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0462 - Wo der Orlock haust

0462 - Wo der Orlock haust

Titel: 0462 - Wo der Orlock haust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kinderlieder, die höre ich gern. Es gibt aber auch andere. Und dieses Lied hinterläßt bei mir schon ein komisches Gefühl…«
    »Das meine ich auch…«
    ***
    Sie waren durch alle Häuser gegangen und hatten die zusammengeholt, die den abendlichen Reigen eröffnen sollten.
    Immer wieder hallte es durch das Dorf. »Dreht euch nicht um, denn der Orlock geht herum…«
    Die Kinder hatten ihren Spaß und lachten lauthals zwischen den Gesängen. Es waren inzwischen mehr als ein Dutzend Jungen und Mädchen. Keines der Kinder wußte so recht, wer der Orlock war.
    Als Schwarzer Mann, als Buhmann war er angesehen worden. Früher hatte man mit ihm die Kinder erschreckt, bis aus dem bösen Märchen ein Brauch geworden war, der vor allen Dingen von den Kindern hochgehalten wurde. Im Oktober, wenn die Nächte schon entsprechend dunkel waren, loderten die Flammen, und das war genau die Zeit, um sich vom Orlock zu erlösen. Dann wurde der verbrannt, der als Symbol für den Orlock stand.
    Robby, ein Zwölfjähriger, hatte sich zum Anführer der Clique hochgeschwungen. Er wußte auch, wo der Wagen mit der Puppe stand, und beides wollten sie holen.
    »Los, kommt mit!«
    Die Horde folgte ihm. Singend, dabei Fackeln oder Taschenlampen schwenkend, liefen sie durch das Dorf, tauchten ein in eine dunkle Gasse, wo sie in einem Stall stehendes Vieh erschreckten, und liefen auf den Hof, der Robbys Onkel gehörte.
    Dort bauten sie sich im Halbkreis auf und überließen ihrem Anführer die Initiative.
    »Holst du jetzt den Orlock?« schrie ein blondes Mädchen und spielte verängstigt mit den Zöpfen.
    »Klar.«
    Das Mädchen trat zurück. Es hatte Angst und versteckte sich hinter den anderen Kindern.
    Robby aber öffnete die Scheunentür. Er mußte dabei seine ganze Kraft aufwenden. Auf fremde Hilfe konnte er später aber nicht verzichten, da holte er noch zwei Jungen in die Scheune. Mit ihren Taschenlampen leuchteten sie auf den mit seitlichen Gittern versehenen Karren, auf dem der Orlock stand.
    »Ist er das?«
    »Dumme Frage, klar«, antwortete Robby.
    »Der sieht richtig echt aus.«
    Robby lachte. »Vielleicht ist er das auch. Er hat immer Kinder gejagt, aber diesmal werden wir ihn jagen.« Robby war in seinem Element und löste die hölzernen Bremsklötze an den Rädern.
    »Schiebt mal mit an!«
    Zu dritt schafften sie den Wagen aus der Scheune. Der Orlock lag schräg auf der Fläche. Die Gitter hielten ihn so, daß er nicht umkippen konnte.
    Draußen warteten die anderen. Das Licht ihrer Fackeln erreichte auch den Wagen und zeichnete auf Orlocks Gesicht ein schauriges Muster.
    Die Gestalt konnte einem schon Angst einjagen. Nur wenige waren so mutig, bis dicht an den Wagen heranzutreten.
    Die Puppe trug einen dunklen Anzug. In dem Gesicht, das jemand geschnitzt hatte, zeichneten Rinnen und Kerben Schatten, die den dämonischen Ausdruck noch mehr verstärkten.
    »Gut gemacht, nicht?« rief Robby. Er kletterte auf ein Rad und fuhr mit der Hand durch das strohige Haar. »Es fühlt sich an wie echt«, erklärte er. »Will mal jemand?«
    Nur einer wollte, und der zögerte auch noch.
    Robby aber lachte. »Ihr seid vielleicht Angsthasen. Der Orlock kann euch nichts mehr tun, ehrlich nicht. Früher hat er sich mit kleinen Kindern beschäftigt, aber heute ist das anders. Heute sind wir die Stars, versteht ihr. Wir drehen den Spieß um und werden mit ihm das tun, was er früher mit den Mädchen gemacht hat. Danach werfen wir ihn ins Feuer. Los, gehen wir!«
    Er sprang vom Rad, lief um den Wagen herum und packte den Griff der Deichsel. »Allein will ich nicht ziehen. Zwei noch zu mir, andere können ja schieben, die übrigen leuchten.«
    Robby war der Boß. Man folgte seinen Befehlen. Unter Gesängen zogen sie los.
    Die Runde war genau festgelegt, wie bei einem Festzug, der bestimmte Straßen nahm.
    Und so fuhren sie durch das Dorf. In das Rattern der Räder auf unebenem Boden mischten sich schon bald ihre Gesänge.
    »Dreht euch nicht um, denn der Orlock geht herum…«
    Robby trieb es am tollsten. Manchmal sprang er vor dem Wagen herum, dirigierte und winkte auch den Zuschauern zu, die vor den Häusern standen oder in den Fenstern lagen.
    Das war die Nacht der Kinder und Jugendlichen. Endlich konnten sie mal den Spieß umdrehen. Es hatte den Orlock gegeben, und er war sehr grausam gewesen, bis die Menschen sich ein Herz gefaßt und ihn gefangen hatten, um ihn schrecklich zu bestrafen.
    Der Legende nach sollen sie ihn lebendig in einer Gruft

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