0468 - Grab-Phantome greifen an
eines Götzen gerufen, der ihm und vor allen Dingen John Sinclair bekannt war. Früher hatte es einen regelrechten Baalkult gegeben, über die Jahrhunderte hinweg hatte er gehalten, war dann in der Versenkung verschwunden und schien wohl jetzt wiederzukomen.
Es war die richtige Zeit für fremde Kulte. Ob Hexen, Dämonen oder abtrünnige Templer, sie alle suchten nach Götzen und nach Wegen, um ihre Ziele zu erlangen.
Aber Baal half ihm nicht.
Eine andere Kraft zerstörte diesen Körper. Ob es nun die geweihte Silberkugel gewesen war oder eine für Will nicht erklärbare. Jedenfalls leuchtete auf der Brust des Kriegers etwas auf.
Mallmann ging näher, blieb neben der Gestalt stehen und senkte auch seine Waffe, so daß die Mündung auf die Brust des Kriegers zielte. Das Zeichen hob sich klar und deutlich ab. Es hatte sich in sein Fleisch gebrannt, und es war das gleiche, das Will auf dem Kreuz gesehen hatte.
Der Kreis mit den beiden zusammengeschobenen Dreiecken in seinem Innern. Und er war stärker als die Kraft des Götzen, denn der Krieger starb nun endgültig.
Sein Körper zog sich zusammen, löste sich auf, weil die Haut einfach zu trocken war, so daß nur Staub und winzige Knochenstücke zurückblieben.
Mallmann ging ein paar Schritte zurück und lehnte sich gegen seinen Manta. Auch er war keine Maschine. Er mußte sich ausruhen, erst mal Luft holen und den Schrecken verdauen.
Die beiden Jungen kamen ebenfalls näher. Matthias stützte seinen Freund. Sie hatten alles mit ansehen müssen, blieben neben dem Kommissar stehen und fragten mit zitternden Stimmen und beide gleichzeitig: »Ist es jetzt vorbei, Herr Kommissar?«
Mallmann schaute gegen den Himmel und nickte. »Ja, es ist vorbei. Wenigstens hier.«
Christian wischte verstohlen über seine Augen, Matthias schaute zu Boden und bewegte seinen rechten Fuß schabend über die rötlichen Steine.
»Können wir dann nach Hause gehen?« fragte Christian leise.
»Natürlich, ihr beiden. Ich bringe euch hin.« Der Kommissar faßte beide Kinder an den Händen. Er ging zwischen ihnen und dorthin, wo erste Lichtstreifen aus den Fenstern fielen.
Für die Kinder war das Grauen vorbei, nicht jedoch für seinen Freund John Sinclair…
***
Ich starrte zwar auf die drei Gespenster, aber meine Gedanken beschäftigten sich mit einem anderen Problem.
Wo steckte der vierte?
Vier Grabsteine hatten angefangen zu tanzen oder sich zu bewegen. Sie waren schließlich umgekippt und hatten das, das unter ihnen seit langer Zeit lauerte, entlassen.
Sie waren tatsächlich feinstoffliche Wesen, da es für sie keine Hindernisse gab. Als sie die ersten Bankreihen erreicht hatten, schwebten sie kurzerhand hindurch, als wäre diese überhaupt nicht vorhanden. Das gleiche geschah auch mit der zweiten oder dritten Bankreihe, und dabei vernahm ich kein Geräusch.
Gespenster bewegten sich tatsächlich mit der ihr nachgesagten Lautlosigkeit.
Natürlich hatte ich mir über das Motiv ihres Auftauchens Gedanken gemacht. Diesen Grund konnte ich auf keinen Fall in der Gegenwart finden, ich mußte tief in die Vergangenheit hineinhorchen, und zwar in diese Zeit, als die Sage entstanden und die Kirche hier nicht einmal gebaut worden war.
Sie war dreimal zerstört worden. Man hatte sie stets auf den alten Fundamenten aufgebaut, aber dabei nie das große Eisenkreuz aus der Tiefe der Erde geholt.
Bis vor wenigen Tagen.
Das Kreuz war der Schlüssel. Dieses schwere Eisengebilde, das damals eine gewaltige Kraft entfaltet haben mußte. Diese Kraft hatte sich bestimmt auch bis in die Gegenwart gehalten, deshalb ging ich zurück, drehte mich um und ließ mein Kreuz liegen.
Statt dessen packte ich das alte mit beiden Händen und hob es vom Boden hoch.
So stellte ich mich den drei Phantomen entgegen.
Sie waren nicht gleich groß. Der in der Mitte Gehende überragte die anderen um Haupteslänge. Auch jetzt, wo sie nur mehr feinstofflich waren, konnte ich erkennen, daß der in der Mitte Schreitende so etwas wie ein Anführer sein mußte. Damals hatte man die größten und kräftigsten Männer zu den Hordenchefs gewählt. Wobei er zudem noch eine gewisse Schlauheit und Raffinesse besitzen mußte.
Die kleine Lampe hatte ich auf eine Gebetbank so hingelegt, daß sie ihr Licht in die von mir gewünschte Richtung strahlte. Es fiel auch gegen die drei Krieger, wurde aber von den feinstofflichen Gestalten aufgesaugt.
Ob sie der Anblick des Kreuzes störte oder nur meine Anwesenheit, wußte ich nicht.
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