0468 - Grab-Phantome greifen an
Noch immer befand er sich in der langsam fahrenden Schlange. Rechts von ihm erschien die hell erleuchteten Umrisse einer Tankstelle.
»Sie müssen in die kleine Straße links rein, Herr Kommissar«, meldete sich Christian.
»Okay.« Mallmann setzte den Blinker. Schweißtropfen hatten sich in seinem Nacken gebildet. Er hoffte inständig, daß er es noch schaffte, die Jungen nach Hause zu bringen.
Vorerst jedoch bekam er seine Schwierigkeiten mit dem Verkehr.
Zwar hatte er sich richtig eingeordnet, aber er mußte zuvor die entgegenkommenden Wagen vorbeilassen.
Und die Schlange wollte nicht abreißen.
Mallmann trommelte nervös mit den Fingern auf dem Lenkradring, während Matthias auf dem Rücksitz umherturnte, sich einige Male drehte und wahrscheinlich nach dem Gespenst Ausschau hielt.
Der Kommissar fuhr eigentlich einen heißen Reifen. Er hätte schon eine Lücke finden und mit einem rasanten Kavaliersstart hindurchrasen können, doch er dachte an die Kinder. Sie durfte er keinesfalls durch seine Ungeduld in Gefahr bringen.
Vor ihm schlug eine Ampel um.
Mallmann atmete auf.
Aber nicht Matthias. »Da, Herr Kommissar, es ist wieder da. Neben unserem Auto!«
Will drehte den Kopf.
Der bewaffnete Geist stand neben ihm an der Fahrerseite. Er hielt eine Stichwaffe in der Hand, die aussah wie ein Mittelding zwischen Degen und Schwert.
Von seinem Körper waren nur die helleren, leicht grünlich schimmernden Umrisse zu sehen, aber die Waffe war echt.
Und damit stieß er zu!
***
Auf dem Friedhof begann ein unheimliches Schauspiel!
Durch die graue, wattige Düsternis der Dämmerung bekam er den gespenstischen Rahmen, in dem sich die wohl fühlen konnten, die lange genug in der kalten Erde gelegen hatten.
Die letzten vier der Wilden!
Turga und seine Horden waren bis auf diesen Rest vernichtet worden, aber die hatten die Waffen der Christen nicht töten können.
Baals Magie war zu groß gewesen, so daß ihre Geister voller Unruhe im Schoß der Erde gelauert hatten und erst jetzt, wo man das Kreuz gefunden hatte, wieder freigekommen waren.
Nun war jemand erschienen, der es wieder brachte, und der noch ein zweites Kreuz trug.
Unruhe herrschte unter den verfluchten Seelen. Sie wollten es nicht mehr zulassen, daß dieses Kreuz wieder an seine alte Stelle gelangte und sie bannte.
Ihnen sollte das Gebiet gehören.
Und deshalb stellten sie sich zum Kampf!
Die Zeit war ideal. Der verschwindende Tag und die anbrechende Nacht verschmolzen miteinander. Für Menschen wurde die Sicht schlecht, bei Geistern oder Gespenstern war das etwas anderes.
Sie fühlten sich wohl.
Hin und wieder streifte das Scheinwerferlicht vorbeifahrender Wagen die Mauerkante und fiel als dünnes, feingesponnenes Lichtnetz auf den alten Friedhofs-Acker.
Ein paar Grabsteine streifte es ebenfalls, auch diejenigen, die gekippt lagen.
In ihrer Nähe bewegte sich etwas.
Helle Schatten waren da, tanzten lautlos aus der Tiefe des Bodens hoch und schienen sich nach einer nur für sie hörbaren Melodie zu drehen. Über den Steinen entstanden Gespenster.
Sie ähnelten den Menschen, besaßen Köpfe und Körper, nur eben durchscheinend, und natürlich auch ihre alten Waffen, denn mit ihnen zusammen hatte man sie vor mehr als 1000 Jahren begraben.
Für sie war die Zeit gekommen, um den kleinen Friedhof endgültig in Besitz zu nehmen und zu kontrollieren.
Ein Wesen überragte die anderen drei. Es war auch stärker bewaffnet und hatte sich einmal der Anführer der wilden Horde genannt.
Turga kehrte zurück!
Lautlos schwebten sie aufeinander zu, obwohl es so aussah, als würden sie über das gefrorene Laub schreiten, aber kein Laut war zu hören. Sie trafen zusammen, als wollten sie sich untereinander besprechen. Sekunden später jagte einer von ihnen über die Mauer hinweg und davon. Drei aber blieben zurück, unter ihnen auch Turga, der das fortsetzen wollte, was vor 1000 und mehr Jahren unterbrochen worden war.
Ihr Ziel war die Kirche.
Gern wären die gespenstischen Gestalten eingedrungen, sie schafften es nicht, denn sie spürten die andere Kraft, die sich jenseits der Mauern ausgebreitet hatte und sie davon abhielt.
Heulende Laute erklangen, als sie sich um das Gotteshaus drehten und dem anderen Mann beweisen wollten, daß sie da waren.
Er mußte sie einfach hören, und er mußte auch spüren, wie die drei Geister mit gemeinsamer Kraft versuchten, seine Waffe so zu beeinflussen, daß er sie nicht einsetzen konnte.
Sie wußten nicht, ob sie
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