0462 - Wo der Orlock haust
Professor van Dyken hatte einiges auf seinem Gebiet geleistet. Als Chemiker war er spitze gewesen, aber er hatte sich auch an die ›verkauft‹, die am meisten zahlten.
Sein letzter Lohn war der Messerstich gewesen!
Wir forschten nach einer Spur. Jeder Mensch hinterläßt irgend etwas, das auf sein Leben schließen läßt. Wir hatten fast Tag und Nacht geschuftet, modernste Fahndungsmethoden eingesetzt und hatten auch Menschen befragt, die den Professor kannten.
Van Dyken hatte zurückgezogen gelebt, doch zwei- oder dreimal im Jahr war er an die Westküste gefahren, in die Nähe eines kleinen Ortes, der Trevose hieß.
Was er dort gesucht hatte, wußten wir nicht, hofften aber, es in diesem alten Gemäuer zu finden, auf das uns der Zufall in Form eines pensionierten Polizisten gebracht hatte.
Mit ihm waren wir ins Gespräch gekommen. Er hatte uns dabei von einem gewissen Orlock erzählt, einem ehemaligen Schloßbesitzer, der in dieser Gegend einen fürchterlichen Ruf als Mädchenschänder gehabt hatte.
Der Orlock war schließlich gestorben, doch es hielt sich die Mär, daß er in Wirklichkeit nicht tot war. Auch der alte Polizist hatte da so seine Zweifel gehabt. Jedenfalls konnte er sich gut an den Professor erinnern, weil dieser ihn nach der Burg und dem Dorf Trevose gefragt hatte.
Jetzt standen wir nahe des Gemäuers, wo angeblich der Orlock begraben sein sollte.
Aber ein Grab sah ich nicht.
Ich war nicht allein gekommen, sondern hatte Suko mitgebracht.
Er suchte ein Stück entfernt von mir, hörte meinen Pfiff und kam heran, wobei er über Geröll steigen mußte.
Es war früher Abend, aber schon dunkel geworden. Eine lange Nacht lag vor uns, die wir in Trevose verbringen wollten, denn in die Burg wollten wir vorerst nicht gehen.
Sie war bewohnt. Eine Firma hatte sie gekauft und darin ein Ausbildungszentrum eingerichtet.
»Was gefunden?« fragte Suko.
»Nein.«
»Dann scheint der Orlock ein Hirngespinst gewesen zu sein.«
»Vielleicht.«
Suko ging an mir vorbei. Auf dem Boden lagen zahlreiche Steine.
Die Wände waren feucht und mit einer moosigen Schicht überwuchert. Früher hatten diese Bauten mal zu der Burg gehört, waren aber, durch was auch immer, zerstört worden.
Ein Grab jedenfalls fanden wir nicht, obwohl Suko noch nicht aufgab und damit anfing, Steine zur Seite zu räumen.
»Was suchst du?«
Er schaute bei seiner Antwort nicht auf. »Vielleicht finden wir hier doch ein Grab. Ich bin noch immer davon überzeugt, daß die Spur nicht falsch gewesen ist.«
»Begräbt man Burgherren in einem solchen Verlies?«
Suko lachte. »Der Orlock ist schließlich etwas Besonderes gewesen.«
»Ja, ein Schänder und Verbrecher. Außerdem ist er längst tot, wie man uns erzählte.«
Suko ließ sich nicht beirren. »Dann müßten wir auch, verflixt noch mal, sein Grab finden.« Er räumte auch weiterhin den Schutt zur Seite. Ich holte die Zigarettenschachtel aus der Manteltasche, kam aber nicht dazu, mir das Stäbchen anzuzünden, denn Suko lachte triumphierend, so daß ich mich zu ihm umdrehte.
»Was ist los?«
»Wer suchet, der findet. Hier ist etwas im Boden. Leuchte du auch, dann können wir es erkennen.«
Viel war es nicht. Ich hielt die Lampe fast waagerecht. Innerhalb einer grauen Staubschicht, die Suko nicht hatte zur Seite wegräumen können, zeichnete sich ein Muster ab.
Es war ein Rechteck. Wir konnten davon ausgehen, daß es sich um die Ausmaße einer Luke oder Falltür handelte.
»Ist das nichts?« fragte der Inspektor.
Ich hob die Schultern. »Klar, der Eingang zu einem Versteck möglicherweise.«
»Oder zu einem Grab.«
Ich grinste. »Du läßt von deiner Theorie auch nicht ab, wie?«
»Nein.« Suko schüttelte den Kopf. »Wir werden ja herausfinden, ob es sich um eine Theorie handelt.«
»Vorausgesetzt, du schaffst es, das Ding zu öffnen.«
»Wenn du mir dabei hilfst immer.« Mein Freund war arbeitseifrig.
Er kniete sich hin und befreite die Umrisse von dem grauen Staub.
Die Klappe maß ungefähr einen Yard in der Länge und einen halben in der Breite. Nur einen Ring sahen wir nicht, mit der wir sie hätten hochziehen können. So blieb uns eigentlich nur der Rückzug.
»Das ärgert mich«, sagte Suko. »Hier könnte man viel mehr rausholen.«
Ich gab die nächste Antwort eigentlich nur, um etwas zu sagen.
»Vielleicht existiert hier irgendwo ein Mechanismus, der die Luke automatisch öffnet.«
»Den suche ich auch.« Suko hob die Schultern. »Ich habe das Gefühl,
Weitere Kostenlose Bücher