„Es ist die einzige Möglichkeit.“
„Sie wollen mich auf den Arm nehmen, nicht wahr? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich nachts nach Bunslare fahre und heimlich einen Sarg ausbuddele, Mr. Marvin.“
„Wir müssen, Dr. Forester“, sagte Ronald mit eindringlicher Stimme. „Wir haben keine Zeit, erst Anträge einzureichen und
wochenlang auf einen Bescheid zu warten. Stündlich kann der Mörder wieder zuschlagen, sich ein neues Opfer holen, wenn wir ihm nicht schnellstens das Handwerk legen.“
„Da ist etwas Wahres dran“, stimmte Dr. Forester nachdenklich bei.
„Sie – Sie sind also bereit?“ fragte Ronald voller Hoffnung.
„Langsam, langsam –
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