0459 - Reklame für den toten Boß
Sie es auch tun. Haben Sie schon gesetzt, Charles?«
»Nicht Charles, sondern Harry«, erwiderte ich, »offengestanden habe ich noch nicht daran gedacht, zu wetten. Schließlich wollte ich Sie nicht warten lassen.«
»Das macht nichts. Clayton überließ es mir stets. Sehen Sie her. Ich bin mächtig eingestiegen. Aber ich weiß, daß wir heute gewinnen werden.«
Sie zeigte mir ihre Wettabschnitte.
Wir gewannen nicht einen Cent. Aber das störte Amalie nicht. Im Gegenteil, sie brachte es fertig, mich anschließend zu überreden, sie in eine Bar einzuladen.
***
»Hallo, William«, sagte der Barkeeper und streckte Shunkers seine Hand entgegen, nachdem er sie im Gläsertuch abgetrocknet hatte. »Du siehst aus, als hätte sie dich in letzter Sekunde aus dem East River gezogen.«
»Einen doppelten Bourbon«, murmelte Shunkers und wischte sich über die Stirn.
»Pack aus, William, was bedrückt dein Junggesellenherz?« fragte der Barkeeper munter und stellte den Whisky vor Shunkers auf die Theke. Der Fabrikbesitzer warf einen Blick nach rechts und nach links. Einige Besucher kannte er. Sie grüßten lächelnd.
Shunkers goß den Whisky hinunter, wischte sich über den Mund und murmelte:
»Wenn ich euch die Story erzähle, glaubt ihr mir kein Wort.«
»Willst du uns neugierig machen, William?« fragte der Barkeeper gönnerhaft.
»Verdammt, ich werde schweigen wie ein Grab. Gib mir noch einen Doppelten.«
Der Mann in der weißen Jacke, der hinter der Theke stand, hatte das lebendige Gesicht eines Südländers, das von pechschwarzen Haaren eingerahmt war. Er nahin die Flasche und goß nach.
Shunkers schnupperte am Glas, hob es und goß den Inhalt in sich hinein.
»Hat dir eine Lady einen Heiratsantrag gemacht?« fragte der Barkeeper und zwinkerte den anderen Gästen zu.
»Das war alles andere als ein Heiratsantrag«, erwiderte Shunkers, »ich bin dem Teufel von der Schaufel gesprungen, oder dem Totengräber, wie du willst.«
»Dann warst du beim Finanzamt«, rief einer, und alle lachten dröhnend. Nur Shunkers nicht. Er goß den dritten Whisky in sich hinein, stützte sich auf die Bartheke und sagte:
»Ich erkläre euch im voraus, ihr werdet mir nicht eine Silbe glauben, und trotzdem ist es genauso, wie ich es euch erzähle. Aber ihr seid alles Feiglinge! Ihr zahlt, ohne den Mund aufzumachen, laßt euch die Bucks aus der Tasche saugen, Tausende im Monat!«
Er zeigte mit dem Finger auf einige Besucher, die amüsiert grinsten. Sie hielten Shunkers für betrunken.
»Du wolltest von dir erzählen«, lenkte der Barkeeper ein und goß Whisky nach.
»Alle zahlt ihr, ohne aufzumucken«, fuhr Shunkers wütend fort. »He, warum fürchtet ihr euch vor diesem hageren Affen? He, warum? Weil ihr zu bequem seid, zur Polizei zu gehen. Oder habt ihr Angst, daß dieses Ungeheuer auspacken würde, daß diese eingetrocknete Mumie Licht in euer schmutziges Privatleben bringt?«
Er redete sich in Eifer. Seine Augen aber wurden glasig. Der Schock, den er überwunden zu haben glaubte, verstärkte die rasche Wirkung des Alkohols.
»Also, was ist passiert?« fragte der Barkeeper und beugte sich zu Shunkers hinüber.
»Dieser magere Bursche hat mich aus Fisher’s Restaurant entführt, in seinen Wagen gepackt und in ein gottverlassenes Haus gebracht. Die Burschen haben sich einen verdammten Trick einfallen lassen. Sie legen dir einen Vertrag vor und zwingen dich, zu unterschreiben.«
»Hör auf«, erwiderte einer der Gäste, der neben Shunkers saß. »Wer läßt sich am hellichten Tage aus einem Restaurant entführen? Den Burschen hätte ich zusammengeschlagen und die Cops alarmiert.«
Shunkers sah den Sprechenden aus verständnislosen Augen an.
»Die Bande schickt dir vorher Briefe ins Haus«, keuchte er, »in denen sie dich höflich auffordern, den Kundendienst ihrer Werbeagentur in Anspruch zu nehmen. Kostenpunkt: Fünftausend im Vierteljahr. Und die Gangster machen Geschäfte. Alle unterschreiben. Oder habt ihr bisher von einer einzigen Anzeige gehört?«
»Eigene Schuld, wenn du fünftausend Dollar zum Fenster hinauswirfst«, erwiderte der andere Gast.
»Hast du schon mal von Racket gehört?« sprach Shunkers im Flüsterton, »das ist mir heute aufgegangen. Die Burschen haben einen eleganten Stil entwickelt. Und wenn du nicht spurst, haben sie verschiedene Mittel, dich zur Vernunft zu bringen.«
»Und du hast dich einschüchtern lassen?« fragte der Barkeeper.
»Shunkers verliert so schnell nicht die Nerven«, sagte
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