0475 - 5 Millionen für Mister High
haben.«
Roy schoß das Blut ins Gesicht. Wenn er etwas haßte, dann war es die Anspielung, provinzielle Manieren zu haben. Sein Zorn richtete sich gegen den jungen Mann, der neben ihm stand. »Haben Sie mich einen Spinner genannt?«
Der junge Mann grinste Roy an. »Das stimmt«, sagte er und zeigte seine festen weißen Zähne.
Roy hob die Hand. Er wollte den jungen Mann an der Lederjacke packen, aber auf irgendeine überraschende und sehr schmerzhafte Weise wurde seine Hand von dem schwarzhaarigen Burschen blitzschnell zur Seite geschlagen. Roy wich das Blut aus dem Gesicht. Der Augenblick, den er herbeigesehnt hatte, war gekommen. In dem Lokal war es sehr still geworden. Etwa zwanzig Augenpaare konzentrierten sich auf Roy und den jungen Mann. Lizzy zerrte noch immer ängstlich am Ärmel ihres Bräutigams. Roy machte sich frei. »Nur keine Angst, Baby«, sagte er ruhig. »Ich erledige das schon. Es gibt nun mal Leute, die ohne eine gelegentliche Erziehungsbeihilfe nicht auskommen.«
Der junge Mann legte den Kopf zurück und lachte. Obwohl Patterson ihn um einen halben Kopf überragte, schien er nicht die leiseste Furcht zu empfinden.
»Setz dich, Baby«, sagte Roy zu Lizzy. Er schob sie aus der Schußlinie und zwang sie, an einem der Tische Platz zu nehmen. Lizzy sah blaß und unglücklich aus. »Bitte, Roy!« flehte sie.
Er grinste ihr aufmunternd in die Augen. Zum Teufel, er konnte jetzt nicht mehr zurück, obwohl ihm der Spaß an der Sache genommen worden war. Er mußte die Geschichte durchstehen. Das war er sich schuldig, verdammt noch mal!
Er wandte sich dem jungen Burschen zu. »Sie werden sich jetzt bei mir entschuldigen«, sagte er, »oder Sie zwingen mich, Kleinholz aus Ihnen zu machen!«
Der junge Mann lachte abermals. Das Lachen machte Roy Patterson wütend. Er griff einfach an. Seine Linke schoß ins Leere. Der junge Mann hatte sich mit einem Sidestep blitzschnell aus der Gefahrenzone gebracht. Einige der Gäste brüllten vor Vergnügen. Die ersten Anfeuerungsrufe wurden laut. »Gib es ihm, Kid!« — »Stoß den Angeber aus den Socken, Gerry!«
Die Zurufe erbitterten Roy. Sie machten ihm klar, daß er praktisch niemanden auf seiner Seite hatte, niemanden außer Lizzy, und die konnte ihm jetzt nicht helfen.
Er griff erneut an. Der junge Bursche konterte. Roy schlug immer wieder ins Leere. Der junge Mann, der von seinen Zechkumpanen mit Gerry angesprochen wurde, hatte die Beintechnik eines Profis. Er tauchte ab, duckte sich, hielt die Deckung geschlossen oder offen, aber er war fast nie zu treffen. Dabei zeigte er in einem fort sein spöttisches, selbstsicheres Grinsen.
Roy setzte alles auf eine Karte und hechtete auf Gerry zu, um ihn zu Boden zu reißen. Der Angriff gelang. Beide Männer gingen mitsamt einem Stuhl krachend auf die Bretter. Die Meute johlte.
Ringend, kickend und keuchend rollten sie über den Boden. Die Theke hielt sie auf. Roy versuchte seine überlegene Muskelkraft auszuspielen, aber auf irgendeine vertrackte Weise gelang ihm das auch diesmal nicht. Gerry riß das Knie hoch und traf Pattersons Magen. Roy zog sich ächzend zusammen. Er versuchte zu kontern, aber der Schmerz zerfaserte seine Anstrengungen und setzte ihn vorübergehend außer Gefecht.
Roy wurde hellwach, als er plötzlich Lizzys Entsetzensschrei hörte.
Er riß sich zusammen und kam taumelnd und torkelnd auf die Beine. Er blickte zu Lizzy hinüber. Sie hatte sich erhoben und stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte. In ihren schreckgeweiteten Augen spiegelte sich die Angst. Roy folgte Lizzys Blick.
Gerry hielt ein Messer in der Hand. Auf der blanken Klinge tanzten eiskalte Lichtreflexe.
Roy schien es so, als wäre es noch stiller im Lokal geworden. Nur das laute Atmen der Menschen war zu vernehmen.
Roy starrte auf das Messer. Ihm war noch ziemlich übel. Er hatte den Treffer noch nicht verwunden und wußte plötzlich, daß er diesem unerhört agilen gefährlichen Burschen nicht gewachsen war.
Zum erstenmal in dieser Auseinandersetzung empfand er Furcht. Das überraschte und betäubte ihn. Ja, er fürchtete sich! Am schlimmsten war, daß ihm das vor Lizzy passieren mußte. Ich muß weiterkämpfen, überlegte er, um jeden Preis.
»Legen Sie das verdammte Messer aus der Hand!« stieß er hervor.
Gerry grinste. »Sie sehen ein bißchen blaß aus, Mister. Wie wäre es mit einer Portion Stahl zu Ihrem doppelten Bourbon?«
Um das Mädchen herum entstand Bewegung. Zwei Männer sprangen hinzu, als
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