0462 - Wo der Orlock haust
sah Mara jetzt an, aber sie schien sie nicht zu erkennen.
Mara dachte praktisch. Sie nahm Alexandra bei der Hand und ging mit ihr los. Wie einen toten Gegenstand schleifte sie das Mädchen hinter sich her. Daß Alex überhaupt die Beine bewegte, glich schon einem kleinen Wunder.
Beide Mädchen passierten die erste Nische, ohne daß etwas geschah. Mara hatte den Kopf etwas eingezogen und warf einen scheuen Blick hinein. Die Fackel leuchtete sie aus, aber eine weitere Gestalt entdeckte das dunkelhaarige Mädchen nicht.
Auch nicht in der zweiten Nische. Eine normal brennende Fackel steckte in der Halterung aus altem Eisen.
Mara war enttäucht. Sie hatte damit gerechnet, daß die Nischen gleichzeitig als Ausgänge dienten, schließlich spürte sie schon die kalte Luft durch den Stollen wehen, aber der Ausgang mußte doch woanders liegen.
Wieder klopfte ihr Herz schneller, als sie die letzte, die dritte Nische passierten.
Auch hier lauerte niemand.
Danach begann wieder eine Treppe. Auf die ersten Stufen fiel noch zuckendes Fackellicht, die anderen verschwanden im Finstern.
Diese Treppe besaß mehr Stufen, vielleicht führte sie sogar zum Ausgang. Schließlich wehte die Luft von vorn.
»Komm!« flüsterte Mara hektisch. »Komm mit, Alex. Wir beide schaffen es. Wir packen es schon…«
Mara ging als erste auf die Stufe und blieb urplötzlich wie gebannt stehen.
Sie hatte etwas gehört – einen Reim…
»Dreht euch nicht um, denn der Orlock geht herum!«
Maras Gesicht verzerrte sich. Der Mund klaffte auf, doch kein Schrei drang über ihre Lippen. Dafür hörte sie hinter sich ein Schlurfen, und einen Moment später wurde ihr Alexandra weggerissen.
Sie schrie nicht einmal, sie war so schrecklich stumm vor Grauen, und als Mara sich endlich umdrehte, da sah sie den Orlock in all seiner Häßlichkeit.
Aber er war nicht allein, denn er besaß zwei Dinge!
Alexandra Dalton als Geisel und noch sein verfluchtes Rasiermesser in der rechten Hand, die sich vom Rücken her über die Schulter des Mädchens hinwegschob, so daß sich die scharfe Seite der Klinge dem Hals nähern konnte.
Wenn nicht ein Wunder geschah, war Alexandra verloren…
ENDE des ersten Teils
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