0477 - Ein Kontinent verliert die Nerven
bemerkt. Aber Mr. High hatte diesen Flug verboten. Der Chef hatte seinen guten Grund für diese Entscheidung.
Die Ernte war nahezu vernichtet. Man konnte sich die drohende Hungersnot an allen fünf Fingern abzählen, denn schließlich blieb es ja nicht .nur bei den Verlusten in diesem Jahr. Die Menschen in den großen Städten lebten in einem panikartigen Zustand. Sie, die sonst zumeist nur den Wohlstand kannten, fürchteten mit einem Male um ihr tägliches Brot. Sie rechneten mit der Möglichkeit, daß die Plage andauern würde und die Insekten zukünftig Jahr für Jahr die Ernte vernichten würden. Es hatte sich gezeigt, daß die Seuchenerreger immun gegen die herkömmlichen Bekämpfungsmittel waren. Und irgendwo hier in der unendlichen Weite der Wüste mußte es einen Getreidesilo geben, der so groß war, daß damit alle Versorgungsschwierigkeiten behoben werden konnten.
Noch wußten die Gangster nicht, wie dicht das FBI ihnen bereits auf den Fersen saß. Ein Erkundungsflug hätte es aber gezeigt, die Verbrecher gewarnt und ihnen die Möglichkeit zur Vernichtung der Erntevorräte gegeben.
Deswegen also setzte Mr. High keine Flugzeuge ein. Deswegen gab es nur unauffällige Zweimannpatrouillen, die Tag und Nacht nach dem Silo suchten und von dem Gedanken beherrscht waren, den Verbrechern so schnell wie möglich das Handwerk zu legen.
Mein Freund Phil wechselte mit Neville den Platz. Es hatte nur eine Unterbrechung von wenigen Minuten gegeben, dann rauschte der Jeep wieder weiter über den flachen Salzboden.
Die aufgehende Sonne kündete den neuen Tag an. Bald würde sie ihre sengenden Strahlen auf die Menschen senden, die nachts erbärmlich froren und tagsüber vor Hitze umkamen.
Die Wüste war ein klimatischer Hexenkessel. Wer sich in ihr verirrte, wußte, daß er verloren war. Phil blickte zu Neville, der schon in einen tiefen Schlaf gefallen war. Selbst das Holpern des Jeeps konnte ihn nicht wecken.
Phil beugte sich zu Neville hinüber und nahm ihm die Zigarette weg, die noch in seinem Mundwinkel baumelte. Dann konzentrierte sich mein Freund wieder ganz auf die Umgebung.
Manchmal flimmerte es vor seinen Augen. Sie waren überanstrengt und tränten ununterbrochen. Phil holte sich eine Cola aus dem Handschuhfach des Jeeps. Sie war warm. Dennoch trank er. In .der Wüste kann man nicht wählerisch sein.
Phil mochte etwa drei Stunden schweigend durch den Morgen gefahren sein, als sein Fuß plötzlich auf das Bremspedal stieg. Er sah in der Ferne etwas glitzern. Zuerst konnte er es nicht erkennen. Dann nahm er den Feldstecher zur Hand, stellte ihn richtig ein und suchte den Horizont ab.
Was mein Freund sah, genügte ihm völlig. Mit einem Male war er so frisch wie seit Stunden nicht mehr. In seinen Augen funkelte es vor Energie. Hart packte er Neville an den Schultern und rüttelte ihn wach.
»Ich glaube, wir haben ihn gefunden«, sagte er undeutlich, denn seine Zunge war von der Trockenheit geschwollen und klebte unter dem Gaumen. Aber Neville verstand ihn auch so. Hastig griff er zum Fernrohr.
»Aber das ist doch…«
»Um das Firmenschild brauchen wir uns nicht zu kümmern. ,Das können die Burschen auch als Tarnung angebracht haben«, erstickte mein Freund den Einwand Nevilles im Keim.
»Gib Gas«, sagte unser ehemaliger Ausbilder nur. Dann beschäftigte er sich mit seiner Smith and Wesson.
»Reich mir mal die Waffe«, knurrte er nach einer Weile Phil an.
»Die ist in Ordnung«, erwiderte mein Freund.
»Irrtum. Habe ich von meiner auch geglaubt und mußte erst ein halbes Pfund Sand aus den Kammern schütten«, murrte Neville.
Phil gab ihm die Waffe, ließ den Jeep wieder anrollen und beschleunigte sogar die Fahrt. Es dauerte noch etwa eine gute Stunde, bis er das metallische Glitzern in der Ferne auch mit bloßem Auge als eine lange Reihe von Lagerhallen ausmachen konnte, deren Wände aus Wellblech bestanden.
Normalerweise hätten sie sich durch nichts von ihrer Umgebung unterschieden. Nur durch die schrägfallenden Sonnenstrahlen des Morgens war Phil auf die Hallen aufmerksam geworden.
»Gleich sind wir da«, meinte Neville und gab Phil die Waffe zurück. Bis zum ersten Lagerschuppen mochten es noch zweihundert Yard sein. Zweihundert Yard, in denen es nicht die geringste Deckung gab.
Phil nickte verbissen und trat den Gashebel des Jeeps weiter durch. In diesem Augenblick zuckte grelles Mündungsfeuer aus einem Fenster der ersten Halle auf.
Es war das Mündungsfeuer einer Maschinenpistole. Die
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