0479 - Eine Puppe aus Manhattan
halten, wenn ich Sie bäte, jetzt endlich zu .verschwinden?«
»Nur noch eine Frage, Rifford«, meinte Phil. »Wovon leben Sie eigentlich?«
Er grinste. »Ich hab‘ mir ein wenig erspart. Manchmal nehme ich einen kleinen Job an. Nichts Besonderes. Wie Sie sehen, brauche ich nicht viel fürs Leben. Genügt Ihnen das?«
»Das genügt uns«, sagte Phil vieldeutig. Wir erhoben uns und verließen die Wohnung. Als wir in meinem Jaguar saßen, meinte Phil: »Der Bursche lügt wie gedruckt. Aber wie sollen wir ihn festnageln? Ich habe darauf verzichtet, nach seinem Alibi zu fragen. Du kennst den Grund. Wenn Rifford schuldig ist, dürfte er sich abgesichert haben. Seine Arroganz läßt nur zwei Erklärungen zu. Entweder er ist schuldig und hat sich ein Alibi beschafft, oder er hat mit den Verbrechen tatsächlich nichts zu tun. Worauf tippst du?«
»Auf das gekaufte Alibi«, erwiderte ich und drückte auf den Starter.
***
Der Jaguar surrte durch die Straßen. Aber schon drei Minuten später trat ich scharf auf die Bremse. Phil fuhr hoch. »Was gibt's?« Im nächsten Moment bemerkte er, wo wir hielten. Genau vor dem Polizeirevier des Viertels. Wir stiegen aus und gingen hinein.
Auf der Holzbank unter den Steckbriefen pennte ein Betrunkener. Vor ihm stand ein hemdsärmeliger Polizist. Fluchend bestreute er eine Lache mit Sägemehl.
»Mistjob!« knurrte der Polizist. »Warum habe ich mir keinen anderen Beruf ausgesucht?« Er sah uns nicht einmal an. Hinter der Holzbarriere saß ein Sergeant. Er hatte ein schlaffes, faltiges Gesicht mit müden Zügen, aber seine grauen Augen waren aufmerksam und hellwach.
»Sind Sie flicht Jerry Cotton?« fragte er mich.
Ich nickte und trat mit Phil an die Barriere. Ein Ventilator summte. Es roch ziemlich übel in dem Raum.
»Das ist mein Kollege Phil Decker«, stellte ich vor. »Irgendwelche besonderen Vorkommnisse, Sergeant?«
»Nichts«, erwiderte er bitter. »Es gab nur den üblichen Ärger. Betrunkene, ein paar Schlägereien, ein versuchter Ladendiebstahl, ein Verkehrsunfall mit harmlosem Ausgang, die Verhaftung von zwei minderjährigen Mädchen, die mit Männern anzubändeln versuchten, und…«
»Schon gut, danke«, unterbrach ich ihn. »Darf ich mir mal die Eintragungen ansehen?«
Der Sergeant stand auf und legte, mir das Wachbuch vor. Suchend glitt mein Finger über die schlecht leserlichen Eintragungen. Ich stieß einen dünnen Pfiff aus, als ich eine bekannte Adresse entdeckte.
Es handelte sich um einen Vorfall im Haus Hunters Point Avenue 291. Im Erdgeschoß war es zwischen Betrunkenen und dem Hausmeister zu einer Schlägerei gekommen. Die Frau des Hausmeisters hatte den Patrolcar alarmiert, und die Namen der Betrunkenen waren festgestellt worden. Der Vorfall hatte sich um zweiundzwanzig Uhr fünfzehn abgespielt. Einer der Männer wohnte ganz in der Nähe. Er hieß Ronald Flannegan und war 46 Jahre alt.
»Kennen Sie diesen Flannegan?« fragte ich.
Der Sergeant nickte. »Ein Rowdy«, antwortete er. »Sie werden seinen Namen ziemlich oft in dem Buch finden. Er ist dreimal vorbestraft, und in jedem Fall hing es mit Gewalttätigkeiten zusammen.«
»Worum ging es heute abend?«
»Um eine Frau. Sie war bei der Einvernahme mit hier. Eine gewisse Dinah Fuller.«
Ich bedankte mich und ging mit Phil hinaus. »Diesen Flannegan nehmen wir uns unter die Lupe«, sagte ich.
»Was versprichst du dir davon?«
»Ich weiß nicht. Er war in Riffords Haus. Vielleicht haben er oder die anderen etwas gesehen. Einen Besucher zum Beispiel.«
»Deshalb willst du Flannegan um diese Zeit aus dem Bett klingeln?«
»Warum nicht? Ich hoffe, er hat seinen Rausch inzwischen ausgeschlafen.« Wenige Minuten später stoppten wir vor einem schmalbrüstigen Mietshaus in der Aberdeen Road. »Bleib hier, bitte«, sagte ich zu Phil. »Es ist nicht notwendig, daß wir wegen einer Frage in Kompaniestärke auftreten. Das würde ihn nur wütend oder unsicher machen.«
»Ich gebe dir fünf Minuten Zeit«, meinte Phil. »Wenn du bis dahin nicht zurückgekommen bist, sehe ich nach dem Rechten.«
***
Die Haustür war nicht verschlossen. Es roch penetrant nach Kohl. Ich tastete nach dem Lichtschalter. Als die Beleuchtung anging, wurde mir klar, weshalb man dafür die schwächsten Glühbirnen verwendet hatte. Offenbar wollte man die verschrammten, farblosen Wände mit ihren häßlichen. Löchern und Flecken in einer barmherzigen Halbdunkelheit verdämmern lassen.
Als ich die zweite Etage erreichte,
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