0477 - Ein Kontinent verliert die Nerven
die Absicht, mich ins Jenseits zu befördern.«
Ihr Atem ging plötzlich stoßweise. »Habe ich das denn versucht?« fragte sie stockend.
»Versucht ist gut«, sagte ich. »Ihre Versuche arteten schon in eine Art Dauerbeschäftigung aus. Sie haben sich wirklich die größte Mühe gegeben. Ich kann mich nicht beklagen.«
»Mr. Cotton, ich…«
Warum sollte ich dem Girl irgendwelche Vorwürfe machen? Sollte es tatsächlich noch einmal möglich sein, aus den Klauen dieses Verrückten zu entkommen, hatte sie bestimmt schon genug unerfreuliche Erinnerungen. Ich hob meine Rechte und winkte ab.
»Darüber brauchen Sie sich jetzt keine Gedanken zu machen. Sie standen unter dem Einfluß einer Droge. Niemand kann Ihnen etwas vorwerfen.«
»Ja, aber wenn ich auch andere Dinge angerichtet habe. Wenn ich tatsächlich schon einmal einen Menschen…«
»Unsinn, dazu ist es ja bis jetzt noch gar nicht gekommen. Der Professor hat Sie ausgenutzt, weil Sie eine fähige Biologin sind. Sie haben Seuchen entwickelt. Das war alles. Allerdings waren Ihre wissenschaftlichen Arbeiten in den Händen eines Verbrechers wirklich gefährlich und sind es noch.«
»Warum?« fragte sie. Anscheinend hatte sie noch nicht die geringste Ahnung, worum es überhaupt ging.
»Ganz einfach«, erklärte ich ihr. »Der Mann, für den auch der Professor arbeitet, setzt seine ganze Kraft daran, die Ernteerzeugnisse unseres Kontinents durch Seuchen zu vernichten. Deswegen haben Sie Heuschrecken, Krankheitserreger für Tiere und andere Dinge gezüchtet.«
Sie schüttelte schaudernd den Kopf. »Mr. Cotton, so etwas würde doch ein Wissenschaftler nie machen. Bedenken Sie, die Verantwortung.«
»Ein normaler Wissenschaftler nicht«, sagte, ich. »Der Professor aber doch. Bei ihm sind alle Anzeichen eines gemeingefährlichen Wahnsinns gegeben. Das hat sich ein Verbrecher zunutze gemacht. Erinnern Sie sich an die Leute, die auf der Versuchsfarm verkehrten? Vielleicht ist einer von ihnen der Boß, der hinter all diesen Dingen steht.« Ich merkte, daß sie fieberhaft überlegte. Aber dann schüttelte sie nur verneinend ihren Kopf. »No, Mr. Cotton. Natürlich hat es Besucher gegeben. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß einer von ihnen ein Gangster sein soll.«
»Die meisten Verbrecher sehen nicht so aus. Das ist das Schlimme an ihnen. Bitte, erzählen Sie mir von einigen dieser Besucher. Besonders interessiert es mich, wer auf die Insel gekommen ist, nachdem ich schon gefangen war.«
»Eigentlich nur einer«, sagte sie zögernd.
»Und wer ist der eine?«
»Der Getreidekönig aus Australien. Mclntire heißt er.«
»Wissen Sie, was er wollte?«
»Ja, er gab dem Professor den Auftrag, durch Mutation eine Weizensorte zu entwickeln, die nicht nur größere Körner hat, sondern auch einen dementsprechend stärkeren Halm. Der Fehler bei den neuen Getreidesorten liegt darin, daß sie zu leicht von einem großen Sturm, Regenschauer oder sonstigen Natureinflüssen zerstört werden können.«
»Davon habe ich keine Ahnung«, gab ich zu. »Trotzdem ist es für mich recht interessant, daß ausgerechnet ein Getreidekönig den Professor besucht hat.«
»Warum?«
»Nun, wenn ich große Getreidesilos hätte und auf einem anderen Kontinent bräche eine Seuche aus, gäbe es für mich das Geschäft meines Lebens. Die Getreidepreise würden ja ins Unermeßliche steigen.«
Plötzlich stutzte ich. Das Mädchen hatte mich tatsächlich auf den richtigen Weg gebracht. Ja, nur so konnte es sein. Der Mann, der hinter den ganzen Verbrechen stand, mußte jemand sein, der riesige Vorräte an Nahrungsmitteln besaß. Für ihn würde ein großer Gewinn in einer derartigen Aktion liegen. Mit einem Male schien es mir möglich, noch von einer anderen Seite an den Hintermann der Verbrechen heranzukommen.
»Wie stehen unsere Chancen, hier wieder herauszukommen?« fragte ich Lee Razwill.
»Wir haben so gut wie keine Chancen«, sagte das Mädchen in herzerfrischender Offenheit. »Vor der Tür stehen zwei Gangster, die uns bewachen. Ungefähr zehn andere sind in dem Haus untergebracht, in dem wir uns befinden.«
Ich spürte die Resignation aus ihren Worten und versuchte, ihr etwas Mut zu machen. »Irgendwie werden wir schon einen Ausweg finden. Wir haben ja noch Zeit.«
»Nein«, sagte sie, und eine harte Falte grub sich um ihren hübschen Mund. »Wir haben nur noch zwei Stunden Zeit. Dann hat der Professor das neue Mittel für uns fertig. Dann bekommen wir die
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