0462 - Die Rache des Schlangendämons
immmer behaupteten, konnte sie künftig wesentlich freier agieren und auf Seelenfang gehen. Je mehr Anhänger sie gewannen, desto besser konnten sie auch ihre machtpolitischen Ziele durchdrücken. Und es gab auch immer wieder Narren, die in ihrer fanatischen Begeistung für die Gaukelei der Kälte-Priester sich sogar selbst freiwillig als Opfer anboten, wenn ein Ritual ein solches Opfer verlangte.
»Herr, es gibt noch viel mehr Erfreuliches«, versicherte einer der drei Priester und trat direkt vor den Tempelherrn. Der richtete sich hoch auf und öffnete den Mund, um den Priester zornig anzufauchen und ihn zurechtzuweisen, denn dem Oberpriester so nahe zu kommen, ohne ausdrücklich dazu aufgefordert zu sein, war ein Sakrileg.
Aber im gleichen Moment öffnete auch der Priester-Krieger seinen Mund.
Der Oberpriester bekam keine Gelegenheit mehr, Erschrecken zu zeigen. Zu schnell ging alles. Aus dem geöffneten Rachen des Priesters zuckte eine messingfarbene Schlange, wie der Oberpriester sie noch nie zuvor gesehen hatte, und nahm ihren Weg direkt in dessen Körper hinein.
Der Oberpriester stand sekundenlang wie gelähmt da. Seine Augen quollen aus den Höhlen hervor, und er würgte und keuchte. Schreien konnte er nicht mehr, weil seine Kehle zu war, und dann hatte er auch jedes Interesse an einem Hilfeschrei verloren.
Er brauchte keine Hilfe mehr.
Er war zufrieden. Alles war gut.
In einer blitzschnellen Aktion hatte die Schlange in ihn die Kontrolle über seinen Geist an sich gebracht und steuerte den Oberpriester jetzt, der nun kaum mehr als eine Hülle ohne eigenen Willen war.
Er war zum Ssacah-Diener geworden, ehe ihm dieser Vorgang bewußt geworden war.
»Ja«, sagte er leise, als müsse er sich erst wieder in seiner Umgebung zurechtfinden. »Ja, es gibt wirklich noch viel mehr Erfreuliches, und die Freude wird keine Grenzen mehr kennen, wenn wir all unsere Anhänger im Tempel versammeln und sie nacheinander in einem neu entwickelten Ritual, das Ssacah uns lehrt, dem unendlichen Glück nahebringen, Ssacah dienen zu dürfen und seine Macht auch in unserer Welt zu vergrößern…«
***
Die Rückkehr von Ank Tecko und Khaar Shiarrek schlug im Forschungszentrum wie eine Bombe ein.
»Wo ist Reek Norr?« wollte Chronnek, der Projektleiter wissen. »Sie sind doch mit seinem Luftgleiter zurückgekehrt, aber warum ist er nicht bei Ihnen?«
Ank Tecko zeigte sein prachtvolles Krokodil-Lächeln. »Chronnek, darüber können wir nur unter sechs Augen mit Ihnen reden. Er hat uns verboten, in der Öffentlichkeit auch nur ein Wort darüber fallenzulassen…«
Tecko wies mit ausgebreiteten Armen auf die anderen Wissenschaftler, die sich versammelt hatten, um die auf so ungewöhnliche Weise am falschen Ort zurückgekehrten Freiwilligen wie Wundertiere aus einem anderen Universum zu bestaunen. »Zu dieser Öffentlichkeit zählen zuerst mal auch die lieben Kollegen!« Abwehrend hob er beide Hände gegen den sich erhebenden Proteststurm. »Tut mir leid, Freunde, aber das ist nicht meine Definition, sondern die von Reek Norr! Wollen Sie seine Autorität in Frage stellen?«
»Aber warum diese Geheimniskrämerei?« wollte Chronnek wissen. »Können Sie uns allen nicht wenigstens schon mal vorab verraten, ob Sie drüben in der anderen Welt Erfolg hatten und warum Sie an einer anderen Stelle wieder zurückkehrten und nicht hier in unserem Tor?«
»Das gehört mit zu den Geheimnissen«, log Tecko kalt, »und solange ich da drüben die Leute vom Fernseh-Dienst mit Kameras und Mikrofonen sehe, sagen wir überhaupt nichts mehr. Wer hat die denn überhaupt hereingelassen?«
Chronnek packte Tecko und Shiarrek an den Schultern und zog sie mit sich in Richtung auf sein Privatbüro, während die Reporter sich durch die Menge zu arbeiten versuchten. Dabei war ihnen ihr eigener Gerätepark störend im Weg und hinderte sie am schnellen Vorankommen. »Sie wissen doch, daß wir uns nicht mit den Medien anlegen können. Ein negativer Bericht, und uns werden die Gelder für die Forschungsprojekte gekürzt oder gestrichen… ja, wenn wir aus der Wissenschaft eine Religion machen würden, wie es der Tempel der Kälte tut, dann könnten wir über schier unbegrenzte Mittel verfügen, weil das Volk sich doch von vorn bis hinten verschaukeln läßt und auf jede in den Mantel der Religion gekleidete Lüge schneller hereinfällt, als man davor warnen kann. Aber ein solches Vorgehen steht uns nicht zu. Wir sind der Wahrheit der Wissenschaft
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