048 - Der rote Affe
hören. Das wütende Kreischen von aufgeschreckten Papageien vermischte sich mit dem Todesschrei eines Tapirs. Eine Horde Krallenäffchen ergriff laut schimpfend die Flucht.
Der nächtliche Tropenurwald war in Aufruhr geraten.
Nahe des träge dahinfließenden Flusses lag ein Brandrodungsfeld, auf dem einige armselige Laubhütten standen. Hier hauste ein Dutzend Indianerfamilien, die zum Stamm der Aruaks gehörten. In mühevoller Arbeit hatten sie dem Urwald ein Stück Land abgerungen, die Häuser errichtet und Maniok angebaut.
Die ersten Indianer wurden wach, als einige Spießhirsche, zusammen mit ein paar Pekari-Wildschweinen, zwischen den Hütten hindurchliefen. Einige Indianer traten verschlafen ins Freie.
Der Himmel war bedeckt. Er wirkte wie ein feiner Nebelschleier, der das Mondlicht absorbierte. Der freie Platz vor den Hütten war in diffuses Licht getaucht.
Immer mehr Tiere rannten entsetzt aus dem Urwald, stürzten an den Indianern vorbei, ohne ihnen Beachtung zu schenken.
Das Krachen der brechenden Äste wurde lauter, kam näher.
Dann hörten sie das erstemal den unheimlichen Schrei. Ängstlich drängten sie sich zusammen. Einige Kleinkinder begannen zu weinen.
Es war, als würde ein riesiger Bulldozer durch den Urwald rasen und dabei Bäume entwurzeln. Einer der Urwaldriesen fiel um, krachte auf eine Hütte und erschlug einen Indianer.
Wieder war der Schrei zu hören. Es klang eher wie ein überlautes Bellen, ein Schrei, wie ihn die Indianer noch nie gehört hatten. Sie konnten sich nicht erklären, was die Unruhe unter den Tieren hervorrief, wer diese unheimlichen Schreie von sich gab.
Sie schnatterten aufgeregt miteinander und rannten aufgeschreckt hin und her.
Ein junges Mädchen sah als erste die unheimliche Gestalt, die aus dem Urwald trat und stehenblieb. Das Mädchen stieß einen lauten Schrei aus und zeigte auf das rote Geschöpf.
Bevor sich die Indianer von der Überraschung erholt hatten, setzte sich das rote Wesen in Bewegung. Mit drei Sprüngen hatte es die Hütten erreicht und stand mitten unter den Indianern.
Es war mindestens sechs Meter groß, der Körper war mit langhaarigem Pelz bedeckt, die Beine waren kurz und gedrungen, und die Arme mit den unförmigen Fäusten baumelten zu Boden. Das Wesen war ein riesiger Affe.
Das Ungeheuer zertrat einige Hütten und stieß das laute Bellen aus. Jetzt kam Bewegung in die Indianer, laut schreiend stoben sie in alle Richtungen davon. Der Affe brüllte noch einmal, zertrümmerte die restlichen Hütten, packte einen Indianer und zerdrückte ihn zwischen seinen riesigen Fingern. Achtlos ließ er ihn fallen.
Plötzlich warf das Wesen sich flach zu Boden, streckte die Arme aus und bildete mit ihnen ein Gefängnis. Es knurrte, und sein fauliger Atem strich über die Indianer, die es gefangengenommen hatte. Seine wagenradgroßen Augen leuchteten dunkelgrün. Es drückte die Arme zusammen, und die Indianer brüllten entsetzt auf. Die grünen Augen starrten die Gefangenen an, dann drückte das Tier stärker zu. Mit dem rechten Arm hielt es sieben Menschen, vier Männer und drei Frauen, zu Boden. Mit der linken holte es sie einzeln hervor, hob sie hoch und musterte sie. Die Männer ließ es fallen, eine der Frauen ebenfalls. Die beiden verbliebenen Mädchen, die vor Angst ohnmächtig geworden waren, hielt es vor sich, stieß ein zufriedenes Brummen aus und legte die Mädchen auf seine rechte Handfläche. Dann schloß das Tier die Hand zur Faust, so daß nur mehr die Köpfe hervorsahen.
Der Affe richtete sich auf. Er brüllte nochmals und schlug mit der linken Faust gegen seine gewaltige Brust.
Die Indianer hatten sich in Sicherheit gebracht, das Brandrodungsfeld war leer.
Der Affe drehte sich um, und mit drei Sprüngen war er im Urwald verschwunden.
Jeff Baker warf dem Mädchen neben sich einen Blick zu und fühlte sich wie ein Junge vor Weihnachten, so voll Erwartung und Vorfreude war er. Judith Collins hatte honigfarbenes Haar, lange Beine und einen Körper, der einer näheren Erforschung wert war.
Jeff pfiff vergnügt vor sich hin, reihte sich in den starken Abendverkehr ein und fuhr in die Richtung von Manhattan.
Der Tag war ganz nach seinem Geschmack verlaufen. Zuerst hatte er auf dem Galopprennplatz zusammen mit Joe Henderson im Restaurant von Aqueduct ein vorzügliches Mittagessen eingenommen, dabei Judith Collins kennengelernt und von Henderson einen heißen Tip für das fünfte Rennen bekommen. Joe Henderson war der
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