048 - Cinemania
drüben erwarten?
Zögernd löste sich Aiko aus der Deckung und ging auf die acht Meter entfernte Dachkante zu.
Der Weg kam ihm unendlich weit vor. Hier gab es nicht mal einen Strohhalm, hinter dem er sich verbergen konnte.
Er widerstand der Versuchung, auf allen vieren über den schmutzigen Beton zu robben. Einer aufmerksame Turmwache würde dieses Verhalten nur verdächtig vorkommen. Wenn er dagegen offen auftrat, hielt man ihn hoffentlich für einen neugierigen Händler, der sich in der Stadt verirrt hatte.
Möglicherweise schoss man ihn aber auch ohne Vorwarnung nieder, nur um kein Risiko einzugehen.
Zwischen Aikos Schulterblättern begann es zu prickeln, als würde seine Haut Blasen werfen. Er verdrängte den Gedanken an einen Heckenschützen schnell wieder, aber das Gefühl der Bedrohung blieb.
Zögernd trat er an die Dachkante.
Hinter der Palisade des Arco Plaza erstreckte sich ein abgezäunter Platz, der auf den ersten Blick wie ein Gefangenenlager wirkte. Dagegen sprach allerdings, dass vor dem Zaun gut vierhundert Menschen anstanden und schweigend auf Einlass warteten. Die aus Holz geschnitzten Lettern über dem geschlossenen Doppeltor, die das Wort CINEMAA ergaben, verwirrten Aiko ebenso wie der weithin sichtbare MICROWARE-Schriftzug, der an der Front des Arco Plaza prangte.
Was ging hier nur vor? Er wusste es nicht.
Das abgezäunte Areal erstreckte sich zwischen zwei achtstockigen Häusern, die im Schatten des Arco Plaza wie Bauklötze wirkten. Wären die optischen Verstärker und Zusatzspeicher noch funktionsfähig gewesen, hätte Aiko das gesamte Gelände innerhalb von Sekunden bis auf den Zentimeter genau vermessen können, doch nach der Auseinan- dersetzung mit Liam Carters Blechfraktion waren die Ressourcen in Amarillo knapp geworden. Bis die entsprechenden Chips wieder verfügbar waren, konnten noch Monate vergehen. Bis dahin hatte er die Suche nach seinem Vater hoffentlich längst beendet.
Es war einer der Momente, in denen der Cyborg bereute, dass ihn die Ungeduld vor Beendigung der Reparaturen in die Ferne getrieben hatte. Bisher war die Reise zwar problemlos verlaufen, doch ohne seine bionischen Komponenten fühlte er sich so schwach. So… menschlich.
Statisches Rauschen riss ihn aus seinen Gedanken. Es stammte aus den Lautsprechern in seinem Gleiter.
Verdammt, der Sprechfunk steht noch auf Empfang! Er hetzte zurück, doch es war zu spät.
»Aiko Tsuyoshi, bitte besuchen Sie uns im Arco Plaza«, dröhnte es laut über das Dach hinweg.
Sie haben immer noch nicht aufgegeben, mich anzufunken. Geschmeidig zwängte er sich zwischen den Stahlstreben hindurch.
»Wir haben wichtige Informationen Ihren Vaters betreffend. Sie finden uns im Arco Pla…«
Die Stimme erstarb mit einem leisen Jaulen, als Aiko einen Kippschalter in der Konsole umlegte. Auf den Lippen kauend, sicherte er nach allen Seiten ab. Hoffentlich war niemand auf den Gleiter aufmerksam geworden! Noch sollten die Unbekannten nicht wissen, dass sein Interesse geweckt war. Schließlich konnte es sich bei der Einladung durchaus um eine Falle handeln. Das er seinen Vater suchte, posaunte Aiko schließlich schon seit Stunden auf allen Frequenzen heraus. Wie sonst sollte er die Spur von Miki Takeo aufnehmen, von dem die Gemeinschaft in Amarillo nur wusste, das er sich an der Ostküste niederlassen wollte?
Wegen der CF-Strahlung war jeder Sprechfunkverkehr auf einen Radius von zehn bis fünfzehn Kilometern begrenzt, sodass Aiko nichts anderes übrig blieb, als die gesamte Ostküste Stück für Stück zu durchkämmen. Eine wahre Sisyphusarbeit. Bereits für den Großraum Los Angeles benötigte er mehrere Tage.
Seit er Amarillo verlassen hatte, herrschte im Äther gähnende Stille. Nur wenige Menschen dieses Zeitalters besaßen noch das Wissen um die alte Technik. Außer den Mitgliedern seiner Enklave kannte Aiko eigentlich nur noch eine Gruppe, die über Sprechfunk verfügte. Der Weltrat in Washington!
Und mit dem hatten die Cyborgs keine sonderlich guten Erfahrungen gemacht. Was war, wenn die Unbekannten, die auf seine Rufe antworteten, ebenfalls nur andere Wissensträger ausschalten wollten?
Aiko schwankte noch, ob er das Risiko einer Begegnung eingehen sollte oder nicht, als sein Unterbewusstsein eine alarmierende Verän- derung wahrnahm.
Sein Körper versteifte sich. Etwas war nicht mehr so, wie es sein sollte! Er hielt den Atem an und lauschte in die Umgebung, konnte aber nichts Verdächtiges hören.
Trotzdem fühlte
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