0440 - Mein Boß saß in der Todeszelle
Zigarette in der Blockhütte geraucht. Der würzige Rauch von Lucky Strike umfing mich. Aber ich brachte es nicht über mich, die Kerle zu bitten, mir -eine Zigarette zwischen die Lippen zu stecken. Außerdem tröstete ich mich mit Phil. Er hatte es ja noch schlimmer.
Nachdem wir Trenton hinter uns hatten, ging Babe plötzlich mit der Geschwindigkeit herunter. »Binde ihm die Augen zu«, wies er den Burschen neben mir an, »es ist nicht nötig, daß er dauernd aus dem Fenster starrt.«
Das schien zum Plan zu gehören, denn mein Nachbar zog ein schwarzes Tuch aus der Rockinnentasche, als ob es zu seinem ständigen Inventar gehörte. Er rückte näher zu mir und band das Tuch so fest, daß ich fürchtete, tagelang Striemen im Gesicht zu haben. Die Nase wurde fast plattgedrückt. Erst durch unentwegtes Spannen der Gesichtsmuskeln gelang es mir, die Binde etwas zu lösen.
Es war ein recht unangenehmes Gefühl, so völlig von der Außenwelt abgeschlossen durch die Gegend spazieren gefahren zu werden. Nach meiner Schätzung dauerte die Fahrt noch mindestens eine Stunde. Die beiden Gangster sprachen kein Wort miteinander. Nur Phils gelegentliches Klopfen unterbrach die Monotonie der Fahrt.
Und dann merkte ich, daß wir in New York waren. Ich merkte es an den verschiedenen Stops vor Ampeln und an den vielen Kurven, die der Wagen nehmen mußte. Vielleicht machte unser Fahrer auch noch ein paar Umwege, um ganz sicher zu sein, daß ich mich nicht orientieren konnte. Allerdings konnte ich mir noch keinen Reim auf den Sinn dieser Manöver machen.
Nachdem ich mehrmals auf dem Rücksitz quer gelegen hatte, weil ich die Kurven ja nicht sehen und meine Hände nicht'zum Abstützen gebrauchen konnte, waren wir am Ziel.
Ich hörte die beiden Türen aufgehen, fühlte mich an der Schulter gezerrt und schwankte leicht, als ich endlich stand. »Lös ihm die Fußfesseln«, befahl Babe, der Fahrer. Als das geschehen war, führte mich jemand über einen nicht asphaltierten Weg. Ich stolperte mehrmals, weil meine Füße mir nicht mehr gehorchen wollten. Hinter mir hörte ich Babe mit Phil reden. Wahrscheinlich bekam auch Phil die Augen verbunden, wenn das vorher nicht geschehen war, aber das war ja nicht erforderlich gewesen.
Wir gingen durch eine Tür, dann mußten wir stehenbleiben, und nach einigen Sekunden Herumrätseln hörte ich das Geräusch eines herunterkommenden Aufzuges heraus. Mein Begleiter wartete nicht auf Phil. Ich hörte, wie er auf einen Knopf drückte, und dann setzte sich der Lift in Bewegung. Es ging abwärts. Die Fahrt dauerte höchstens zehn Sekunden.
Ich wurde über einen langen Gang geführt. Unsere Schritte hallten wider, kurze Zeit später wurden sie ergänzt durch die Schritte von Phil und Bewacher.
Der Raum, den wir dann betraten, hatte eine unangenehme Treibhausluft. Grelles Licht drang durch meine Augenbinde. Ich wollte mir am Hals Luft verschaffen, dachte aber gerade noch rechtzeitig an meine gefesselten Hände. Mein Begleiter hätte die Bewegung falsch auslegen können, und ich wollte jetzt nichts tun, was ihn zu einer unüberlegten Handlung herausfordern könnte.
Ich wurde auf einen Stuhl gedrückt und merkte, daß sich ein paar Sekunden später jemand neben mir niederließ. Ich’ hustete, und Phil flüsterte heiser: »Ich bin’s, Jerry.«
»Okay«, wisperte ich zurück.
Zu meiner Überraschung machte sich dann jemand an der Binde zu schaffen. Er streifte sie ab, und dann sah ich, was die Treibhausluft hervorrief: Gleißende Scheinwerfer schickten ihr Licht genau auf Phil und mich. Geblendet schlossen wir beide wie auf Kommando die Augen. Ich blickte zur Seite. Dort war undurchdringliches Dunkel.
Unsere beiden Begleiter waren verschwunden. Wahrscheinlich standen sie im Schatten der Scheinwerfer, denn ich hatte keine Tür zuschnappen gehört. Mir lief der Schweiß in Strömen. Ich sah zu Phil und stellte fest, daß seine Hände nicht gefesselt waren, er hatte auch keine Augenbinde getragen.
Er mußte meinen Blick bemerkt haben, denn er sah nun auf meine Hände und fragte leise: »Soll ich?«
Ich nickte. Mein Freund lehnte sich herüber und entknotete die Fessel. Er hatte seine Arbeit noch nicht ganz beendet, als wir zusammenfuhren.
Eine Stimme, die unnatürlich laut dröhnte und verzerrt klang, erfüllte den Raum und gefährdete ernsthaft unsere Trommelfelle.
»Die Arbeit hätten Sie sich sparen können, Decker«, sagte die Stimme, »wir müssen schon auf der Fessel bestehen. Aber für die
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