0450 - Der Fürst der Finsternis
geheim gehaltenen Versteck war Julian innerhalb extrem kurzer Zeit herangewachsen, hatte Wissen in sich hineingeschlungen, war gereift…
... und niemals mit anderen Menschen in Kontakt gekommen. War es da ein Wunder, daß er sich Traumwelten schuf, die wirklichkeitsnah und materiell stabil wurden und in denen er mit anderen Lebewesen zusammentreffen konnte? War es da ein Wunder, daß er versuchte, aus diesem goldenen Käfig, wie Nicole es ausgedrückt hatte, auszubrechen?
Sicher, alles geschah zu seinem Schutz. Aber wie weit kann jemand so etwas tolerieren, dem die Jugend gestohlen wird, der keine Chance hat, mit Spielkameraden zusammenzukommen, der die Welt nur aus Büchern, Filmen und Computerwissen kennenlernt?
Dabei wußte er selbst nur zu gut, daß die Höllischen ihn jagen würden, sobald er die Nase ins Freie steckte. Sie fürchteten seine Existenz. Was genau von Julian erwartet wurde, wußte niemand genau zu sagen; es gab nur vage Andeutungen. Aber er schien für die Höllenmächte eine ungeheuerliche, existenzbedrohende Gefahr darzustellen, sobald sein rasender Entwicklungsprozeß abgeschlossen war. Und das mußte jetzt unmittelbar bevorstehen.
Verständlich, daß die Peters-Zwillinge sich jetzt Sorgen machten. Die eineiigen blonden Zwillinge, die wohl außer Nicole niemand voneinander unterscheiden konnte und die über enorme telepathische Fähigkeiten verfügten, solange sie räumlich nicht zu weit voneinander getrennt waren, hatten versucht, mit ihrer Telepathie die Schranke der Träume zu durchbrechen und Julian zu erreichen, aber das war ihnen nicht gelungen. Mit ihrer Angst, daß der Junge den Höllenmächten in die Klauen gefallen sein mochte, machten sie jetzt auch Professor Zamorra nervös. Dabei war ihre Befürchtung nicht einmal ganz unberechtigt. Allein die Tatsache, daß eine fremde Macht es geschafft hatte, sich manipulierend in Julians Traumwelt zu manifestieren, gab zu denken. Immerhin hatte Julian, der Träumer, sich im abgeschirmten Château Montagne befunden, dessen weißmagische Schutzglocke nicht einmal der Fürst der Finsternis zu durchdringen vermochte.
Trotzdem war es dieser fremden Macht gelungen!
Sollte es dann nicht auch möglich sein, Julian in seiner Traumwelt zu töten? Immerhin wurden dort Wunschvorstellungen zur Wirklichkeit - solange diese Welt existierte! Aber wer als wirklicher Mensch darin verletzt wurde, nahm seine Verletzungen auch in die reale Welt mit, wenn er den Traum verließ!
»Verdammt, ich kann nicht mehr tun, als ich bisher getan habe!« wehrte sich Zamorra gegen Vorwürfe von Uschi Peters. »Ich finde keinen Weg zu ihm! Das Amulett sperrt sich zwar nicht mehr, was darauf hindeutet, daß die fremde Macht diesmal ihre Finger nicht im Spiel hat, aber wo es keinen Weg gibt, kann man keinen Weg finden!«
»Und wenn du mit dem Dhyarra-Kristall ein Weltentor erzeugst…? Oder wenn Ted Ewigk es mit seinem Machtkristall versucht…?«
Zamorra seufzte.
»Ted ist doch derzeit telefonisch nicht zu erreichen… und außerdem handelt es sich bei den Träumen deines Sohnes nicht um wirklich existierende Dimensionen, die man durch ein Weltentor erreichen kann, sondern der Kontakt geht nur über Julian oder etwas, das unmittelbar mit ihm zu tun hat! Begreifst du das nicht, Uschi?«
»Wir reden aneinander vorbei!« behauptete die blonde Telepathin. In diesem Punkt mußte Zamorra ihr recht geben. Aber er konnte ihr nicht begreiflich machen, daß es keinen Weg zu Julian gab. Wie Nicole schon sagte: sie mußten warten, daß er von selbst zurückkehrte. »Wir müssen Robert informieren«, sagte Monica. »Er muß erfahren, was passiert ist.«
»Damit er sich auch Sorgen macht und drüben in den Staaten nichts mehr zustandebringt, weil er mit seinen Gedanken hier ist?« Zamorra schüttelte skeptisch den Kopf.
»Wenn er es zu spät erfährt, wird er uns die Köpfe abreißen«, prophezeite Monica. »Vielleicht weiß er auch einen Weg, den wir nicht finden! Vielleicht kann er doch helfen. Immerhin kennt er Julian besser als wir alle zusammen…«
»Na schön. Dran hindern kann ich euch ohnehin nicht«, seufzte Zamorra. »Also telefoniert…«
Robert Tendyke war nach Florida geflogen. Er wollte sich um seinen Industriekonzern kümmern, der jetzt von einem seiner Topmanager geleitet wurde, nachdem Tendyke seinerzeit nach der Bombenexplosion für tot erklärt worden war. Dieser Manager, Rhet Riker, agierte aber gar nicht in Rob Tendykes Sinn. Der Abenteurer hielt es deshalb
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