0440 - Mein Boß saß in der Todeszelle
Strauch. Noch 100 Yard, noch 80, noch 50.
Dann hörte ich auch schon den Wagen anspringen. Auf meinen Freund Phil war eben Verlaß. Hoffentlich hatte er an die frischen Kleider gedacht.
Als ich endlich das Gebüsch hinter mir gelassen hatte und schon fast vor dem Wagen stand, merkte ich, daß irgend etwas nicht stimmte. Ich zögerte noch einen Augenblick, dann preschte ich vor. Aber es war schon zu spät. Ein breitschultriger Mann mit einem dunkelgrauen Stetson stellte sich mir in den Weg, in seiner rechten Hand lag eine klobige Pistole mit langem Lauf.
***
Ich gebe es nur ungern zu, aber ich komme wohl nicht daran vorbei: Meine Verblüffung war so groß, daß ich wie vom Schlag getroffen stehenblieb und in das kleine dunkle Loch der Pistole starrte. Außerdem war ich so abgespannt von dem Geschehen der letzten Stunde, daß mir wahrscheinlich auch die Kraft gefehlt hätte, mich mit dem Kraftathleten auf einen harten Zweikampf einzulassen.
Aber schon im nächsten Augenblick hatte ich meine Müdigkeit niedergekämpft. Der Gedanke an Phil überfiel mich. Was war aus ihm geworden? Ich sah mich um. Unsicher flogen meine Blicke auf den Wagen, in das Innere, auf die Umgebung. Ich konnte ihn nirgendwo entdecken.
Der Kerl vor mir schien meine Gedanken erraten zu haben.
»Sie hatten mich wohl hier nicht erwartet, wie?« fragte er hämisch. »Die Überraschung scheint mir gelungen zu sein. Ihren Freund haben wir auch schon sichergestellt.«
»Was haben Sie mit ihm gemacht?« schrie ich ihn an, »wo ist er?«
»Ruhe, nur die Ruhe«, tat der Kerl mich ab, »es ist nicht nötig, die Vögel aufzuscheuchen. Sie wissen doch, daß wir hier im Naturschutzgebiet sind.« Er grinste überheblich. Dann zeigte er auf den Tank, den ich noch immer trug. »Stecken da die Bucks drin?«
»No«, sagte ich, »da sind die Schmetterlinge drin, die ich gefangen habe. Ich sammle nämlich Schmetterlinge. Kennen Sie die schönen rot-blauen…«
»Schnauze«, fuhr er mich an und trat einen Schritt näher. Die Mündung der Pistole zeigte genau auf mich. Die Waffe bewegte sich nicht,- und der Kerl schien einer von der Sorte zu sein, die nicht einmal mit der Wimper zucken, bevor sie ihren Finger krümmen.
In jedem Falle mußte ich handeln. Unmerklich hob ich den schweren Tank, den ich mit beiden Händen festhielt. Der Unbekannte, der sich mir in den Weg gestellt hatte, stand nur zwei Yard von mir entfernt. Aus der Hüfte heraus hob ich den handlichen Tank und warf ihn auf die Brust meines Gegners.
Er hatte wahrscheinlich die kleine Drehung meiner Hüfte mitbekommen. Instinktiv drückte er ab, aber da lag ich auch schon am Boden. Die Kugel pfiff über mir. Von dem Anprall des Tanks war der Unbekannte zurückgewichen und gegen das Auto gefallen, wo er sich wieder fangen konnte. Ich hatte damit gerechnet, daß die Pistole aus seiner Hand fallen würde, aber den Gefallen tat er mir nicht.
Während ich noch auf dem Boden lag, hatte er sich schon wieder fest in der Gewalt. Die Pistole zeigte diesmal auf meinen Rücken, aber in die Herzgegend. Ich versuchte, ihm die Beine wegzureißen, aber das war ein hilfloses Unterfangen. Reaktionsschnell sprang der Bursche einen Schritt zurück.
Plötzlich bückte er sich, und ehe ich mich versehen hatte, spürte ich einen stechenden Schmerz am Hinterkopf. Ich blickte den Kerl noch einmal an, aber ich konnte ihn nur noch verschwommen wahrnehmen. Verzweifelt versuchte ich ein zweites Mal, ihm die Beine wegzuziehen, aber meine Bewegungen waren zu langsam, zu durchsichtig.
Und dann nahm ich wieder einen schwarzen Schemen über meinem Kopf wahr, und einen Sekundenbruchteil später explodierte die zweite Bombe in meinem Gehirn. Er hatte mit der Pistole zugeschlagen, und jetzt langte es mir. Ich brauchte nicht einmal ein Schlafmittel.
***
Eine halbe Stunde vor Cincinnati wurde ich wach. Mein Körper schmerzter in jeder Faser, und als ich die Augen aufschlug, merkte ich den Grund des zerrenden, beißenden Schmerzes: Ich lag gekrümmt wie ein Fragezeichen auf dem Rücksitz eines schweren, eleganten Wagens. Erst als ich mich einmal umgedreht hatte, erkannte ich die Marke: es war ein englischer Bentley.
Und noch etwas erkannte ich, nämlich die Figur, die neben mir hockte und mich jetzt spöttisch ansah. Es war mein Freund vom See. Hände und Füße hatte man mir zusammengebunden, so daß ich Mühe hatte, mich aufzurichten.
Von dem Fahrer sah ich nur das Profil. Ich hatte den Kerl noch nie gesehen. Wie kam ich
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