0477 - Ein Kontinent verliert die Nerven
Droge, die uns zu blind gehorchenden Sklaven macht.«
Die Bedeutung ihrer Worte drang wie ein Messerstich in mein Gehirn. Eine ohnmächtige Wut auf den Mann, der dies alles hier auf dem Gewissen hatte, stieg in mir auf. Ich war zu keinem anderen Gedanken mehr fähig. Noch nicht einmal den Schmerz nahm ich wahr, den ich eigentlich verspüren mußte, als ich mich von der Pritsche aufrichtete, auf der ich lag.
Ich rutschte zur Seite ab, meine Beine berührten den Boden. Es gelang mir auf zu stehen.
»Gehen Sie dort in die Ecke. Bleiben Sie von der Tür weg«, befahl ich Lee Razwill. Dann ging ich auf die Tür zu. Ich spürte die Schwere, die noch in meinen Gliedern steckte. Aber ich wußte auch genau, daß mich der Professor niemals mit seiner Droge behandeln durfte. Gelänge es ihm, würde ich, der G-man Jerry Cotton, zum Handwerkszeug eines Gangsters, vön dem ich zwar noch nicht genau wußte, wer er war, der aber mit Sicherheit zu den gemeinsten Verbrechern zählte, von denen ich je gehört hatte.
Ich erreichte die Tür, und meine Faust schlug gegen das glatte Holz.
»He, was willst du?« hörte ich eine mürrische Stimme vom Flur her. Es war Ben, ich kannte ihn schon vom Tonfall her.
»Bring mich zum Professor. Los, sehr schnell. Ich muß zum Professor.«
»Warte, bis er selbst kommt. Es kann nicht mehr lange dauern«, knurrte Ben.
Leise ging ich auf Lee Razwill zu. Ich flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie nickte und verstand sofort, was ich wollte. Dann pirschte ich mich zur Tür zurück.
Im gleichen Augenblick legte Lee Razwill los: »Hilfe! Ben! Er würgt mich!« Ihr Schreien ging in ein unterdrücktes Stöhnen über. Ich hörte, wie sich der Schlüssel in der Tür drehte. Lee Razwill stöhnte und wimmerte weiter.
Dann wurde die Tür aufgerissen. Ben stürzte in den Raum. Er erstarrte, als er das ironisch lächelnde Gesicht von Lee Razwill sah, die allein in der Zimmerecke stand. Seine Hand versuchte noch, den Sicherungsflügel seiner Pistole zur Seite zu schieben, als meine Faust krachend in seinem Genick landete.
Ben sagte nichts mehr. Keinen Ton. Er wäre wie ein nasser Sack zu Boden gefallen, wenn ich ihn nicht auf gefangen und zu der Pritsche gezogen hätte, auf der ich noch wenige Augenblicke zuvor gelegen hatte.
Ich hob die Waffe auf, die Ben entfallen war, und steckte sie ein. In einer Ecke des Raumes fand ich ein paar Drahtstücke. Mit ihnen fesselte ich den Verbrecher. Dann wandte ich mich wieder zu Lee Razwill.
»Wir müssen hier heraus. Halten Sie sich immer zwei Schritte hinter mir. Wenn es einen Zwischenfall gibt, bleiben Sie auf jeden Fall aus der Schußlinie.«
Das Mädchen nickte tapfer. Es versuchte sogar zu lächeln. »Okay, gehen wir«, sagte Lee leise.
Ich wandte mich zur Tür und warf einen Blick auf den Gang. Lee hatte von zwei Wächtern vor der Zelle gesprochen. Bislang hatten wir nur einen gesehen. Wo war der zweite?
Der Gang war schmal. Wir bewegten uns so geräuschlos wie möglich. Wir kamen genau bis zum nächsten Knick des Flurs, als ich plötzlich stehenblieb. Ich hörte ein leises Brummen, das man mit viel Phantasie als Gesang bezeichnen konnte.
Vorsichtig blickte ich um die Ecke. Ich sah einen Gorilla mit einer Maschinenpistole. Er war etwa zehn Yard von uns entfernt und kam genau auf uns zu.
***
»Aufwachen, die sechs Stunden sind um!« kommandierte Neville und stieß meinem Freund Phil den Ellbogen in die Rippen.
Phil saß zusammengesunken auf dem Sitz des Jeeps. Als er die Augen aufschlug, waren ihre Ränder gerötet. Bartstoppeln überzogen sein Gesicht,-und die Haare klebten schweißnaß auf seiner Stirn.
Neville unterschied sich durch nichts in seinem Äußeren von Phil. Nur daß er noch müder war als mein Freund.
Phil steckte sich eine Zigarette an und schob Neville ebenfalls eine zwischen die Lippen. »Irgend etwas bemerkt?« knurrte er.
»Ja, Salz«, sagte Neville bitter. Phil nickte. Seit achtundvierzig Stunden hatten sie kein Bett mehr gesehen. Sie kurvten mit ihrem Jeep durch die große Salzwüste von Utah. Sie waren nicht allein, obwohl sie keine Menschenseele sahen.
Das riesige Territorium war in einzelne Planquadrate eingeteilt worden. In jedem Quadrat suchte eine Mannschaft nach einem versteckten Lager der Banditen. Mehr als fünfzig G-men waren im Einsatz. Dazu noch einzelne Sheriffs aus den Randortschaften der endlosen Wüste.
Natürlich hätte man auch mit Flugzeugen die Einöde überfliegen können. Im Tiefflug hätte man bestimmt etwas
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